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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Afrika zu reisen. Ich verkaufte einiges, ein Bild von Bollschweiler, ein Pferdekopf, an dem ich sehr hing, eine alte Bauerntruhe und eine Meissner Porzellanuhr, Gegenstände meines beschlagnahmten Mobiliars, das mir die Österreicher inzwischen zurückgegeben hatten.
      Brieflich hatte ich mit einer Jagd-Gesellschaft in Nairobi Kontakt aufgenommen, der «Lawrence-Brown-Safari», die für die Hollywoodfilme «Schnee am Kilimandscharo» und «König Salomons Diamanten» die gefährlichen Tierszenen arrangiert hatte.
      Im April 1956 stand ich bei naßkaltem und unfreundlichem Wetter auf dem Flughafen Riem und nahm Abschied von meiner Mutter und meinen Freunden. Glücklicherweise hatte meine Mutter, diese wunderbare Frau, Verständnis auch für diese abenteuerliche Reise.
      Als eine Flugzeugverspätung gemeldet wurde, schrieb ich, was ich noch nie zuvor getan hatte, ein kurzes Testament. War es eine Vorahnung? Es begann zu schneien, und ich war froh, in die Maschine einzusteigen.
      Während des langen Flugs lief mein bisheriges Leben wie ein Film an meinen Augen vorüber. Ich war aufgewühlt und konnte keinen Schlaf finden. Die Nacht schien ohne Ende.
      Ein älterer Herr, der neben mir saß, fragte mich: «Verzeihen Sie, sind Sie nicht Leni Riefenstahl?»
      Erschrocken, daß man mich erkannt hatte, und unangenehm berührt, aus meinen Träumen herausgerissen zu sein, sah ich in ein mir unbekanntes Gesicht. Noch bevor ich geantwortet hatte, sagte der Mann: «Sie sind es bestimmt, ich kenne Sie aus Ihren Filmen.»
      Ich wußte nicht, wie ich mich verhalten sollte.
      «Ich heiße Hirsch und lebe in Tel Aviv.»
      Als ich zusammenzuckte, sagte er: «Nicht alle Juden verurteilen die Deutschen. Ich weiß, daß Sie viel mitgemacht haben, ich will Sie nicht quälen, aber verstehen Sie, wenn ich schon einmal Gelegenheit habe, mit jemandem zu sprechen, der Hitler persönlich kannte, dann möchte ich gern erfahren, wie Hitler wirklich war.»
      Um mein Herz legte sich eine Klammer, und ich begann zu schluchzen.
      «Bitte, verzeihen Sie», sagte ich, «ich kann nicht darüber sprechen.»
      «Dann erzählen Sie mir von Ihren Filmen, und verzeihen Sie mir.»
      Bevor Herr Hirsch in Kairo ausstieg, gab er mir seine Visitenkarte. Er verabschiedete sich aufs freundlichste. Mir war bewußt, daß dies eine Ausnahme war, und ich verstand jene, die nicht verzeihen konnten.
      Beim Abflug von Kairo waren nur noch wenige Passagiere in der Maschine. Ich verfiel in einen Dämmerschlaf. Als ich die Augen öffnete, sah ich durch die dunklen Fensterscheiben das erste Morgenlicht — ein zauberhafter Farbschleier. Nur in Grönland hatte ich Farben in dieser Intensität gesehen: Gelb und Grün, zartes Blau und leuchtendes Orange bis zum glühenden Rot. Dazu flimmerten die Sterne und darüber hing, wie aus Silber gestanzt, die Sichel des südlichen Mondes. Eine Sinfonie von Licht — klar und transparent, in Farben wie von Paul Klee.
      Mein erster Morgen in Afrika. Als die Sonne aufging, landeten wir in Khartum. Ich spürte noch die feuchte Kälte des grauen Aprils in meinem Körper, und beim Verlassen des Flugzeugs hatte ich das Gefühl, in ein Bad von Wärme zu tauchen. Die Sonne stand, vergrößert durch den Dunst und feinen Sandstaub, riesenhaft über dem Flugfeld. Ich war wie betäubt.
      Die Welt, in der ich bis dahin gelebt hatte, waren die Berge, das Eis von Grönland, die Seen der Mark Brandenburg, die Weltstadt Berlin gewesen. Hier begann, ich fühlte es sofort, etwas völlig anderes — ein neues Leben.
      Im Gegenlicht sah ich schwarze Gestalten in hellen Gewändern auf mich zukommen — sie schienen in dem vibrierenden Licht der Sonne zu schweben, losgelöst von der Erde wie in einer Fata Morgana. Afrika hatte mich umarmt — für immer. Es hatte mich hineingesogen in eine Vision von Fremdheit und Freiheit und wirkte in mir wie eine Droge, deren betäubende Wirkung bis heute nicht nachgelassen hat, obwohl ich mit der Zeit die Schattenseiten und die fast unlösbar erscheinenden Probleme Afrikas kennengelernt habe.
      Mittags landete die Maschine in Nairobi. Nun wurde mir erst so recht das Abenteuerliche meiner Reise bewußt. Außer ein paar Hoteladressen, die mir Herr v. Nagy geschickt hatte, und einigen Prospekten besaß ich keinerlei Informationen. Als ich in Nairobi aus der Maschine stieg, war ich betroffen, fast enttäuscht.
      Soweit ich schauen konnte, nur dürre Grasflächen und hier

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