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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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diese lächerliche Summe werden Sie wohl kaum Verwendung finden. Wann sterben Sie?
    Der Wirt wurde böse:
    – Das weiß keiner, es geht auch niemanden was an –, versetzte er.
    – Oho! –, dröhnte aus dem Nebenzimmer dieselbe ekelerregende Stimme. – Muss man dafür studiert sein? Er streckt die Patscherln in neun Monaten. Um genau zu sein: Im nächsten Februar. Leberkrebs. Moskauer Universitätsklinik. Saal Numero 4.
    Sokow wurde gelb im Gesicht.

    – Neun Monate … –, grübelte Woland. – Zweihundertneunundvierzigtausend … Das ergibt, etwas abgerundet, siebenundzwanzigtausend pro Monat … Ist schon mager, doch bei maßvollem Haushalt … Und dann noch diese Zehnrubelstücke …
    – … werden nimmer umgetauscht werden können –, mischte sich wieder die Stimme ein und ließ das Herz des Besuchers erkalten. – Nach dem Hinscheiden von Andrej Fokitsch wird das Haus stante pede abgerissen, und die Goldmünzen kommen auf die Staatliche Bank.
    – Ich würde Ihnen auch nicht empfehlen, sich in eine Klinik zu legen –, sagte der Artist. – Was hat es für einen Sinn, in einem Saal mit anderen unheilbar Kranken zu sterben? Mit deren Geschrei und Gestöhn im Ohr? Ist es nicht viel besser, für diese siebenundzwanzigtausend ein ausgelassenes Fest zu feiern? Gift zu schlucken, und zum Klang der Saiten, umringt von trunknen Frauen und tollkühnen Freunden, hinüberzuschlummern?
    Der Wirt saß regungslos. Er war sehr gealtert. Schwarze Ringe legten sich um seine Augen. Die Wangen erschlafften. Der Kiefer hing durch.
    – Aber wir haben uns treiben lassen –, rief der Hausherr, – zurück zum Geschäft. Zeigen Sie mir Ihre Papierschnipsel.
    Sokow holte aus der Tasche mit bebenden Händen ein Bündel heraus, öffnete es und erstarrte. Eingewickelt in einem Stück Zeitung lagen lauter Zehnrubelscheine.
    – Mein Lieber, Ihnen ist in der Tat nicht wohl –, sagte Woland und zuckte die Achseln.
    Mit irrem Grinsen erhob sich der Wirt von seinem Hocker.
    – U-u-und … –, stotterte er, – u-u-und wenn die wieder mal … Dingens …
    – Hmm … –, überlegte der Artist, – dann kommen Sie einfach wieder zu uns. Ihr ergebenster Diener! Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.
    Schon stürzte aus dem Büro Korowjew heraus. Klammerte sich an Sokows Hand. Schüttelte sie ohne Unterlass. Bat, unbedingt – und von ganzem Herzen – allen die wärmsten und innigsten Grüße zu bestellen. Doch der Wirt war nicht mehr aufnahmefähig und begab sich in den Flur.
    – Gella, geleite den Gast zur Tür! –, schrie Korowjew.
    Und schon wieder diese rothaarige Nackte! Der Wirt zwängte sich durch die Tür, piepste »Auf Wiedersehn« und taumelte hinaus. Auf dem Weg nach unten blieb er kurz stehen, setzte sich auf eine Stufe und zog erneut das Päckchen hervor. Er prüfte es: Mit dem Geld war alles in Ordnung. Aus einer Wohnung in diesem Stock kam eine Frau mit grüner Tasche. Sie sah den Mann auf der Treppe sitzen und mit stumpfem Gesicht auf die Scheine starren. Da lächelte sie und sagte nachdenklich:
    – Was für ein Haus! Es ist erst Morgen, und der ist schon blau. Und wieder haben sie eine Scheibe eingeschlagen. – Als sie den Wirt etwas näher betrachtete, fügte sie hinzu: – He du, hast ja Scheine wie Heu! Könntest mir ruhig mal etwas abgeben!
    – Lass mich, bitte, um Christi willen –, erschrak Andrej Fokitsch und versteckte das Geld. Die Frau lachte:
    – Ach, schleich dich, du Geizkragen! Ich mach’ doch nur Witze … –, und ging hinunter.
    Der Wirt stand langsam auf, schob die Hand an den Kopf. Der Hut. Er ist weg. Nein, nicht wieder zurück. Doch der Hut. Der Hut. Etwas unschlüssig kehrte er um und klingelte.
    – Was denn noch? –, fragte die verfluchte Gella.
    – Hab’ mein Mützchen vergessen –, hauchte der Wirt und hielt sich den Finger an die Glatze. Gella wandte sich ab. Pfui, pfui, pfui, also wirklich! Er schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, reichte sie ihm seinen Hut und einen Degen mit dunklem Griff.
    – Ist nicht meins –, zischte der Wirt, stieß den Degen von sich und setzte den Hut rasch auf.
    – Sind Sie etwa ohne Degen gekommen? –, fragte Gella verwundert.
    Er murmelte etwas und eilte hinunter. Doch der Hut. Irgendwie unbequem. Auch viel zu warm. Er nahm ihn ab, schrie auf,fuhr hoch. In seiner Hand lag ein Samtbarett mit einer zerrupften Hahnenfeder. Der Wirt bekreuzigte sich. Da miaute das Barett und wurde plötzlich zum schwarzen Kätzchen. Das

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