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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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vielleicht würde sie in einem nächsten Leben feststellen, dass sie ihm verziehen hatte.
    Er nahm ein frisches Blatt Papier und setzte wieder an. »Mademoiselle Chamard«, schrieb er, »bitte werfen Sie diesen Brief nicht ins Feuer, wenn Sie sehen, dass er von mir kommt. Um der glücklichen Stunden willen, die wir miteinander verbracht haben, bevor ich Ihr Vertrauen grausam zerstörte, flehe ich Sie an, lesen Sie weiter.«
    Als er fertig war, legte er die Briefe an seinen Vater und an Marianne auf den Schreibtisch, wo sie ihn nach dem morgigen Duell finden würden. Den Brief an Nicolette steckte er in seine Manteltasche. Morgen früh würde er Marcel bitten, ihn ihr zu überbringen. Er und Marcel hatten sich einmal geliebt wie Brüder, sein Cousin würde ihm diese letzte Bitte nicht abschlagen.
    Er blieb in seinem Zimmer, bis es dunkel wurde. Das Abendessen, das Annie ihm heraufbrachte, schickte er wieder zurück. Die liebe kleine Annie. Alle anderen Hausbewohner mieden ihn, nur Annie pusselte an ihm herum wie eine kleine Mutter. Es musste doch irgendetwas in seinem Zimmer geben, das er ihr schenken konnte. Sein Blick fiel auf einen Briefbeschwerer aus venezianischem Glas, der im Lampenschein funkelte. Er schrieb eine Notiz, dass diese kleine Kostbarkeit Annie gehörte, und ließ sie bei seinen Briefen liegen.
    Ohne seine Familie noch einmal zu sehen, verließ er das Haus und ging durch die von Gaslaternen erleuchtete Canal Street bis zum Rand des Vieux Carré. Beim Peppercorn stiegen modisch gekleidete Menschen aus den Kutschen. Das Peppercorn war derzeit sehr in Mode als Abendrestaurant, es ging nicht zuletzt ums Sehen und Gesehenwerden. Und heute Abend würde Nicolette Chamard hier singen. Adam suchte sich einen kleinen Tisch in der finstersten Ecke, so weit von der Bühne entfernt wie möglich. Er wollte nicht gesehen werden.

29
    Marianne quälte sich durch eine weitere Runde der langweiligen Gavotte, am Arm eines jungen Mannes, der ebensogut kein Gesicht hätte haben können, so wenig Aufmerksamkeit schenkte sie ihm. Sie ergab sich in den Wunsch ihres Vaters und seiner neuen Frau, indem sie die Bälle besuchte, aber sie weigerte sich, lebhaft Anteil zu nehmen, wie man es von ihr verlangte. Sie hatte überhaupt kein Bedürfnis, sich zu präsentieren, geschweige denn, wie es ihr Vater einmal gesagt hatte, zu amüsieren.
    Ihr Satinkleid, das aus meterweise champagnerfarbener Seide bestand, hatte ihren Vater mehr gekostet, als sie seinerzeit im Natchez für Luke bezahlt hatte. Vermutlich hoffte ihr Vater, mit diesem Kleid würde sie sich einen Bräutigam angeln. Tatsächlich brachte die blassblonde Seide ihre blauen Augen besonders schön zur Geltung und betonte das üppige Kastanienbraun ihres Haares. Aber es war eben nur ein Kleid.
    Yves ließ sich nicht blicken. Er hatte in dieser Saison noch kein einziges gesellschaftliches Ereignis besucht, jedenfalls keines, bei dem sie gewesen war. Er wusste genau, wo sich das Haus der Johnstons befand, dachte sie. Wenn er wollte, konnte er sie aufsuchen. Aber er wollte sie nicht sehen. Er hatte ihr nicht verziehen, was Adam getan hatte. Und wohl auch nicht, was ihr Vater über Nicolette gesagt hatte.
    Dabei war sie an all diesen Beleidigungen vollkommen unschuldig! Aber er nahm sich wohl auch den Rauswurf ihres Vaters zu Herzen – und die Tatsache, dass ihr Vater die Heirat verboten hatte.
    Aber wie auch immer, er hatte sie zu schnell aufgegeben.
    Seit dem Ereignis im Speisezimmer hatte sie sich von einem Kummer zum anderen gequält. Sie trauerte um Adam und war gleichzeitig wütend auf ihn. Er hatte, so schien es ihr, alles verloren und sich vollkommen in sich selbst zurückgezogen. Aber er hatte auch etwas Unverzeihliches getan, und er hatte ihr Yves geraubt. Sie konnte seinen Anblick kaum ertragen.
    Und dann mischte sich in den Schmerz, Yves verloren zu haben, der Zorn auf ihn, weil er nicht um sie gekämpft hatte. Schließlich wäre sie notfalls mit ihm durchgebrannt, wenn er nur einmal zu ihr gekommen wäre.
    So verbrachte sie diesen Herbst, ohne den Wein zu schmecken, den sie trank, und ohne die Walzermelodien zu hören, zu denen sie tanzte. Im Hinterkopf stellte sie sich ständig vor, wie es wäre, wenn sie Yves traf, ihn am Revers seiner Jacke packte und … ja, was? Auf ihn einschlug, bis er sie endlich wieder liebte?
    Die Uhr schlug fünf. Die Party aus Amerikanern und Kreolen war die ganze Nacht gegangen, und bald würde es hell werden. Marianne stieg mit ihrem

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