Melville
der etwa seinem momentanen Monatseinkommen
entsprechen dürfte. Mit einem eisernen Lächeln und gefalteten
Händen, ganz wie er vor einigen Jahren, empfange ich ihn. Dieser
Augenblick seiner Erkenntnis, als er den Raum betritt, ist
unbezahlbar. Doch er missversteht die Lage ganz und reagiert
ungehalten.
„Melville!
Was machst du hier… du…“. Dann scheint er endlich zu begreifen.
„Was
hast du nur getan?”.
„Guten
Tag, Mr Lancaster, bitte setzen Sie sich doch.”, meine Gesichtszüge
spiegeln perfekt meine Abneigung ihm gegenüber wider, während meine
Anrede formvollendet bleibt, ungeachtet seines angespannten
Gesichtes.
„Ich
werde mich nicht setzen! In meinem eigenen Büro, du Verräter! Was
hast du dir nur gedacht? Hast du denn gar keine Ehre?”.
„Aber,
aber, Mr Lancaster, spricht man so mit seinem neuen Vorgesetzten? Ich
wollte Ihnen nur erläutern, wie es weiter gehen wird... mit Ihnen
und Ihrer kleinen, unbedeutenden Firma.”, fast befürchte ich, er
würde direkt einen Herzinfarkt bekommen. Sein Kopf ist puterrot und
Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn. Doch er setzt sich hin
und befiehlt mit scharfem Ton
„Sprich!”.
„Du
hast mir nichts mehr zu befehlen, alter Mann! Deine Zeit ist
abgelaufen!“, sage auch ich nun etwas lauter. Ich erhebe mich und
blicke durch die Fensterscheiben Richtung Produktionsstätte, die
sicher schon einige Wochen still liegt. Und mit einer ausladenden
Geste sage ich
„Ich
werde das alles hier verscherbeln, abreißen und verkaufen. Ich hatte
an einen netten Golfplatz gedacht. Sie nicht auch? Ich denke, ich
werde dann das erste Mitglied sein.”, dann drehe ich mich wieder zu
ihm um und spreche weiter mit einem Grinsen auf dem Gesicht.
„Doch
zuerst werden Sie, Mr Henry William Lancaster, wie dem
Gründungsvertrag zu entnehmen ist, mit Ihrem Privatvermögen für
die Schulden haften, die noch auf dieser Firma ruhen. Dann werde ich
Sie entlassen und ich wünsche Ihnen bereits jetzt alles Gute für
Ihre weitere berufliche Entwicklung in den Warteschlangen der
Obdachlosenfütterung.”. Ich setze mich wieder und genieße es fast
schon zu hören, wie seine Würde und seine selbstsichere Haltung
zerbrechen.
„Das
kannst du nicht tun, Melville... du kannst doch nicht einfach...”.
„Und
ob ich das kann, Mr Lancaster. Und glauben Sie mir, ich tue das mit
Freude.”. Und wirklich, dies ist der bis dahin schönste Augenblick
meines Lebens.
Ich
bin mir vollkommen bewusst, dass er zu stolz sein wird diese
Niederlage zu akzeptieren. Er wird etwas Endgültiges tun, um der
Schmach der Armut zu entgehen. Er kann gar nicht anders.
Und
einfach weil ich zu neugierig bin, stehe ich noch am selben Abend in
der Nähe meines Elternhauses. Mit Blick auf sein beleuchtetes Büro,
harre ich in dem Nieselregen unter einem Baum aus. Ob er es sich
wirklich traut? Ich bekomme dieses zufriedene, selbstgerechte Grinsen
nicht von meinem Gesicht, während ich mir vorstelle, wie sich mein
Vater in seinem Büro vor Kummer seelisch selbst zerfleischt.
Er
Da
spricht er mich das erste Mal an. Er steht plötzlich einfach neben
mir. Lehnt an dem Baum und wirkt überhaupt nicht nass. Wo kommt
dieser Mann nur so plötzlich her, ganz ohne dass ich ihn hören
konnte?
„Das
hast du gut gemacht, Melville.“.
Er
starrt mich an, ich blicke nur kurz in seine Richtung. Seine grauen
Augen wirken auf mich so tief und endlos, dass es mir fast schon
wehtut, sie länger anzusehen.
„Woher...”,
für mich ungewohnt muss ich mich konzentrieren und sammeln, damit
ich die richtigen Worte finde.
„Woher
kennen Sie meinen Namen, Sir?”. Ich weiß nicht warum ich ihn ‘Sir’
nenne. Nie wieder wollte ich jemanden so nennen. Mein Vater hatte
immer sehr viel Wert darauf gelegt.
„Ganz
ruhig, Melville, jetzt nicht die Fassung verlieren.”, antwortet er
mehr scherzhaft. Ich wende mich von meinem Elternhaus ab und drehe
mich fast schon gebannt zu ihm. Ich kann es gar nicht beschreiben,
wie einnehmend er wirkt. Dabei steht er wie ein ganz gewöhnlicher
Mann vor mir. Ein vollkommen Fremder. Doch sein Lächeln wirkt
zynisch, irgendwie einstudiert.
„Wir
sollten uns beide unterhalten, Melville. Aber nicht hier.“ und er
macht eine Kopfbewegung in Richtung des Hauses.
„Ich
möchte, dass du morgen um einundzwanzig Uhr in mein Büro kommst.
Und ich dulde keine Entschuldigungen.“ und er reicht mir eine
Karte, auf der eine Adresse in der Londoner Innenstadt steht. Auch
wenn seine Drohung
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