Memoiren 1945 - 1987
Wirbel in Paris gemacht. Es handelte sich um die Veröffentlichung des Tagebuchs der Eva Braun, für deren Echtheit Luis Trenker gebürgt haben soll. In großen Buchstaben waren auf den Titelseiten der Boulevardzeitungen Überschriften zu lesen wie «Lenis Nackttänze vor Adolf». «Marlene spielt Leni» oder «Das von Luis Trenker herausgegebene Tagebuch der Eva Braun wird in Hollywood verfilmt. Die Rolle der Riefenstahl hat Marlene Dietrich übernommen» — und ähnliches mehr.
Es wurden schon viele Lügen über mich verbreitet, aber diese Diffamierungen waren nun die böswilligsten, allerdings auch die dümmsten. Und dies ausgerechnet in dem Augenblick, da nach jahrelangen Bemühungen die französische Regierung endlich die Beschlagnahme meines Eigentums aufgehoben hatte.
Professor Dalsace schrieb: «Wenn ich persönlich auch nicht glaube, was in der Presse steht, und das Tagebuch für eine plumpe Fälschung halte, so kann ich im Augenblick nichts für Sie tun. Nur, wenn es Ihnen gelingen sollte, die Fälschung nachzuweisen, könnte ich meine Bemühungen wieder aufnehmen.»
Wieder stand ich vor einer hoffnungslosen Situation. Wie sollte ich vom Schwarzwald aus alles aufklären können? Ohne Geldmittel konnte ich überhaupt nichts unternehmen. Ebenso war es unsicher, ob mir die Franzosen einen Passierschein für die amerikanische Zone geben würden. Freier Personenverkehr zwischen den Zonen war noch nicht erlaubt.
Ich konnte und wollte es nicht glauben, daß Trenker etwas mit dieser üblen Fälschung zu tun haben könnte. Nach 1933 hatte ich ihm die Hand zur Versöhnung gereicht, den Wunsch ausgesprochen, die alte Streitaxt zu begraben. Wie freudig hatte Trenker zugestimmt! Er unterbrach seine Aufnahmen am Matterhorn, nur um nach München zum «Tag der Deutschen Kunst» zu kommen. Begeistert hatte er über meinen 1938 erschienenen Bildband «Schönheit im Olympischen Kampf» geschrieben: «Hier sind Bilder zusammengestellt, wie man sie in der Welt noch nicht gesehen hat, eine Hymne an die Schönheit und ein Dank an die Götter des Olymp!»
Konnte ein Mann, der so etwas geschrieben hatte, eine mich so diffamierende Fälschung veröffentlichen? Ich mußte ihn selbst um Aufklärung bitten. Da erinnerte ich mich, daß schon vor einem Jahr in einer französischen Zeitung gestanden hatte, Luis Trenker würde das Tagebuch der Eva Braun veröffentlichen. Obgleich ich damals diese Nachricht für eine Ente hielt, hatte ich Trenker schriftlich um Aufklärung gebeten. In seiner Antwort ging er auf meine Frage überhaupt nicht ein, erwähnte mit keinem Wort das Tagebuch. In diesem Brief stand wörtlich:
Gries bei Bozen 25. 7.47 Liebe Leni,
verzeihe, wenn ich, erst heute auf Deinen Brief zurückkommend, Zeit finde, Dir zu schreiben. Ich bin seit drei Monaten in Venedig mit der Herstellung eines Films beschäftigt und kam, auch wegen verschiedener anderer Arbeiten, nicht zur Erledigung meiner pri vaten Post. Daß Du in den letzten zwei Jahren viel Sorgen und Kummer, vor allem durch den Zusammenbruch der Nationalsozia listen, zu ertragen hattest, war wohl unvermeidlich, der Sturz war wohl auch für Dich zu furchtbar, um ihn so ohne weiteres überwin den zu können ... Das ist nicht leicht, es ist eine harte, entbehrungs reiche Zukunft zu überwinden, in der man wenig nach denen fragt, die an die Irrlehre jenes «Führers» geglaubt haben. So mußt nun wohl auch Du durch dieses von vielen von Euch verdiente Fegefeu er der Buße und der Einkehr gehen ... Ich wünsche Dir vor allem seelische Erholung und Überwindung aller Sorgen und bin mit den besten Grüßen, auch von Hilda, gerne an die schöne Zeit unserer gemeinsamen Arbeit denkender
Luis
Der Brief hatte mich sehr bestürzt. Nicht nur, weil er das Tagebuch nicht erwähnte, sondern seine Worte hatten mich verletzt. Sie klangen so heuchlerisch. Keineswegs war Trenker, wie er sich nach dem Krieg gern präsentierte, ein Naziverfolgter gewesen. Er war lediglich mit seinem 1936 gedrehten Film «Condottieri» für einige Zeit bei Dr. Goebbels in Ungnade gefallen. Am «Tag der Deutschen Kunst» 1937 hatte mir Trenker gesagt, er hätte ohne weiteres diese Szenen herausgeschnitten, wenn das Propagandaministerium es von ihm verlangt hätte. Nach dem «Condottieri» hat Trenker noch mehrere große Filme in Deutschland hergestellt: So 1937 «Der Berg ruft», 1938 «Liebesgrüße aus dem Engadin». Und wäre er bei den Nazis unbeliebt gewesen, hätte er nicht
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