Meister und Margarita
ihm zu folgen. Azazello war fort.
»Ein sehr seltsamer Abend«, dachte Margarita. »Ich hätte alles erwartet, nur nicht das! Ist denen etwa der Strom ausgegangen? Doch das Erstaunlichste sind immer noch die Ausmaße des Raumes. Wie passt das alles in eine Moskauer Wohnung? Nein, das ist ganz und gar ausgeschlossen!«
Das Lämpchen strahlte zwar nur dürftig – aber der Saal: einfach gigantisch! Mit Säulenreihen – unendlich weit – und bedrückend. Vor dem niedrigen Sofa hielt Korowjew an, stellte sein Licht auf einen Schemel und zeigte Margarita, dass sie Platz nehmen solle. Er selbst setzte sich daneben – in einer malerischen Pose, an das Möbelstück angelehnt.
– Gestatten S’, dass ich mich vorstelle? –, knarzte Korowjew, – Korowjew! Sie fragen sich garantiert, warum’s da so finster ist? Vielleicht zum Energiesparen? Papperlapapp! Soll mir der erstbeste Henker, von denen, die eine Weile später die Ehre haben werden, Ihr Knie zu busseln, mir auf diesem Hockerl den Schädel abhacken, wenn ich Blödsinn palaver’! Messire mag halt kein elektrisches Licht. Wir sparen’s auf – bis zum letzten Moment.Dann hamma davon mehr als genug, ja, das können S’ mir glauben. Vielleicht sogar ein bisserl zu viel des Guten.
Dieser Korowjew – irgendwie nett. Und sein klapperndes Geplapper beruhigend.
– Nein, was mich viel mehr wundert –, erwiderte Margarita, – ist, wie das alles hier hereinpasst. – Und mit einer großen Armbewegung deutete sie die Unermesslichkeit des Saals an.
Korowjew schmunzelte vergnügt, wovon sich die Schatten in seinen Nasenfalten bewegten.
– Nichts einfacher als das –, antwortete er. – Für einen, der sich mit der fünften Dimension auskennt, ist das ein Klacks, den Raum auf jede erdenkliche Größe zu dehnen! Und das, gnä’ Frau, heißt manchmal: g’scheit groß! Fünfte Dimension hin, fünfte Dimension her – ich hab’ Leut’ gekannt –, plauderte Korowjew, – muss sagen: Voll-kom-men un-be-leckt! Nicht nur in puncto fünfte Dimension, sondern auch en gros voll-kom-men un-be-leckt! Dennoch haben sie wahre Wunder geschafft, mit der Vergrößerung vom Raum. Ein hiesiger Einheimischer (so wird gemunkelt) kriegt eine Dreizimmerwohnung am Semljanoj Wal. Der braucht keine fünfte Dimension oder sonst was, wovon einem der Kopf schwirrt! Und macht daraus eine Vierzimmerwohnung – mit einer stinknormalen Trennwand.
Dann tauscht er sie gegen zwei Wohnungen in verschiedenen Bezirken von Moskau – die eine mit drei, die andere mit zwei Zimmern. Nach Adam Riese ergibt das fünf! Die Dreizimmerwohnung tauscht er dann gegen zwei einzelne Zweizimmerwohnungen und wird, wie Sie leicht ersehen können, der stolze Besitzer von sechs Zimmern! Freilich über ganz Moskau verstreut! Gerade ist er dabei, seinen letzten und größten Coup zu landen, indem er in der Zeitung annonciert: »Tausche sechs Zimmer in verschiedenen Bezirken gegen eine Fünfzimmerwohnung am Semljanoj Wal«, da wird auch schon seiner Tätigkeit ein Ende bereitet – aus Gründen, die sich leider seiner Macht entziehen. Vielleicht hat er ja irgendwo ein Zimmer erhascht, aber glaubenS’ mir, sicher nicht in Moskau. So ein Schlawiner aber auch! Und da kommen S’ mir mit der fünften Dimension!
Obwohl Margarita überhaupt nichts von der fünften Dimension erzählt hatte, sondern ausschließlich Korowjew selbst, lachte sie fröhlich bei diesem Bericht über die Abenteuer eines Wohnungsschiebers. Also quasselte Korowjew weiter:
– Wie auch immer, wie auch immer, Margarita Nikolajewna! Sie sind ja weiß Gott ein blitzg’scheites Weib und haben längst durchschaut, wer unser Gastgeber ist.
Margaritas Herz machte einen Ruck, und sie nickte.
– Na schaun S’ einmal, schaun S’! –, sagte Korowjew. – Wir können die ganzen Fisimatenten und Ratespielchen überhaupt nicht ausstehn. Alle Jahr’ veranstaltet Messire einen Ball, genannt »der Lenzliche Vollmondball« oder »der Ball der Hundert Könige«. Was da z’ammenkommt! … – Und er fasste sich an die Wange, als hätte er einen kranken Zahn. – Aber ich bin zuversichtig, Sie finden’s schon sehr bald selber raus. Nun, Messire ist Junggeselle – das leuchtet doch ein … Da bedarf es halt einer Gastgeberin! –, und Korowjew zuckte die Achseln. – Wie sollt’s auch gehen ohne Gastgeberin …
Margarita lauschte ihm. Wort für Wort. Die Brust kalt, der Kopf benebelt. Das Glück, das Glück – so nahe wie noch nie.
– Nun ist’s einmal
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