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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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überzieht, erkennen. Auch ich steige in den
Jubel mit ein, es ist einfach unglaublich. Dann stellt sie sich vor
uns auf, hebt die Hände und verschließt ihre Augen. Unsere
Erzbischöfin, unser ehrwürdigstes Organ des Sabbats, das unter uns
sein Unleben verbringt. Begehrenswert und aufopferungswürdig.
    Elina
tritt an sie heran und legt ihr einen großen weißen Pelzmantel um
die Schultern und mit einem letzten Blick in die versammelte Menge,
geht sie zu ihrem besonders hergerichteten Sitzplatz und ruft laut in
die Nacht
    „Lasst
das Festival beginnen!”.
    Und
wie ein großer Schwarm drängen wir in die Mitte, angezogen von dem
Duft des Blutes und der Verpflichtung uns mit ihr zu vereinen. Einen
großen Schluck für jeden, die allumfassende Vaulderie, die uns alle
binden und eins machen soll. Und diesmal bin auch ich ein Teil dieses
Gemenges. Ein erhebendes Gefühl. Und der Geschmack des Blutes,
nuancenreich und verlockend, treibt mich direkt in einen Zustand des
Rausches. Ganz wie ich es von starkem Kainitenblut gewohnt bin. Es
kann beginnen.

Die erste Nacht

    Die
Veranstaltung beginnt sehr schnell eine Eigendynamik zu entwickeln.
Verschiedene Bereiche zeichnen sich ab, an denen je nach Interesse
mitgefeiert oder auch nur zugeschaut werden kann. Immer wieder
rauschen ganze Gruppen von Kainiten durch die Menge und fordern einem
zum Mittanzen und ‘Verrückt-sein’ auf. Feuer erhellen die Nacht,
offene Lesungen und archaische Musik, Kämpfe unter Unseresgleichen
in urzeitlicher Kriegsbemalung und lachende Gesichter, wohin das Auge
blickt. Doch eines irritiert mich. Ich erkenne nirgendwo Menschen,
die gejagt werden oder Blut das getrunken wird.
    „Gregori?“,
schreie ich laut gegen die Trommeln an.
    „Ja?”,
schreit er zurück.
    „Wo
bleibt denn das Blut? Und die Menschen... und so?”.
    „Erst
muss das ‘Pugnare ad sanguinem’ stattfinden.”.
    „Das
was?”.
    „Der
Kampf um das Recht, der erste Beutetrinker auf diesem Festival zu
sein. Normalerweise beginnt das um Mitternacht. Aber mach dir keine
Hoffnungen, nur sechs von uns dürfen daran teilnehmen. Und die sechs
müssen im letzten Jahr besonders erfolgreich aufgefallen sein und
werden von Sophia erst noch ausgerufen.”.
    „Ach
so.”, betone ich, obwohl mir das Ganze natürlich nicht wirklich
schlüssig ist. Aber ich werde es ja sehen.

    Und
tatsächlich, um Mitternacht beginnen Vertreter der Clans die
Auserwählten zu suchen und zusammenzubringen. Auf dem Vorplatz zum
Jagdschloss, augenscheinlich der Dreh- und Angelpunkt dieser Woche,
finden sich nach und nach die Glücklichen ein und lassen sich stolz
und unterstützt von ihren Freunden und Anhängern feiern. Alleine
einer von ihnen zu sein, ist eine große Ehre. Und als sich die sechs
endlich eingefunden haben und genug lautstark gefeiert wurden, kommen
die Menschen mit in das Spiel.
    Ihre
Augen verbunden, zu einer langen Kette an den Händen gefesselt,
werden sie uns, angeführt von einem furchterregenden und
offenkundigen Tzimisce, präsentiert. Die Angst ist ihren
zerbrechlichen Leibern deutlich anzusehen und ich fühle, wie das
Monster in mir aufbegehrt. Die ganze Stimmung ist so hetzerisch, so
auffordernd. Es fühlt sich herrlich an.

    Die
Menschenbeute wird platziert und die sechs Auserwählten suchen sich
je einen aus. Es gibt nur eine kurze Diskussion bei der Auswahl, doch
die beiden Kontrahenten können sich weitestgehend friedlich einigen.
    „Was
passiert jetzt Gregori? Wessen Mensch zuerst tot ist?”. Er lacht
kurz auf und antwortet
    „Das
wäre ja ziemlich langweilig. Nein, eher im Gegenteil. Die Aufgabe
lautet: Töte einen Menschen, benötige dabei möglichst viel Zeit
und vergeude kein Blut. Kreativität wird wohl auch bewertet.”.
    „Und
wer entscheidet, wer von den sechs im Endeffekt gewonnen hat?”. Er
dreht sich lächelnd zu mir um und sagt
    „Na,
rate mal...”, ich blicke zu Sophia. Sehe wie sie immer noch
blutüberströmt, aber zufrieden lächelnd auf ihrem Thron sitzt und
alles beobachtet. Die beiden Bischöfe zu ihren Seiten sitzen
abgestuft, damit ganz klar ist, wer die höhere Position innehat.
    „Genau,
der Kandidat hat hundert Punkte.”.
    Dann
ertönt ein greller Aufschrei, wohl das Startsignal, und die Kainiten
gehen auf ihre Menschen zu. Wir können alles ganz genau beobachten.
Die meisten reißen ihnen direkt die Augenbinde vom Gesicht, um die
verängstigten Blicke genießen zu können. Das Jammern, das
verzweifelte Flehen, das einige um mich herum zum

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