Meine Väter
Kurve der Wandlungen hin zum guten Sohn hätte man ihm weder geglaubt noch sie akzeptiert? Spontan fällt mir dazu ein Wort von Golo Mann ein: »Trete niemand aus der ihm einmal zugewiesenen Rolle. Wehe, wenn ich einmal Novellen schreiben sollte.«
Als Ferdinand Bronner kurz vor seinem Tod seine Lebenserinnerungen abschloà und Arnolt Bronnen das Protokoll zu schreiben begann, war im Nachkriegs-Ãsterreich noch immer das Jüdische indiskutabel. Dann, als Bronnen das Protokoll veröffentlichte, war keiner mehr am Leben, der den zusammen mit dem Vater durchgezo
genen Coup hätte bestätigen können. Dazu kam, daà er wuÃte und in der DDR erleben muÃte, wie dort der Antisemitismus fortwirkte, wenn auch nicht rassistisch, so doch politisch motiviert. Arnold Zweig, Stephan Hermlin, Alfred Kantorowicz, allesamt Juden, haben das zur Genüge erfahren. Juden galten den Organen der Staatsmacht stets als wetterwendische Kosmopoliten und wurden als unsichere Kandidaten eingestuft.
Mit dem späten Bekenntnis, der Sohn eines in Auschwitz geborenen Juden zu sein, hätte Arnolt Bronnen sich und seiner ohnehin beschädigten Glaubwürdigkeit keinen Gefallen getan. Da hielt er sich besser an das Vorbild seines Vaters, dieses Meisters der stillen Anpassung.
Bislang hat sich die Forschung weder mit den Hintergründen zu Bronnens persönlichem Prozeà noch allgemein mit den gerichtlichen Anfechtungen ehelicher oder unehelicher Geburt im Dritten Reich beschäftigt. Gerichtsverfahren zuhauf, bei denen es um den »passenden Status« der Eltern und ihrer Kinder und damit um Tod oder Ãberleben ging.
Tat man so etwas nicht? Galt oder gilt es als feige? Ist man immer noch der Meinung, dies wäre moralisch unstatthaft und verwerflich, zumindest aber fragwürdig?
Wie wäre das Urteil der Kritiker Arnolt Bronnens wohl ausgefallen, wenn er, seinem jüdischen Vater nachfolgend, in der Hölle von Auschwitz verhungert, erschlagen, vergast worden wäre?
Die Antwort darauf mag sie sich nicht vorstellen.
Heute weià ich: Hätten meine Väter ihren grandiosen Coup nicht mit der ihnen eigenen Chuzpe durchgezogen, gäbe es uns, ihre Nachkommen, nicht.
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Für ihre Hilfe und Unterstützung danke ich:
Bernd C. Hesslein, der mich in all den Jahren ermunterte, mich dem Thema zuzuwenden
Meiner Schwester Franziska, die wie ich endlich klar sehen wollte
Dr. PaweŠZarychta, dem ich besonderen Dank schulde für seine persönliche Begleitung durch Auschwitz, Birkenau und ins Archiv
Maria KÅaÅska, die mir mit Rat beistand
Dr. Elke Fröhlich, der herausragenden Historikerin, die mich als erste gedrängt hat, das Problem Vaterschaftsprozeà neu zu durchdenken
Manfred Grunert (â 2010) für nicht nachlassende Unterstützung im entscheidenden Moment
Ewald Dede für Kritik und Verbesserungsvorschläge
Professor Dr. Michael Brenner und Prof. Dr. Dieter Pohl, die mir mit freundlicher Teilnahme Informationen zum Vaterschaftsprozeà vermittelten
Gisela Fichtl, erste kritische Leserin
und Gisela Haasen, Leserin gegen Ende des Buches
Dr. Clemens Pornschlegel, der mir einiges zur Thematik Vater und Sohn zu sagen hatte
Günther Bronner, der mir familiäre Kontakte vermittelte
Renate Bronnen (â â2010), deren Offenheit ich manche Hinweise verdanke.
Mein Dank gilt nicht zuletzt den zahlreichen Archiven in Deutschland, Israel und Ãsterreich, deren Mitarbeiter sich bemühten, mir Informationen zukommen zu lassen.
Ich danke meiner Lektorin Gesine Dammel und meiner Schwester Franziska Bronnen für ihren Weitblick in Hinsicht auf den Text, danke Raimund Fellinger und allen Mitarbeitern des Insel Verlags, die das Buch auf den Weg gebracht haben.
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Näheres über die Autorin unter www.barbara-bronnen.de
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