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Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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Touristen ihr Kind. Keine unbekannten Toten, keine Huren, keine Zuhälter, keine Messerstechereien oder Schießereien und keine überfallenen Rentnerinnen.
    Pia war Pragmatikerin. Information, Prüfung, Präzisierung. Sie gab nicht viel auf Ahnungen, Instinkte und Bauchgefühl. Selbst wenn die Scheiße knüppeldick runterkam, war dann immer noch genug Zeit, sich um die Müllabfuhr zu kümmern.
    Heute war das anders. Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas war nicht so wie es sollte, passte nicht. Pia war normalerweise nicht sehr gefühlvoll. Aber jetzt hatte sie eine ganz deutliche Vorahnung von nahem Unheil.
    Sie stand auf und ging zum Kaffeeautomaten, um sich einen Becher von dem bitter-schwarzen Gebräu zu ziehen. Im Gegensatz zu allen Kriminalromanen und Polizeiserien war der Kaffee hier sehr gut. Roberto kam mit dem Posttrolley vorbei. Roberto war einundzwanzig und hatte das Downsyndrom. Er war immer gut gelaunt, und er war unglaublich stolz auf seinen Job hier. Roberto mochte sie gern und er liebte Kaffee.
    »Hallo, Roberto. Wie wär's mit einem schönen süßen Milchkaffee?«
    Er sah nicht mal zu ihr hin, zuckte nur kurz zusammen und hastete weiter mit seiner Post. Er wirkte verschreckt, wie auf der Flucht. Pia würde immer abstreiten, dass Roberto so etwas wie das zweite Gesicht besaß. Dass es so was überhaupt gab. Richtig war aber auch, dass Roberto schon ein paar Mal Ereignisse vorausgesehen hatte, seltsame Einzelheiten, unbekannte Zusammenhänge. Natürlich verwirrten ihn die Umbauten hier und die fast täglichen Veränderungen. Aber das war ja nicht so neu, das zog sich schon seit Monaten so hin. Roberto bog um eine Ecke, ohne noch einmal zu ihr zurückzuschauen.
    Plötzlich war sie ganz sicher, dass heute Nacht etwas Schreckliches passieren würde. Aber genauso wusste sie auch, dass sie mit niemandem darüber reden konnte.

II. FEUER ÜBER DER STADT

4
    Ich habe Krebs. Lunge. Aber inzwischen sind fast alle Organe betroffen. Vielleicht noch ein halbes Jahr, eher weniger. Und das Ende wird sich sehr bald sehr hässlich gestalten. Verlust aller Würde und Kontrolle. Schmerzen ohne Ende. So einfach ist das.« Reimann entkorkte noch eine Champagnerflasche.
    Am Himmel trafen sich Orchideen und Rosen, Bäume und Girlanden. Vielfarbige Reflexe auf dem Meer. Barbara leerte ihr Glas und ließ es nachfüllen. Sie hatte nicht mehr gegessen als ein paar Oliven und Cracker. Sie war betrunken. Das war's. Klare Frage, klare Antwort. Ich muss weg hier.
    Sie stand auf. »Tut mir Leid. Aber Sie müssen sich jemand anderen suchen.«
    Er war mit einem Schritt bei ihr. Hektisch. »Bitte, warte noch einen Moment. Du hast doch meine Brieftasche durchgewühlt. Du hast die Fotos der Kinder gesehen! Sie sind alles, was ich habe. Florian, Annika, Christoph und Felix. Ich liebe sie. Ich muss dafür sorgen, dass es ihnen gut geht. Ich habe ein paar Lebensversicherungen. Sie sind hoch. Aber nicht hoch genug, wenn ich einfach nur so an Krebs verrecke.« Er nahm einen Schluck. »Bei Unfall jedoch, und Mord ist auch eine Art Unfall, für das Opfer jedenfalls ... dann bekommen Sie ein Vermögen.«
    »Mein Gott, mir kommen die Tränen. Sie sind doch so reich, dass Sie vermutlich nicht mal wissen, wie viel Sie genau haben. Warum geben Sie Ihren Kindern das Geld nicht einfach?!«
    »Das ist ja das Problem. Ich weiß genau, wie viel ich habe. Nämlich nichts. So gut wie nichts.« Er sah nicht krank aus, höchstens alt.
    Barbara war wütend auf sich, weil sie ihn nicht sofort erkannt hatte. Weil sie sich für einen Moment sogar von ihm angezogen gefühlt hatte. Weil sie so unglaublich dumm gewesen war. »Für einen, der nichts hat, wohnen Sie recht aufwendig. Von dem Porsche draußen mal ganz zu schweigen. Und meinen zwei Millionen.«
    »Nein, Barbara, das täuscht alles. Glauben Sie mir, nichts von alldem gehört mir noch. Ich bin hoch verschuldet. Ihr Geld habe ich hier im Safe. Ein Viertel. Der Rest nach meinem Tod.«
    »Jetzt muss ich wirklich gleich weinen«, Barbara begann sich auszuschalten. Hörte nicht mehr richtig hin. Sie hatte einmal nicht richtig aufgepasst, das würde ihr kein zweites Mal passieren. Flucht. Ihr Adrenalin kochte. Sie musste raus hier, nur raus. Das war krank. Dagegen konnte sie nichts tun. Absolut krank. Sie schob sich an ihm vorbei zur Stahltür. »Tut mir Leid.« Sie wollte die Tür aufziehen, aber sie bewegte sich nicht. Panik.
    Reimann war sofort bei ihr, den Schlüssel in der Hand. »Verzeih. Das wollte ich

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