Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Gesichtsausdrucks. Der alte Ritter erkannte weltliche Schönheit, die das Feuer in den Lenden eines jeden Mannes entflammte, der keine mönchische Berufung spürte. Und womöglich selbst in solchen ... Roman musste fast schmunzeln, als er sich an Henriettes Enttäuschung erinnerte, dass sich sein Sohn Philippe letztlich gegen die Laufbahn eines Vorbeters entschieden hatte. Dabei war seine Entsendung zu einem Lehrer schon beschlossene Sache gewesen – bis Sabine ins Haus der Montcours kam. Von da an hatte Philippe nur Augen für die dunkelhaarige Schöne. Und sein Vater konnte ihm das nicht verdenken! Wenn er noch einmal jung gewesen wäre ...
Jetzt riss er sich jedoch los von Sabines klaren, aber Angst und Verwunderung spiegelnden Zügen. Das Mädchen musste langsam auf den Boden der Tatsachen geholt werden. Diese nächtlichen Gebete waren gefährlich – nicht nur für Sabine, sondern auch für die anderen Mitglieder der Gemeinde, die das Mädchen in ihren Träumen bestärkte. Montcours und Sabines Vater, der Graf de Clairevaux, waren sich da völlig einig. Nur, dass Clairevaux es offensichtlich nicht über sich brachte, seiner Tochter endlich reinen Wein einzuschenken. Montcours seufzte. Wie es aussah, würde er das übernehmen müssen.
»Du bist keine Parfaite!«, meinte er jetzt fast barsch und hätte beinahe nach Sabines Schultern gegriffen, um sie zu schütteln. Im letzten Moment ließ er dann aber doch noch davon ab. Die traurige Wahrheit und dann auch noch eine Berührung – das hätte das empfindsame Mädchen zu sehr brüskiert. »Es gibt keine Parfaits mehr in Aquitanien. Die Gemeinschaft der Katharer ist zerschlagen, Sabine, finde dich damit ab!«
»Aber ich kann mich damit nicht abfinden.« Sabine warf trotzig ihr Haar zurück. »Ich bin ...«
»Du bist eine Überlebende, Sabine. Wie wir alle. Gott hat es gefallen, uns zu schützen, als Montségur fiel. Es kann nicht sein Wille sein, dass wir uns jetzt selbst dem Pöbel ausliefern, indem wir heimlich Gebetstreffen abhalten. Wir dürfen nicht auffallen, Sabine! Gott will, dass wir leben! Und für dich bedeutet das, zu heiraten. Möglichst bald und im Rahmen einer großen Feier. Dein Vater hat hier auch schon Pläne, Sabine. Er wagt es nur nicht, sie dir vorzutragen.«
Aufgewühlt senkte Sabine nun endlich den Blick. Heiraten! Wie konnte sie! Bislang hatte sie nie auch nur einen Gedanken an eine Eheschließung verschwendet, eine Parfaite der Katharer weihte ihr Leben ganz der Spiritualität. Aber Montcours hatte recht. Am Hofe des Herzogs von Aquitanien würde geredet werden, wenn eine Grafentochter ledig blieb. Selbst der Eintritt in ein Kloster – wenn Sabine sich zu diesem Schritt überwinden könnte! – würde mit Verwirrung aufgenommen. Sabine war Graf de Clairevaux’ einzige Tochter und damit die Erbin seiner Liegenschaften. Ein solches Mädchen war wertvoll, das versenkte man nicht hinter Klostermauern. Sabine spürte ihr Herz heftig schlagen. An die Stelle der Verwirrung trat jetzt Angst, fast Panik.
Heiraten! Ihre Familie, ihre Gemeinde verlassen? Womöglich am Hof eines Anhängers der Kirche leben zu müssen, der nichts von dem verstand, was sie war und wofür sie gelebt hatte. Nein, das durfte nicht sein! Das würde ihr Vater ihr nicht antun, wenn überhaupt, dann gäbe er sie einem Katharer zur Frau ...
Während Fleurette ihre Herrin jetzt energisch in ihren Mantel wickelte und durch die kalten Wehrgänge und Flure des alten Schlosses führte, dachte Sabine fieberhaft nach. Wer kam hier infrage? Wer würde den Mut und die Kraft aufbringen, eine Parfaite – na ja, fast eine Parfaite! – zu ehelichen, zu ehren und zu schützen?
Sabine ließ sich in einem Sessel nieder, während Fleurette den Kamin anheizte. Sie fand nur noch wenig Glut, aber der Knecht hatte immerhin Reisig und neues Holz davor aufgehäuft, so dass die Zofe das Feuer schnell wieder zum Lodern bringen konnte. Dabei redete das Mädchen angeregt auf seine Herrin ein. Nicht nur die Wärme des Kamins, auch Montcours’ Bemerkungen hatten die kleine Zofe entflammt.
»Natürlich werdet Ihr heiraten, Comtesse. Oh, Ihr werdet eine wunderschöne Braut sein, ich werde Euer Haar mit Lilien schmücken. Oder nein, Lilien sind traurig, vielleicht lieber Rosen, weiße Rosen. Wir müssen nur sehen, dass Ihr nicht zu blass wirkt in einem weißen Brautkleid. Vielleicht lieber cremefarbene Seide oder ein helles Blau. Das würde Eure Augen strahlen lassen! Ach, und Eure Wangen werden
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