Melodie der Sehnsucht (German Edition)
glühen, so wie jetzt, Comtesse – denkt Ihr schon an Euren künftigen Gatten? Wer wird es wohl sein? Euer Vater hat wirklich noch nichts verlauten lassen, Comtesse?«
Sabine warf ihren Mantel ab und zerrte an den Bändern ihres Gewandes. Ihr war nach wie vor eher zu warm, als dass sie fror wie ihre Zofe.
»Ach, sei still, Fleurette, lass das Geplapper, davon bekommt man ja Kopfweh«, beschied sie das Mädchen. »Bisher ist nichts beschlossen. Wer sollte mich auch heiraten wollen? Ich war ... ich bin ...«
Fleurette war mit dem Feuer fertig und hockte sich nun vor ihre Herrin auf das Fell, das vor dem Kamin ausgebreitet war. Spitzbübisch blickte sie zu ihr auf.
»Ach, Herrin, die halbe Welt wird Euch heiraten wollen«, lachte sie. »So schön und sanft und edel, wie Ihr seid.«
Fleurette dachte durchaus auch an das Schloss im Hintergrund und Sabines gewaltige Mitgift, aber das erwähnte sie hier lieber nicht. »Natürlich hat niemand gewagt, um Euch anzuhalten, solange Ihr ... nun ja, solange Ihr Euer Leben Gott weihen wolltet. Aber jetzt? Euer Vater wird sich kaum retten können vor Anträgen. Allein der Comte Philippe ...«
»Philippe?« Verwundert unterbrach Sabine Fleurettes Geplapper. Wie kam das Mädchen darauf, dass Philippe de Montcours um sie anhalten könnte? Der Junge war doch wie ein Bruder für sie!
Fleurette lachte. »Philippe zuallererst«, erklärte sie verschwörerisch. »Der ist schon so lange verliebt in Euch. Wie er Euch anblickt, da wird einem ganz warm ums Herz. Aber das müsst Ihr doch gemerkt haben, Comtesse!« Wieder einmal verzweifelte die kleine Zofe an der Unschuld ihrer Herrin.
Sabine runzelte die Stirn. »Unmöglich, Fleurette! Du faselst! Philippe de Montcours wollte selbst die Laufbahn des Vorbeters einschlagen. Er akzeptiert, was ich bin. Niemals würde er lüsterne Gedanken gegenüber einer Parfaite hegen!«
Fleurette zuckte die Achseln. »Das kann man aber so nicht steuern«, meinte sie dann altklug. »Das mit den Gedanken, mein’ ich. Die passieren so, die denkt man einfach, da ... denkt man nicht weiter drüber nach ...« Das Mädchen kicherte, als ihm bewusst wurde, welch einen Unsinn es da zusammenredete. »Gerade Männer, Comtesse! Meine Mutter sagte immer, die denken nicht gern mit dem Kopf, sondern mit dem Unterleib, wenn Ihr wisst, was ich meine.«
Sabine errötete und warf der kleinen Zofe einen gestrengen Blick zu. »Fleurette, das will ich jetzt nicht gehört haben. Erst recht nicht bezogen auf einen Edlen wie den Herrn Philippe. Glaub mir, ein Ritter beherrscht seine Gedanken und Gefühle, es gibt Dinge, die ihm heilig sind. Aber all das Gefasel bringt mich auf einen Einfall! Vielleicht wäre eine Ehe mit Philippe de Montcours gar kein so schlechtes Arrangement. Er hat immer im Haushalt einer Parfaite gelebt. Er wird ihre besondere Stellung achten, er wird wissen, was ihn erwartet, und er ist gläubig und demütig genug, den Platz an ihrer Seite in Keuschheit auszufüllen. Allerdings wird er nie auf den Gedanken kommen, mir von selbst einen Antrag zu machen. Das muss ihm als ungehörig erscheinen, er ...«
»Dann fragt ihn doch selbst«, bemerkte Fleurette listig. »Tragt ihm Eurerseits die Ehe an.«
In Sabines Wangen schoss erneut die Röte der Scham. »Aber Fleurette! Ich kann doch nicht ...«
»Warum denn nicht?«, fragte die Zofe. »Ich meine, es ist ja nichts Unschickliches. Es geht doch nur um eine Frage von ... na ja, einer Parfaite an einen ... äh ... Gläubigen. Eine ... äh ... Bitte um Schutz!« Fleurette strahlte über ihren Einfall.
Sabine nickte. Ihr schönes Gesicht wirkte plötzlich müde.
»Eine Bitte um Schutz. Du hast recht, nichts anderes ist es. Ich werde mit ihm reden. Gleich Morgen. Bevor mein Vater andere Bewerber auch nur in Erwägung zieht. Aber nun müssen wir schlafen, Fleurette! Dies war ein langer Tag im Dienste Gottes!«
Und im Dienste der Comtesse Sabine, dachte Fleurette respektlos. Sie hoffte sehr, dass Philippe ihre Herrin bald auch mal auf andere Gedanken bringen würde, als daran, sich für den Glauben aufzuopfern. Heißblütig genug sollte er wohl sein. Und verliebt! Fleurette empfand wieder fast etwas Neid auf ihre schöne Herrin. In Gedanken an Philippes kräftigen, sehnigen Körper rollte sie sich vor dem Kamin in ihre Decken – und träumte ihrerseits von der gar nicht so keuschen Umarmung eines liebenden Gatten.
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1 Parfaite/Parfait: Bei den Katharern auch genannt ›die Vollkommene‹, ›die
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