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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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baldigen Termin bitten, damit bei der Verhandlung auch die Geschehnisse in Konskie aufgeklärt wurden. Umgehend erhielt ich einen Termin.

    Entnazifizierung in Berlin

    D r. Levinsohn, Vorsitzender der Berliner Spruchkammer, bestätigte am 21. April 1952 nach der Beweisaufnahme, daß die Beschuldigungen der «Revue» in vollem Umfange widerlegt werden konnten. In der Begründung heißt es: «Die Spruchkammer sieht daher als einwandfrei erwiesen an, daß durch die vorliegenden Bilder Frau Riefenstahl nicht belastet ist.» Nach achtstündiger Verhandlung verkündete der Vorsitzende, die Entscheidung der Spruchkammer Freiburg vom 16.12. 1949 sei auch für Berlin rechtsgültig, d. h. ich war wieder «Vom Gesetz nicht betroffen».
      Die Berliner Spruchkammer hatte sich sehr sorgfältig vorbereitet. So erfuhr ich, daß Dr. Levinsohn und die Beisitzer Herr Schubert und Herr Will sich am Tage vor der Verhandlung den «Triumph des
Willens» angesehen und einen mir unbekannten Zeugen aus der Ostzone geladen hatten. Er hieß Max Striese, kam aus Leipzig und hatte als Soldat in Polen die Vorfälle in Konskie miterlebt. Seine Aussagen deckten sich mit den eidesstattlichen Erklärungen meiner Zeugen.
      Als ich mich von Dr. Levinsohn verabschiedete, sagte er: «Wenn Sie Rat und Hilfe brauchen, wenden Sie sich an mich. Ich hatte viel in meinem Beruf mit Verleumdungen zu tun, aber noch nie habe ich so viele Fälschungen und Lügenberichte in Händen gehabt, wie in Ihrem Fall. Ich stehe Ihnen auch als Zeuge in einem Prozeß gegen Herrn Kindler in München zur Verfügung.» Er sagte mir auch, daß das jetzt in der «Revue» erschienene Material und weiteres «Belastungsmaterial» der Spruchkammer schon vor eineinhalb Jahren von der «Revue» zugeleitet wurde, Herr Kindler aber mit der Veröffentlichung bis zu meinem neuen Start warten wollte.
      Auch der Begleitoffizier des Generaloberst von Reichenau, Heinz Schröter, teilte mir in einem Brief folgendes mit: «Ich bestätige Ihnen, daß ich einen Tag vor Erscheinen der in Frage kommenden ‹Revue›-Nummer Herrn Kindler, der von uns Informationen über Konskie haben wollte, in Gegenwart seines Mitarbeiters die Geschehnisse in Polen so erzählte, wie sie Ihnen und auch mir bekannt sind, und wörtlich erklärte: Es tut mir leid, wenn ich Ihnen nicht mit einer Sensation aufwarten kann, aber Frau Riefenstahl hat mit den ganzen Vorkommnissen nicht das Geringste zu tun, hoffentlich treten Sie nicht in ein Fettnäpfchen, es war in Wirklichkeit ganz anders ...» Auch diesen Brief besitze ich noch.

    Der zweite «Revue»-Prozeß

    E rmutigt durch den Erfolg in Berlin, versuchte ich Herrn Kindler zu bewegen, in der «Revue» eine Gegendarstellung zu bringen. Es war mein zweiter Versuch, einen Prozeß mit der Zeitschrift zu vermeiden. Ich hatte seinem Anwalt, Herrn Dr. Staubitzer, die aufklärenden Dokumente zur Verfügung gestellt und um Vermittlung gebeten. Obwohl Herr Kindler sich nun überzeugen konnte, daß er im Unrecht war, lehnte er jede Verständigung ab.
      Darauf reichte mein Anwalt Dr. Gritschneder am 8. Mai 1952 beim Amtsgericht München Klage wegen Beleidigung, Verleum dung und übler Nachrede gegen die «Revue» ein. Aber auch nach Einreichung der Klage bemühte sich mein Anwalt intensiv, durch eine Gegendarstellung der «Revue» einen Prozeß noch zu verhindern.
      Aber Herr Kindler zog es vor, weiteres «Belastungsmaterial» ausfindig zu machen. Von früheren Mitarbeitern des Blattes und auch von anderen mir unbekannten Leuten erfuhr ich, daß Vertreter der «Revue» bei ihnen versucht hatten, Auskünfte über mich einzuholen. Durch alle möglichen Ausflüchte des Anwalts von Herrn Kindler wurde die gerichtliche Entscheidung immer wieder verzögert, zuerst um Wochen, später um Monate.

  Meine Situation wurde immer unerträglicher — nicht nur finanziell. Wir lebten jetzt zu dritt, tagsüber sogar zu viert, in der Tengstraße in einem Zimmer, nicht größer als 16 Quadratmeter. Auf dem Sofa schlief meine Mutter, während Hanni und ich unser Nachtlager auf dem Fußboden ausbreiteten. Tagsüber kam mein früherer Mann, der seine Stellung in Villingen aufgegeben hatte, um mich zu unterstützen. Er erledigte mit mir die geschäftliche Korrespondenz, während meine Mutter in demselben Raum unsere Mahlzeiten kochte.
      In diesen trostlosen Tagen gab es einen kleinen Lichtblick. Joe Eggenhofer, ein guter Freund aus Amerika, der uns viele CarePakete geschickt hatte,

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