Memoiren 1945 - 1987
Rather, der in Amerika prominente, wegen seiner scharfen Zunge auch gefürchtete Moderator. Er kam mit seiner Frau aus den USA. So freundlich sie auch alle zu mir waren, so fürchtete ich mich vor dem Interview, auch darum, weil es englisch gesprochen werden sollte und meine englischen Kenntnisse nicht perfekt sind. Obgleich Mr. Rather, wie andere vor ihm, mir versprochen hatte, Fragen zu Hitler oder zur Politik nicht zu stellen, tat er es natürlich doch. Das erregte mich so sehr, daß wir die Aufnahmen abbrachen. Immer noch, obgleich schon ein Vierteljahrhundert seit Kriegsende vergangen war, fühlte ich mich gehemmt, über die Vergangenheit zu sprechen. Mr. Rather zeigte Verständnis, und so kamen wir zu einem Kompromiß, indem ich einige seiner Fragen beantwortete.
Diese Sendung wurde in den Vereinigten Staaten für mich ein außerordentlicher Erfolg. Ich erhielt zahlreiche Briefe. Auch Filmangebote kamen, das ungewöhnlichste von einem reichen Amerikaner, der schrieb, er wäre glücklich, jedes Filmprojekt, das ich machen möchte, zu finanzieren, gleichgültig welches Thema und welche Länge der Film haben würde. Welch eine Tragik! Ausgerechnet jetzt, wo ich so krank war und kaum noch Hoffnung auf Heilung hatte, stellten sich die Filmangebote ein, auf die ich jahrzehntelang gewartet hatte. Auch GEO machte mir ein Angebot für einen Unterwasserfilm. Was Schöneres hätte ich mir nicht wünschen können, aber ich konnte nicht einmal ernsthaft darüber nachdenken — ich war todunglücklich.
Als sich in dieser Zeit wieder Verleger um meine Memoiren be warben, nahm ich solche Vorschläge zum ersten Mal ernst. Fast erschien mir der Unfall wie eine Schicksalsfügung. Nun hätte ich die Zeit, mich mit dieser Aufgabe zu befassen. Das interessanteste der deutschen Angebote machte mir Willy Droemer. Er war bereit, für die deutschsprachigen Rechte mir eine hohe Summe zu zahlen. «Time Books», der Buchverlag der «New York Times», bot für die Weltrechte, die deutschsprachigen Länder ausgenommen, das Doppelte. Beide Verleger waren zu einer deutsch-amerikanischen CoProduktion bereit. Schon seit Jahren hatte mir «Time Books» Vorschläge unterbreitet und in München und New York mit mir verhandelt. Bei meiner Scheu vor dieser Arbeit habe ich die Entscheidung immer wieder hinausgezögert. Nach einer längeren Unterredung mit dem Chef der «New York Times», Mr. Sulzberger, verlor ich diese Angst. Zuerst wollte ich nicht glauben, daß dieser so einflußreiche Mann mich empfangen würde. Er war ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte, ein älterer, sehr liebenswürdiger Herr, der keine mich aufregenden Fragen stellte, sondern sich in fast familiärem Ton mit mir unterhielt. In keinem Augenblick verspürte ich etwas von der Macht, über die er verfügte. Frei und unbefangen konnte ich mit ihm sprechen. Diese Unterredung hat entscheidend dazu beigetragen, meinen Widerstand gegen die Memoiren aufzugeben. Und es war nicht nur Mr. Sulzberger, sondern auch andere einflußreiche Amerikaner, mit denen ich zusammenkam und die mich weder angriffen noch beleidigten, sondern ermunterten zu schreiben.
Kämen diese Verträge wirklich zustande, war der Gedanke, meine Schulden loszuwerden, den Nuba-Film selbst finanzieren zu können und bis ans Lebensende keine Geldsorgen mehr zu haben, schwindelerregend.
Noch war es nicht soweit. Es ging um die Person des Ghostwriters. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich nicht daran gedacht, selbst zu schreiben, ich wollte es mir nicht zutrauen. Daß nichts ohne mein Einverständnis veröffentlicht werden würde, war selbstverständlich. Ich sollte mein Leben nur erzählen.
Während meine Verleger auf der Suche nach einem geeigneten Schriftsteller waren, flog ich nach Tokio. Ich war zur Eröffnung einer ungewöhnlichen Ausstellung meiner Nuba-Fotos im «SeibuMuseum» eingeladen. Diese zweite Reise vertiefte meine Eindrükke von Japan. Initiator dieser Ausstellung war Eiko Ishioka, eine prominente Künstlerin, Graphikerin und preisgekrönter Art-Director von Filmen und Kunstausstellungen, nicht nur in Japan, sondern auch in Amerika. Dort war sie durch meine Nuba-Bücher auf mich aufmerksam geworden, besuchte mich dann in München und wählte drei Tage lang sehr sorgfältig über hundert Bildmotive für die geplante Ausstellung aus. Die Präsentation der Ausstellung war überwältigend. Bei allem Respekt, den ich vor den Japanern immer hatte, hier war ihnen technisch ein
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