Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
Vom Netzwerk:
schon seit einiger Zeit für Sie tätig ist.»
      Impulsiv sprang ich auf und umarmte Monsieur Desmarais stürmisch, der mir zuerst gar nicht so sympathisch gewesen war, küßte ihn auf beide Wangen und sprang vor Freude wie wild im Zimmer herum. Beim Abschied sagte er, daß wir bald von ihm hören würden. Ich sollte schnellstens die Unterlagen schicken und vor allem Schweigen bewahren.
      In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf. Die Freude war zu groß, es war alles so unwirklich, zu phantastisch, um wahr zu sein. Aber ich hatte nun etwas, an das ich mich mit meinen Hoffnungen klammern konnte. Mein Stimmungsumschwung übertrug sich auch auf meine Mutter und Hanni. Wir lebten alle auf und warteten sehnsüchtig auf Nachrichten aus Paris. Ein neuer Lebensabschnitt schien begonnen zu haben.
      Schon eine Woche später kam von Desmarais der erste Brief. Er bat dringend um meine eidesstattliche Erklärung und um die notariell beglaubigten Papiere. Auch erhielten wir von ihm ein Paket mit Schokolade, Zucker und Medikamenten. Dann hörten wir längere Zeit nichts mehr. Ich fürchtete schon, daß alles wieder wie eine Seifenblase zerplatzen würde.
      Es fielen die ersten Flocken — der zweite Winter, den wir in Königsfeld verbrachten — zweieinhalb Jahre nach Kriegsende, und ich immer noch eine Gefangene. Inzwischen gab es eine neue deutsche Regierung, den Nürnberger Prozeß — und der Wiederaufbau Deutschlands hatte begonnen. Ich muß gestehen, daß ich durch mein persönliches Schicksal diese Ereignisse nur in einem fast somnambulen Zustand wahrnahm. Von den Angeklagten in Nürnberg bewegte mich das Schicksal von Albert Speer. Ich wollte Frau Speer besuchen, sobald ich frei sein würde.
      Meine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Stillschweigen aus Paris. Ich begann zu resignieren. Weihnachten und den Beginn des Jahres 1948 verbrachten wir in bedrückter Stimmung. Aber dann kam von Professor Dalsace der erste Brief, der mich zuversichtlich stimmte. Er schickte mir verschiedene Formulare, Eingaben an den französischen Staatsgerichtshof und Prozeßvollmachten, die ich unterschrieben zurücksenden sollte.
      Mitte Januar besuchte uns Desmarais zum zweiten Mal. Er brachte zwei Verträge mit, die ich bedenkenlos unterschrieb, denn für die Wiedererlangung der Freiheit hätte ich fast alles unterzeichnet. Der erste Vertrag sah vor, daß ich seiner Firma, l’Atélier Français, die ausschließliche Auswertung aller meiner Filme in der ganzen Welt, «Tiefland» inbegriffen, übertrage. Der Gewinn aus den Nettoeinkünften sollte zur Hälfte zwischen seiner Firma und mir geteilt werden. Ferner mußte ich mich verpflichten, alle Produktionsvorhaben, die ich plane, oder solche, die mir vorgeschlagen würden, Monsieur Desmarais zu unterbreiten.
      Der zweite Vertrag beinhaltete, daß l‘Atelier Français an meiner Stelle alle Filmgeschäfte, die mir vorgeschlagen werden, erledigt, seien es die Angebote als Regisseurin, als Schauspielerin oder als Mitarbeiterin bei einem Film. Auch sollten meine schriftstellerischen Werke in der ganzen Welt von Desmarais’ Firma herausgegeben und verkauft werden. Der Vertrag sah eine Zeitdauer von zehn Jahren vor. Ferner unterzeichnete ich eine Vollmacht, daß nach Freigabe meines Eigentums mein gesamtes in Paris beschlagnahmtes Filmmaterial nur an Monsieur Desmarais ausgehändigt werden dürfe.
      In meiner damaligen Situation hätte ich, ohne zu überlegen, noch ungünstigere Bedingungen unterschrieben.
      Schneller als ich zu träumen wagte, brachte Anfang Februar der Postbote das Dokument meiner wiedererlangten Freiheit, ausgestellt von der französischen Militärregierung des Landes Baden. Nach fast
drei Jahren Haft war ich wieder ein freier Mensch. Monsieur Desmarais hatte nicht zuviel versprochen.

    Trenker und das Tagebuch der Eva Braun

    P rofessor Dalsace hatte die Aufhebung meiner Haft erreicht, nun bemühte er sich um die Freigabe meines Eigentums. Dabei ging es nicht nur um die Filme, sondern auch um das Geld, welches Capitain Petitjean von unseren Konten in Kitzbühel abgehoben hatte. Ohne irgendwelche Mittel konnten wir nicht einmal Königsfeld verlassen.
      Schon ergaben sich neue Probleme. Mein französischer Anwalt schrieb, er hätte die Bestätigung der Freigabe meines Eigentums erhalten, aber auf höchsten Befehl wäre alles wieder rückgängig gemacht worden. Der Grund: Die Sensationsberichte einer gewissen französischen Presse hatten großen

Weitere Kostenlose Bücher