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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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Vater und seiner Frau in die Kutsche, die sie die Canal Street hinauffahren würde. Zu Hause angekommen, wünschten ihr Vater und Marguerite ihr eine gute Nacht und schmiegten sich aneinander, wie es zwei frisch Verheiratete auf dem Weg ins Schlafzimmer nun einmal zu tun pflegten.
    Marianne fühlte sich ruhelos, gelangweilt und allein. Sie wanderte durch die dunklen Zimmer des großen Hauses und hatte keine Lust, ins Bett zu gehen.
    Wo er jetzt wohl war? In irgendeiner Spielhölle? In den Armen einer anderen Frau? Sie starrte auf die verlassene Straße. Sie könnte nach ihm suchen. Irgendwo im Vieux Carré würde er sein, eine Zigarre rauchen, lachen. Vielleicht vermisste er sie sogar. Sie könnte das Spielzimmer des Clubs mit dem Namen Blue Ribbon betreten, ohne sich um die Blicke und das Geflüster zu kümmern, sie könnte fordern …
    Aber immer, wenn sie mit ihren Fantasien an dem Punkt angekommen war, wo sie ihm gegenüberstand, lösten sie sich in Luft auf. Was sollte sie ihm sagen? Sie konnte nichts tun. Wenn er sie noch wollte, wusste er, wo er sie fand.
    Marianne stieg die Treppe zum oberen Stockwerk hinauf. Adams Tür stand offen, die Lampe brannte schwach. Sie schob die Tür auf. Er war nicht da, und sein Bett war unberührt. Der Briefbeschwerer aus Kristall funkelte im Licht und zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Zwei Briefe lagen darunter, einer für ihren Vater und einer für sie. Mit wachsender Unruhe drehte Marianne das schwere Papier in ihrer Hand.
    Sie musste den Brief öffnen! Mit zitternden Händen brach sie das Siegel und las den Abschiedgruß ihres Bruders. »Was hat er nur vor?«, flüsterte sie vor sich hin. Wollte er in den Fluss springen? Sich erschießen? Wo waren seine Pistolen? Sie hätte ihm helfen müssen, hätte ihn all diese Wochen nicht so sehr hassen dürfen. Schnell griff sie nach dem Brief, der an ihren Vater gerichtet war, und riss ihn auf. Sie überflog die Zeilen. Eine Entschuldigung … und dann war da die Rede von einem Duell. Er würde seine Ehre mit einem Duell wiederherstellen wollen!
    Die Sonne ging schon auf. Vielleicht waren sie schon am Duellplatz mit den zwei Eichen im Park. Sie rannte aus dem Zimmer zum Schlafzimmer ihres Vaters, schlug an die Tür und warf die Briefe auf den Boden, ohne länger zu warten. Ihr Vater würde sie finden. Dann rannte sie, immer noch in ihren Tanzschuhen, die Treppe hinunter, ohne sich um das goldene Kleid zu kümmern, das hinter ihr herschwebte.
    Sie riss ihr Cape von dem Stuhl, auf den sie es geworfen hatte, und verließ das Haus durch die Hintertür. Im Stall hatten die Sklaven die Kutschpferde ausgespannt und waren schlafen gegangen. Sie sattelte ihr Pferd und stellte fest, dass sie mit dem Reifrock nicht aufsteigen konnte. Aber sie konnte sich jetzt nicht ausziehen, all die Haken und Schleifen lösen. Auf der Werkbank fand sie eine Zange und zerriss damit die Bänder, die den Reifrock um ihre Taille hielten. Dann raffte sie ihre schleifenden Röcke, kletterte auf eine Bank und stieg endlich aufs Pferd.
    Im ersten Morgenlicht galoppierte sie durch die verlassenen Straßen zu dem berüchtigten Wäldchen, wo schon so mancher Mann sein Leben für die Ehre gelassen hatte.
    Am Tag zuvor, als Yves Roland Bonheur aufgesucht hatte, um mit ihm das Duell zu besprechen – die Waffen, die Zahl der Schritte, den Arzt –, verließ er Adams Sekundanten, als wäre er neu geboren. Alle Starre und Passivität der letzten Wochen fiel von ihm ab. Er war voller neuer Energie. Marcel hatte sich entschieden, nach amerikanischen Regeln bis zum Tod zu kämpfen. Das hieß, er durfte überhaupt nicht kämpfen. Dafür würde Yves sorgen, er würde Mariannes Bruder retten. Sie würde ihm dankbar dafür sein, und sie würde ihm deshalb die scheußliche Nacht im Speisezimmer auf Magnolias verzeihen.
    Dann würde er seinen Anspruch auf sie erneuern und sie mitnehmen, ob es ihrem Vater passte oder nicht. Er würde sich nicht einmal darum kümmern, ob es ihr selbst passte. Er würde sie später überzeugen, erst einmal würde sie mit ihm gehen.
    Er wusste, wo er alles bekam, was er benötigte. Auf der Rue de Cherbourg, einer winzigen, engen Gasse, die von der Rampart abzweigte, gab es einen Apotheker von zweifelhaftem Ruf, in dessen Regalen ehrbare Violen mit Laudanum neben den seltsamsten Tränken standen, die für irgendwelche Voodoo-Zeremonien gebraucht wurden.
    Durch das schmutzige Fenster konnte er die verkrümmte Gestalt von Monsieur Antoine sehen, der zwischen

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