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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Ketten aneinandergefesselt und wie eine Herde Vieh von den Menschenräubern fortgetrieben. Wer aus Erschöpfung nicht weiterkann, wird gnadenlos erschossen. Das Zentrum des Sklavenhandels befindet sich im Tibestigebirge, dem unwegsamen Bergland an der Grenze zwischen FranzösischÄquatorial-Afrika und Libyen. Hier treffen die Karawanen der Sklavenhändler mit dem ‹Schwarzen Elfenbein› ein, aus dem Tschadgebiet, aus Mittelmarokko, Uganda und aus dem Sudan. Die Käufer, die Großhändler, sind fast nur Weiße. Viele von ihnen sollen Deserteure der Fremdenlegion sein. Auf geheimen Pisten wird die Menschenfracht dann in der Nacht zu Fuß oder mit Lastwagen an das Rote Meer gebracht, wo sie von verschwiegenen Meeresbuchten auf arabischen Daus nach Arabien gebracht wird.»
      Ein unglaublich erschütternder Bericht. Aber war es denkbar, daß heute noch solche Grausamkeiten geschehen konnten? Um die Wahrheit zu erfahren, schrieb ich an die «Anti-Slavery-Society» in London und bat um Informationen. Das Material, das ich bekam, bestätigte den Bericht des belgischen Missionars und enthielt außerdem weitere wichtige Angaben. So erfuhr ich, daß die Sklaverei auch in Äthiopien betrieben werde, obgleich sie gesetzlich abgeschafft worden war und Sklavenhandel als Kapitalverbrechen galt. Viele der Schwarzen, die den Sklavenhändlern in die Hände fielen, befanden sich auf einer Pilgerfahrt nach Mekka, was ihnen beim Anheuern versprochen wurde. Zu spät erkannten sie ihr grausames Schicksal. Am schlimmsten erging es ihnen während der Fahrt über das Rote Meer. Dort lagen sie im Schiffsbauch der arabischen Daus zusammengepfercht unter Mangrovenhölzern, an Händen und Füßen gefesselt, mit Steinen beschwert, damit sie, wenn sie durch die Schiffsluken ins Meer geworfen wurden, schnell versanken. Dies geschah regelmäßig, wenn die Daus von englischen Polizeibooten verfolgt und gestoppt wurden.
      «Noch nie», so hatte mir später ein englischer Polizeioffizier gesagt, «ist es uns gelungen, ein einziges arabisches Boot zu überführen. Sowie wir die Dau betreten, werden die Luken geöffnet — wir kommen immer zu spät.»
      Als mir Mr. T. Fox-Pitt, der Commander der «Anti-SlaverySociety», jede Unterstützung zusagte und schrieb: «Unsere Verbindung mit Ihnen würde dem Film den Stempel der Echtheit aufdrücken, wir könnten zusammenarbeiten, um einen Dokumentarfilm von großem Wert herzustellen», war ich bereit, noch einmal — und wie ich mir schwor — zum allerletzten Mal den Versuch zu machen, ein Filmvorhaben zu realisieren.

    «Schwarze Fracht»

    D as Wichtigste war das Manuskript. Mit meinem Freund Helge Pawlinin, der von diesem Thema ebenfalls fasziniert war, schrieb ich in kurzer Zeit ein recht gutes Treatment mit dem Titel «Schwarze Trommeln».
      In München lernte ich Dr. Andreas von Nagy kennen, einen Zoologen aus dem Jagdinstitut Göttingen, der von dem naturwissenschaftlichen Museum in Bonn den Auftrag für eine wissenschaftliche Arbeit in Afrika erhalten hatte. Er war bereit, mir neben seiner Tätigkeit als Berater in Afrika zur Verfügung zu stehen. Durch ihn lernte ich den Schriftsteller und Großwildjäger Hans Otto Meissner kennen, der mir den Andruck seines Jugendbuches «Hassans schwarze Fracht» schickte. Es enthielt so spannende Elemente, daß es auch mit ihm zu einer Zusammenarbeit kam. Daraus entstand dann das Exposé «Die schwarze Fracht».
      Nun mußte ich mich wieder auf den leidvollen Weg, Geld für diesen Film aufzutreiben, begeben. Ich sandte an alle mir bekannten Filmfirmen das Manuskript, die Kalkulation und die Unterlagen der «Anti-Slavery-Society».
      Unabhängig von einer befriedigenden Entscheidung, stellte ich schon eine Idealliste der Expeditionsteilnehmer zusammen. Ich dachte an einen kleinen Stab von nur sechs Personen, um möglichst früh die Visa-Anträge für Kenia, Tanganjika und Uganda einzureichen, deren Bearbeitung damals zwei Monate dauerte. Dieses Risiko mußte ich eingehen. Ohne diese Vorbereitungen hätten wir wegen der klimatischen Verhältnisse das Projekt im kommenden Jahr nicht mehr verwirklichen können.
      Es sah alles recht gut aus. Eine große Hilfe war wieder einmal Dr. Arnolds Zusage, uns die gesamte technische Ausrüstung, Kameras, Cinemascope-Optiken und Scheinwerfer ohne sofortige Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Auch das Farbfilmmaterial und die Arbeiten im Kopierwerk erhielten wir von anderen Firmen zu den gleichen

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