Melville
ich auch noch immer. Deine Spesen sind gedeckt und dein
Vermögen wird gerade in diesen Zeiten sehr wichtig für uns sein. Es
gilt Fahrzeuge, Waffen und andere hilfreiche Dinge zu erwerben. Bis
wann wirst du deine Gelder freimachen und überweisen können?”.
Ich bin erst relativ geschockt, was Sophia da von mir verlangt. Ich
gebe damit meine letzte Eigenständigkeit, meine letzte
Unabhängigkeit auf und wäre ganz von ihr abhängig. Sicher würde
sie mich nicht betteln lassen, aber dennoch müsste ich
demütigenderweise immer nach Geld fragen.
„Etwa
eine Woche.”, antworte ich leise und im Grunde meine Strafe
akzeptierend. Welche Wahl habe ich auch? Keine.
„Gut,
dann leite alles in die Wege.”.
„Du
wirst sicher dennoch sauer auf mich sein, das wird nicht so einfach
verschwinden, oder?”.
„Dass
ich gestern Nacht noch einmal bei dir war, wird für die nächsten
Wochen sicher einmalig sein. Ich habe meinen Bischöfen gegenüber
etwas auszugleichen. Ich muss arbeiten und ich werde mir eine
Ablenkung mit dir nicht gestatten. In drei Wochen beginnt das
Festival der Toten. Unser größtes Fest. Da wir den Organisator vom
letzten Jahr per Hetzjagd, für seine grausame Planung und Verrat an
unser aller Verständnis für die Güte dieses Feiertages, zu Tode
getrieben haben, gebe ich dir die Chance, es besser zu machen. Du
hast jetzt viel Zeit, sicher mehr als dir lieb ist. Die
Veranstaltungen vor Ort planen alle Clans bereits seit Wochen
gemeinsam. Organisiere mit dem Wissen von Elina und Gregori und mit
Hilfe deiner menschlichen Kontakte einen geeigneten Ort. Danach
können wir uns dann sicher wieder etwas Zeit zu zweit gönnen. Doch
bis dahin, Melville, sind wir beide Rudelmitglieder... und mehr
nicht.”.
„Ich
danke dir für diese Möglichkeit. Ich werde mein Bestes geben.”.
Auch wenn ich keine Ahnung habe, was das ‘Festival der Toten’
bedeutet und dass man anscheinend für eine schlechte Planung mit dem
Tode bestraft wird, bin ich sicher, dass ich so Sophia wieder milder
für mich stimmen kann.
„Ich
weiß, Melville. Ich werde jetzt gehen. Ich wünsche dir, dass deine
Verletzungen schnell heilen. Auf dann.”.
„Auf
dann, Sophia.” und mit hängenden Schultern und wie von ihrem
Anblick gebannt, starre ich die sich schließende Tür an. Drei
Wochen ohne sie. Hoffentlich schaffe ich das.
Organisation ist alles
Sofort
beginne ich mit den Vorbereitungen. Ich vertröste Herrn Westermann
auf einen späteren Termin, wobei ich ihm natürlich nicht mitteile,
dass ich zurzeit nicht laufen kann, sondern mich geschäftlich im
Ausland aufhalte.
In
einem gemeinsamen Gespräch mit Elina und Gregori versuche ich
herauszufinden, was genau die Natur des ‘Festivals der Toten’
ist. Natürlich benennt Elina eher die spirituellen Aspekte, die
Rückbesinnung auf unser Sein, die Zelebrierung unserer Werdung und
die Ermahnung an unsere Verantwortung, gegeben durch unsere
Überlegenheit dem menschlich, biologischen Tod nicht mehr
ausgeliefert zu sein.
Gregori
sieht das zwar ähnlich wie sie, betont aber auch, dass die
Feierlichkeiten eine Zusammenfassung all unserer persönlichen Feste
sind. Geburtstag, Todes- und somit auch Zeugungstag, Namenstag und
traditionelle Jubiläen. Grob gesagt, eine ganze Woche in der man es
krachen lässt.
Es
sollte also ein Veranstaltungsort sein, der auf der einen Seite
unseren Anspruch auf Komfort und Verfügbarkeit sämtlicher
Hilfsmittel gewährleisten kann, aber andererseits auch genug Raum
und auch Möglichkeiten für die sehr ausschweifenden Rituale, Feuer
und Jagden bietet. Kein Mensch sollte uns stören und kein
Camarillamitglied zu neugierig werden können. Eine wirklich
schwierige Aufgabe und es bereitet mir etwas Kopfzerbrechen, wie ich
das Ganze auch noch mit Nähe zu Frankfurt garantieren kann.
Doch
relativ schnell, beim Lesen der aktuellen Tageszeitung und der
Auseinandersetzungen der Bürger mit den Betreibern der
Flughafengesellschaft Frankfurt, wird mir klar, dass nur eine
Waldlage in Frage kommt. Ein städtisches Waldstück, das Menschen
nachts allgemein meiden und dennoch ein Anwesen beherbergt, dass für
uns erwerbbar ist. Und ich denke dabei an die Ausgleichsgrünflächen
in der Nähe der Startbahnen des Frankfurter Flughafens. Es gilt ein
Nachtflugverbot für Frankfurt, somit wären unsere Feierlichkeiten
zwischen dreiundzwanzig Uhr abends und fünf Uhr morgens auch von
oben nicht sichtbar. Unsere Lärmentwicklung könnte keine Anwohner
stören, wobei ich
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