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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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sprang zurück auf Andrej Fokitschs Kopf und schlug alle Krallen in dessen Glatze. Sokow kreischte verzweifelt, rannte nach unten. Das Kätzchen fiel ab und schwirrte hinauf.
    Draußen, an der frischen Luft, trabte der Wirt bis zum Tor des Hofs. Nein, nie wieder! Und er verließ dieses Haus, dieses gottverdammte 302 Block B.
    Was weiter geschah, ist zur Genüge bekannt. Er stürzte aus der Einfahrt, blickte wild um sich, suchte nach etwas. Sekunden später war er auf der anderen Straßenseite. In einer Apotheke. Kaum sagte er: »Entschuldigen Sie bitte …«, als die Pharmazeutin ihm zurief:
    – Guter Mann! Ihr Kopf ist ja ganz zerkratzt! …
    In fünf Minuten bekam er einen Mullverband und erfuhr, dass die führenden Kapazitäten auf dem Gebiet der Lebermedizin die Professoren Kusmin und Wernadski sind. Er fragte, welcher denn näher sei, und war begeistert zu erfahren, Kusmin wohne nur einen Hof weiter. In dieser kleinen weißen Villa. Zwei Minuten später befand er sich dort.
    Das Haus war schon alt, aber sehr, sehr gemütlich. Im Gedächtnis blieb so ein altes Mütterchen. Sie war die Erste, die herauskam und ihm den Hut abnehmen wollte. Es war kein Hut da, also ging sie wieder und malmte etwas mit dem leeren Mund.
    An ihrer Stelle erschien vor dem Spiegel – vielleicht auch unter irgendeinem Bogen? – eine Frau mittleren Alters und redete sofort über den Termin. Erst ab dem neunzehnten. Auf keinen Fall früher. Der Wirt fand gleich einen Rettungsweg. Er blickte mit erlöschenden Augen hinter den Bogen – eine Art Vorzimmer? –, wo drei Menschen warteten – und flüsterte das Wörtchen:
    – Sterbenskrank …
    Irritiert sah die Frau den verbundenen Kopf, zögerte und sagte:

    – Meinetwegen … –, und ließ Andrej Fokitsch hindurch.
    Im selben Moment ging auf der gegenüberliegenden Seite eine Tür auf. Darin erglänzte ein goldener Zwicker. Und eine Frau im weißen Kittel sagte:
    – Verzeihen Sie, der Herr wird vorgelassen.
    Und im Nu saß er im Kabinett von Professor Kusmin. Nichts Erschreckendes, Feierliches, Medizinisches hatte dieser längliche Raum so an sich.
    – Was haben wir? –, fragte mit angenehmer Stimme der Professor und betrachtete etwas besorgt die verarztete Glatze.
    – Habe soeben aus vertrauenswürdigen Händen erfahren –, sagte der Wirt und warf einer photographischen Gruppe hinter Glas irre Blicke zu, – dass ich im Februar nächsten Jahres an Leberkrebst sterben werde. Bitte, dies zu stoppen.
    Professor Kusmin sank, so wie er saß, zurück auf die lederne gotische Lehne seines hohen Sessels.
    – Verzeihen Sie, ich verstehe nicht recht … Sie waren bei einem Arzt? Warum tragen Sie diesen Verband um den Kopf?
    – Von wegen Arzt! … Den hätten Sie sehen sollen! … –, entgegnete der Wirt plötzlich zähneklappernd. – Vergessen Sie den Kopf, hat nichts zu sagen. Zum Kuckuck mit dem Kopf, der spielt keine Rolle. Leberkrebs. Bitte dies zu stoppen.
    – Ja, Moment mal, wer hat Ihnen das erzählt?
    – Sie müssen ihm glauben! –, beteuerte der Wirt. – Wenn’s einer weiß, dann er!
    – Ich verstehe rein gar nichts mehr –, meinte der Arzt, zuckte die Achseln und rollte mit dem Sessel von der Tischkante weg. – Woher sollte er wissen, wann Sie sterben? Zumal er kein Arzt ist?
    – Im Saal Nummer 4 –, bestätigte Sokow.
    Der Professor musterte seinen Patienten. Dessen Kopf. Dessen feuchte Hose. Vielleicht ein Verrückter. Das hat noch gefehlt! Er fragte:
    – Trinken Sie Wodka?

    – Nicht einen Tropfen –, antwortete der Wirt.
    Kurz darauf wurde er ausgezogen und lag auf einer kalten Wachstuchpritsche, während der Professor seinen Bauch abtastete. Da fiel Sokow wirklich ein Stein vom Herzen. Der Professor behauptete kategorisch: Es gibt – jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt – keine Anhaltspunkte, die in irgendeiner Weise auf Krebs hindeuten würden. Doch wenn wir derart beunruhigt sind – weil uns so ein Scharlatan Angst gemacht hat –, sollten wir uns gründlich untersuchen lassen …
    Der Professor bekritzelte mehrere Blätter. Er soll da hingehen, er soll dort hingehen. Dies überprüfen, das überprüfen. Außerdem gab er ihm einen Zettel mit – für den Neuropathologen Professor Bouré. Weil nämlich die Nerven ziemlich verrücktspielen.
    – Wie viel schulde ich Ihnen, Professor? –, fragte mit zärtlicher zitternder Stimme der Wirt und zog eine dicke Brieftasche.
    – Egal –, sagte jener scharf und trocken.
    Der Wirt nahm dreißig Rubel heraus und

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