Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
einer großartigen Geste die Arme. »Du bist dein eigener Geist, oder? Wenn diese Nägel dir weh tun, dann gibt es kein Gesetz, das befiehlt, das zu ertragen. Wenn du in dieser Situation verharrst, machst du dich damit selbst zum Opfer.«
»Aber …« Die Tür zitterte unsicher.
»Der erste Schritt besteht darin, zuzugeben, dass du ein Problem hast.« Eli tätschelte das Holz beruhigend. »Und für den Moment reicht das. Allerdings«, er senkte seine Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern, »wenn du dein Leben je richtig leben willst, dann musst du dich von den Rollenbildern lösen, die andere dir aufgezwungen haben. Du musst diese Nägel loslassen.«
»Aber, ich weiß nicht …« Die Tür wiegte sich zweifelnd hin und her.
»Unentschlossenheit ist der Fluch aller Harthölzer.« Eli schüttelte den Kopf. »Komm schon, es muss ja nicht für immer sein. Versuch es doch einfach mal.«
Die Tür schlug sanft gegen ihren Rahmen und sammelte ihre Entschlusskraft, während Eli ermunternde Gesten machte. Dann schossen die Nägel wie Korken aus dem Holz, und die Bretter fielen mit einem langen, erleichterten Seufzen zu Boden.
Eli trat über die Planken und durch den jetzt leeren eisernen Türrahmen. Der schmale Flur vor der Zelle war dunkel und leer. Er sah erst in die eine, dann in die andere Richtung und schüttelte den Kopf.
»Erste Regel für Kerker«, sagte er mit einem trockenen Lächeln, »setzt nicht alle Hoffnung in eine vertrauensselige Tür.«
Damit stieg er über die letzten Bretter hinweg, die jetzt in einem friedlichen, nagelfreien Schlummer lagen, und lief den Flur hinunter zum Treffpunkt.
Im sonnendurchfluteten Rosengarten der Burg Allaze gab König Henrith von Mellinor Geld aus, das er noch gar nicht besaß.
»Zwanzigtausend Goldstandards!« Er wedelte mit der Teetasse in Richtung seines Schatzmeisters. »Was ist das in Mellinos?«
Der Schatzmeister, der diese Frage bereits fünfmal gehört hatte, antwortete sofort: »Beim momentanen Kurs einunddreißigtausendfünfhundert, Eure Majestät, oder ungefähr die Hälfte von Mellinors jährlichen Steuereinnahmen.«
»Nicht schlecht für einen unerwarteten Geldregen, oder?« Der König knuffte ihn gut gelaunt in die Schulter. »Und der Thronrat wird tatsächlich so viel für einen Dieb zahlen? Was hat der Bastard getan?«
Der Schatzmeister lächelte dünn und rieb sich die Schulter. »Eli Monpress.« Er nahm den Steckbrief vom Tisch, auf dem die grobe Skizze eines gutaussehenden Mannes mit dunklen, zotteligen Haaren zu sehen war, der fröhlich grinste. »Belohnung, tot oder lebendig, zwanzigtausend Goldstandard-Gewichte. Gesucht wegen schweren Diebstahls gegen noble Personen in einhundertsiebenundfünfzig Fällen, drei Fällen von Betrug, einer Anklage wegen Falschmünzerei und Verrates an der Person des Rektor Spiritualis.« Blinzelnd entzifferte er das Kleingedruckte ganz unten auf der Seite. »Für dieses letzte Verbrechen haben die Spiritisten ein unabhängiges Kopfgeld von fünftausend Goldstandards ausgesetzt, das auch gesondert eingefordert werden muss.«
»Logisch.« Der König schlürfte seinen Tee. »Der Rat kann nicht mal ein Fahndungsplakat herausgeben, ohne dass die Magier sich einmischen. Aber«, er grinste breit, »Geld ist Geld, nicht wahr? Jemand soll den Baumeister hierherholen. Es sieht so aus, als würden wir die neue Arena doch noch bekommen.«
Dieser Befehl wurde allerdings nie weitergegeben, da in diesem Moment der Kerkermeister durchs Gartentor rannte. Er umklammerte seinen federgeschmückten Helm so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
»Eure Majestät.« Er verbeugte sich.
»Ah, Kerkermeister.« Der König nickte. »Wie gefällt unserem Geldsack seine Zelle?«
Das Gesicht des Kerkermeisters, das aufgrund seines Berufes, der ihn zwang, die Tagesstunden unter der Erde zu verbringen, sowieso schon bleich war, wurde weiß wie eine Wand. »Nun, wisst Ihr, der Gefangene … also, ich will sagen …«, er sah sich um, aber die anderen Beamten zogen sich bereits von ihm zurück. »Er ist nicht in seiner Zelle.«
»Was?« Der König sprang mit rotem Gesicht aus seinem Sessel. »Wenn er nicht in seiner Zelle ist, wo ist er dann?«
»Daran arbeiten wir im Moment, Majestät!«, erklärte der Kerkermeister eilig. »Die gesamte Wache sucht nach ihm. Er wird den Palast nicht verlassen!«
»Das wäre auch besser so«, knurrte der König. »Denn wenn er nicht in einer Stunde wieder in seiner Zelle ist …«
Er
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