Memoiren 1945 - 1987
er habe eine Nachricht aus Paris erhalten, wonach die Franzosen mein Filmmaterial freigegeben hätten, aber es nur an die österreichische Regierung ausliefern würden, unter der Bedingung, daß das Material mir nicht zurückgegeben werden darf. Das war entsetzlich und das Gegenteil dessen, was Monsieur Langlois mir mitgeteilt hatte. Das mußte ich unbedingt verhindern. Käme mein Material nach Österreich, dann würde es dort auf unbestimmte Jahre beschlagnahmt bleiben. Nur Professor Gramazio konnte mir noch helfen. Ich flog nach Rom. Es war ein Überfall, aber er hatte Erfolg. Als ich meinem Geschäftspartner bittend gegenüberstand und ihn anflehte, nach Paris zu fahren, gab er sich lachend geschlagen. «Aber Sie müssen mich begleiten», sagte er.
«Ohne Visum geht das nicht.»
«Kein Problem, als österreichischer Generalkonsul habe ich so gute Beziehungen, daß ich Ihnen das Visum in Rom besorgen kann.» Bereits am Nachmittag waren wir unterwegs nach Paris. Zum Glück war mein Paß auf den Namen Helene Jacob ausgestellt; so konnte ich in Paris unerkannt der Presse entgehen.
Unser erster Weg führte uns zur «Cinémathèque». Herr Langlois befand sich leider in der Schweiz. Seine Mitarbeiterin, Madame Meerson, bestätigte aber, daß das Material aller meiner Filme in Kisten verpackt sich bei ihnen befinden würde und nur noch abgeholt werden müßte. Die Vollmacht, uns das Material auszuhändigen, konnte nur das französische Außenministerium geben, das aber bisher die Übergabe an mich verhindert hatte.
Gramazio lud die maßgebenden Herren des Außenministeriums und Madame Meerson als Vertreterin von Langlois am nächsten Tag zu einem Abendessen ein. Er scheute keine Kosten. Im «Maxim» hatte er eine Festtafel herrichten lassen, und in einer entspannten und privaten Atmosphäre lernte ich wichtige Herren des Außenministeriums und der österreichischen Botschaft kennen. Aber noch war der Erfolg nicht greifbar. Es wurde uns allerdings eine abermalige Prüfung zugesagt. Immerhin hatten wir vorläufig die Auslieferung des Materials nach Österreich verhindern können.
Deutsch-italienische Co-Produktion
I n Thiersee beendete ich den Bildschnitt und gründete in München die «Iris-Film», eine Schwesterfirma der römischen Gesellschaft. In deutsch-italienischer Co-Produktion sollten nach Fertigstellung der neuen Fassung vom «Blauen Licht» die Aufnahmen der «Roten Teufel» beginnen. In Italien waren die «Minerva» und die «LuxFilm» an diesem Projekt interessiert, in Deutschland die «National». Sie war bereit, sich mit 750 000 Mark zu beteiligen, und ich konnte mir ihr einen Optionsvertrag abschließen. Es sah hoffnungsvoll aus.
Große Hilfe hatte ich an Dr. Schwerin, dem Mann von Grete
Weiser, dem früheren Syndicus meiner Firma. Er beriet mich in allen die Filmbranche betreffenden Fragen. Kaum war bekannt geworden, daß ich wieder arbeitete, meldeten sich schon alle möglichen Leute, die Geld von mir haben wollten, auch solche, die vor zwanzig Jahren in irgendeiner Form am «Blauen Licht» mitgearbeitet hatten, unter ihnen auch mein damaliger Freund und Kameramann Hans Schneeberger.
Er nahm an, meine «Unterlagen» wären verlorengegangen, und drohte mir mit dem Anwalt, falls ich nicht sofort 1500 DM zahlen würde für angeblich noch ausstehendes Honorar. Er hatte Pech. In den Akten lag auch die von Schneeberger unterschriebene Originalquittung über den zum zweiten Mal geforderten Betrag. Seitdem habe ich von Hans Schneeberger nie wieder etwas gehört.
Die nächste Überraschung: Auch Sokal erhob Forderungen. Obgleich er noch immer nicht mit mir über seine Einnahmen aus dem Film abgerechnet, das Originalnegativ entführt und verkauft hatte, verlangte er von meiner neuen Version 50 Prozent des Gewinns. Er beauftragte den damals in München erfolgreichsten Anwalt Otto Joseph mit der Vertretung seiner unberechtigten Forderungen. Einen Prozeß gegen Joseph und Sokal zu gewinnen, hielt ich für aussichtslos. Ich erklärte mich deshalb bereit, an Sokal 30 Prozent des Gewinns abzutreten. Aber das genügte Herrn Sokal nicht. Er drohte mit einer Einstweiligen Verfügung gegen die Aufführung des neuen «Blauen Lichts». Das war aber nicht nur mir, sondern auch Dr. Schwerin zuviel. Der sonst immer sehr ruhige und besonnene Mann war so erregt, daß er mit der Faust auf den Tisch schlug und ohne sich zu verabschieden mit mir die Anwaltskanzlei Joseph verließ. Es war
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