Meister und Margarita
er sich das klangvolle Wort wiederholt auf der Zunge zergehen und kniff wie ein Kater die Augen zusammen, – und da hat Ihr Lenken ein Ende! Das Schicksal der anderen interessiert Sie nicht mehr, nur noch das eigene. Die Angehörigen sind auf einmal unehrlich zu Ihnen. Schon fühlen Sie: Es ist etwas im Busch – und laufen zu schlauen Ärzten, dann zu Quacksalbern, machen womöglich selbst vor Wahrsagerinnen nicht halt. Doch sie alle – die Ersten, die Zweiten wie auch die Letzten – sind natürlich vollkommen machtlos, verständlicherweise. Der Schluss von all dem ist tragisch: Eben glaubte er noch irgendetwas zu lenken, nun aber liegt er ganz starr in einer hölzernen Kiste. Und die Mitmenschen merken, er ist zu gar nichts mehr nütze und jagen ihn durchden Kamin. Aber es kann ja noch schlimmer kommen: Eben beschließt er, nach Kislowodsk zu verreisen –, der Fremde sah durch die Augenschlitze Berlioz an, – ist ja auch keine große Sache, nicht wahr? Doch ist er nicht einmal dazu mehr fähig, weil er aus Gott weiß welchem Grund plötzlich ausrutscht und – schwups! – unter eine Trambahn gerät! Sie werden mir doch nicht erzählen wollen, er habe es selber so beschlossen? Wäre es nicht eher angebracht, dahinter etwas anderes zu vermuten, das mit ihm abgeschlossen hat! –, und der Fremde prustete sonderbar los.
Mit größter Aufmerksamkeit hatte Berlioz dem unschönen Bericht vom Sarkom und der Trambahn gelauscht, und auf einmal quälten ihn beunruhigende Gedanken. »Es ist kein Ausländer … es ist kein Ausländer …«, sagte er sich, »vielmehr ein höchst seltsames Subjekt … Wer aber ist’s, wenn ich fragen darf? …«
– Ich sehe, Sie möchten gern rauchen? –, sprach der Unbekannte ganz unerwartet Besdomny an. – Welche Marke ziehen Sie vor?
– Als könnt ich’s mir aussuchen! –, versetzte grimmig der Dichter, dem die Zigaretten ausgegangen waren.
– Welche Marke? –, wiederholte der Unbekannte.
– Nascha Marka, na und? –, antwortete Besdomny genervt.
Der Unbekannte zog augenblicklich ein Zigarettenetui aus der Tasche hervor und bot es Besdomny an:
– Nascha Marka.
Der Redakteur und der Dichter waren nicht so sehr von der Tatsache beeindruckt, dass sich darin ausgerechnet Nascha Marka befand, sondern vor allem vom Etui selbst. Es war ungeheuer groß, aus schwerem Gold, und auf dem Deckel erglänzte beim Öffnen mit blauem und weißem Schimmer ein diamantenes Dreieck.
Hierüber dachten die Literaten jeder auf seine Weise. Berlioz: »Also doch ein Ausländer!«, und Besdomny: »Den Teufel aber auch! …«
Der Dichter und der Besitzer des Etuis steckten sich Zigaretten an, während Berlioz als Nichtraucher ablehnte.
»Man müsste ihm erwidern«, beschloss Berlioz, »ja, Menschen sind nun mal sterblich, das bestreitet auch keiner, und dennoch ist …«
Und konnte nichts davon sagen, weil der Fremde das Wort ergriff:
– Ja, Menschen sind nun mal sterblich, aber das allein wäre halb so schlimm. Wirklich übel ist nur, dass sie manchmal von jetzt auf gleich sterblich sind – das ist der Trick dabei! – und nicht einmal sagen können, was sie heute Abend zu tun gedenken.
»Das Ganze klingt irgendwie unplausibel …«, überlegte Berlioz und holte zum Gegenschlag aus:
– Also, das scheint mir doch reichlich übertrieben! Was ich heute Abend zu tun gedenke, ist mir einigermaßen klar. Dies alles natürlich vorausgesetzt, mir fällt auf der Bronnaja kein Ziegelstein auf den Kopf …
– Ein Ziegelstein –, unterbrach der Fremde mit dem Brustton der Überzeugung, – wird einem nie und nimmer – einfach so aus heitrem Himmel – auf den Kopf fallen. Und was speziell Sie anbetrifft, glauben Sie mir: Er kann Ihnen nicht gefährlich werden. Sie sterben eines anderen Todes.
– Und Sie wissen vielleicht auch, welchen? –, fragte Berlioz mit selbstverständlicher Ironie, womit er sich nur umso mehr in dieses völlig absurde Gespräch verstrickte, – und sind so freundlich, es mir zu verraten?
– Aber gern –, sagte der Unbekannte. Er maß Berlioz mit dem Blick, als wollte er ihm ein Kostüm nähen, nuschelte etwas, wie: »Eins, zwei … Merkur im zweiten Haus … der Mond ist fort … sechs – ein Unglück … der Abend – sieben …«, und verkündete laut und froh: – Ihnen wird der Kopf abgeschnitten!
Besdomny glotzte den respektlosen Fremden wild und hasserfüllt an, und Berlioz fragte mit schiefem Lächeln:
– Und von wem? Von unseren Feinden? Von
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