Memoiren 1945 - 1987
ersehnte Ruhe. Die Abreise mit dem Bus nach Malindi verzögerte sich um Stunden. Erst in der Früh um fünf konnten wir endlich unsere Glieder auf einem Bett ausstrecken — es war schon Tag, so daß wir das Meer sehen konnten.
Das Hotel ist schön — auch der Strand, das Meer —, alles besser, als ich erhofft hatte. Trotzdem kann ich es noch nicht genie ßen. Vielleicht geht es vorüber ...
Leni
Es ging vorüber. Oft hatte ich schon geglaubt, meine Kräfte seien am Ende, aber irgendwie ging es doch immer wieder weiter.
Nachdem wir einige Male im Meer geschwommen waren, fühlte ich mich von Tag zu Tag besser, so daß wir mit unserer Foto-Safari beginnen konnten. Wir mieteten einen VW-Käfer, mit dem wir mehrere Nationalparks besuchen wollten. Bald hatte mich das Fotofieber wieder erfaßt. Motive gab es in Überfülle, aber immer wieder waren es die Gesichter der Eingeborenen, die mich fesselten. Und wieder erwachte in mir der Wunsch, in Afrika zu leben.
Nachdem uns in dem am Kilimandscharo liegenden AmboselliPark gute Tieraufnahmen und auch solche von den Masai gelungen waren, war der Manyara-Lake und der berühmte Ngorongoro-Krater unser nächstes Ziel. Wir hatten Wetterglück, ein angenehmes Klima, keinen Regen, und auf den leicht zu befahrenden Straßen begegneten uns nur wenige Wagen.
In Tansania besuchten wir in USA-River den Jäger und Tierhüter Dr. von Nagy, einen alten Bekannten. Er hatte am Fuße des Meru einen märchenhaften Besitz, einen der schönsten Plätze, die ich in der Welt kennenlernte.
Bald maßten wir von diesem paradiesischen Platz Abschied nehmen, da wir in wenigen Tagen von Malindi zurückfliegen sollten. Dort hatte ich einen Tag vor der Heimreise ein umwerfendes Erlebnis. Zufällig las ich auf einer schwarzen Tafel ein mit Kreide geschriebenes Wort — «goggling» —, und erfuhr, daß «goggling» so viel wie Schnorcheln ist Obgleich ich als Kind eine Wasserratte war — schon im fünften Lebensjahr hatten mir meine Eltern das Schwimmen beigebracht —, hatte ich später zu Wassersport wenig Gelegenheit, da ich meine Freizeit nur noch in den Bergen verbrachte. Klettern und Skilaufen waren meine Hobbies. Damals ahnte ich nicht, daß mein zufälliger Blick auf «goggling» aus mir einmal eine Taucherin machen würde.
Wir schlossen uns einer Gruppe von Schnorchlern an. Noch nie hatte ich eine Taucherbrille oder Flossen besessen — es war das erste Mal daß ich sie probieren wollte. Hätte ich diesen Versuch in der Ost- oder Nordsee gemacht, wäre ich vielleicht nicht von der gleichen Begeisterung erfaßt worden wie hier im Indischen Ozean. Die geheimnisvolle Unterwasserwelt verzauberte mich. Horst erging es ähnlich. Wir waren entzückt von den vielen bunten Fischen, die unbekümmert um uns kreisten. Ich konnte mich nicht satt sehen. Die unvorstellbar differenzierten Farben und phantastischen Ornamente waren verwirrend. Ebenso die Farbenpracht der Korallen. Ich konnte nur viel zu kurz unter Wasser bleiben, da ich die Luft nicht lange genug anhalten konnte. Die ganze Gruppe befand sich schon im Boot, nur Horst und ich waren noch im Wasser. Was ich hier zum ersten Mal sah, war so faszinierend, daß ich unglücklich war, es erst an meinem letzten Urlaubstag erlebt zu haben. Bisher hatte ich diese Welt nur in Filmen von Hans Hass und Cousteau sehen können, aber es selbst zu erleben, war viel aufregender. Ich beschloß, so bald ich konnte, die Unterwasserwelt kennenzulernen.
Die Nuba im «stern»
K urz vor Weihnachten besuchte mich Rolf Gillhausen, Art-Director des «stern». Er war für seine hervorragenden Layouts berühmt. Ich war gespannt, ob ihm die Nuba-Bilder gefallen würden. Aus den Fotos hatte ich eine Auswahl vorbereitet, doch Gillhausen wollte alle sehen. Stundenlang betrachteten wir die Bilder, und ich merkte bald, daß sie ihm gefielen. Mit großer Sicherheit fand er sehr schnell die besten heraus.
Er hatte ungefähr hundert Dias ausgewählt, unter denen sich eines befand, das ich ihm nicht geben wollte. Es zeigte zwei unbekleidete Nuba-Jünglinge beim Gitarrenspiel im Innenhof eines Hauses. Gillhausen war von dem Foto fasziniert, ich aber mußte Rücksicht nehmen auf die religiösen Gefühle meiner sudanesischen Freunde, die ich nicht verletzen wollte. Ich bat ihn, auf diese Aufnahme zu verzichten, aber gerade das reizte seinen Widerstand. Je mehr ich mich wehrte, desto unnachgiebiger wurde er, bis er schließlich die Veröffentlichung
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