Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
Ladendiebe - oder zum Beispiel auch Ihr Kind, das gerne einen Keks aus der Dose stibitzen möchte - setzen alles daran, ihre Umgebung zu täuschen, indem sie versuchen, in Deckung zu gehen - auch wenn weit und breit keine Deckung vorhanden ist. Eine alternative Methode, sich »auf freiem Feld« zu verstecken, ist, den Kopf möglichst weit einzuziehen. Beim sogenannten Schildkröteneffekt hebt man die Schultern und senkt den Kopf. Denken Sie nur an eine Fußballmannschaft, die nach einer Niederlage betreten das Spielfeld verlässt, und Sie wissen, was ich meine (siehe Abbildung 4).
Interessanter- und zugleich traurigerweise zeigen auch missbrauchte Kinder derartige Verhaltensweisen. In Anwesenheit eines gewalttätigen Elternteils oder Erwachsenen halten sie ihre Arme oft unbewegt an den Seiten
Abbildung 4: Den Schildkröteneffekt (die Schultern werden in Richtung Ohren gezogen) sieht man oft bei Menschen, die sich klein fühlen oder plötzlich ihren Mut verlieren.
und vermeiden jeden Augenkontakt, als ob sie dadurch unsichtbar würden. In gewisser Weise verstecken auch sie sich, nur handelt es sich für diese wehrlosen Kinder dabei tatsächlich um eine Überlebensstrategie.
Die Flucht
Indem wir erstarren, versuchen wir instinktiv, gefährlichen Menschen/Tieren oder einer gefährlichen Situation zu entgehen. So verschafft sich das bedrohte Individuum beziehungsweise die gefährdete Gemeinschaft die nötige Zeit, die Situation einzuschätzen und weitere Handlungen einzuleiten. Wenn die Schockstarre ungeeignet ist, um der Gefahr zu entkommen, oder
sie aus anderen Gründen nicht die beste Handlungsoption darstellt (etwa weil die Bedrohung schon zu nah ist), gibt es eine zweite Möglichkeit: die Beine in die Hand zu nehmen und die Flucht zu ergreifen. Schnell weg - je weiter, umso besser. Sich aus dem Staub machen ist seit Tausenden von Jahren eine in unserem limbischen System verankerte, wichtige Überlebensstrategie, die grundsätzlich immer dann hilfreich ist, wenn wir eine reelle Chance haben, davonzukommen.
In unserer heutigen Welt leben wir aber überwiegend in Städten und nicht in der Wildnis, daher ist es schwer, vor Bedrohungen davonzulaufen, und wir haben uns dementsprechend an unsere modernen Bedürfnisse angepasst. Die resultierenden Verhaltensweisen sind nicht ganz so offensichtlich, dienen aber demselben Zweck - nämlich sich der physischen Anwesenheit unliebsamer Personen oder Dinge zu entziehen oder zumindest räumlich Abstand zu gewinnen.
Wenn Sie an verschiedene Situationen in Ihrem Leben zurückdenken, werden Sie sich möglicherweise an ausweichendes Verhalten erinnern, mit dem Sie selbst versucht haben, der unerwünschten Aufmerksamkeit anderer zu entgehen. Als Kind haben wir uns vielleicht bei Tisch angewidert vom Spinat abgewendet und waren sprungbreit, um bei der nächstbesten Gelegenheit auszubüchsen. Als Erwachsener zeigen wir jemandem die kalte Schulter, den wir nicht mögen, oder vermeiden Gespräche, die uns bedrohlich erscheinen. Abwehrgesten können unter anderem ein abgewendeter Blick, Augenreiben oder vors Gesicht gehaltene Hände sein.
Man kann sich aber auch von jemandem distanzieren und abgrenzen, indem man sich weglehnt, Dinge auf seinen Schoß legt (eine Geldbörse vielleicht) oder die Füße so positioniert, dass sie zum nächstgelegenen Ausgang zeigen. All diese Verhaltensweisen steuert das limbische Gehirn. Sie deuten an, dass man auf
Distanz geht, entweder zu einer oder mehreren Personen, die man als unangenehm empfindet, oder zu einer (scheinbaren) Bedrohung, die man in der näheren Umgebung wahrnimmt. Auch diese Verhaltensweisen sind uns angeboren, weil wir Menschen uns schon seit Millionen von Jahren auf ähnliche Art und Weise von Dingen zurückgezogen haben, die wir nicht mochten oder die potenziell bedrohlich waren. Und noch heute verlassen wir ein langweiliges Fest so schnell wie möglich, distanzieren uns von schädlichen Beziehungen oder wenden uns von jenen Menschen ab, die wir nicht leiden können oder deren Meinung wir nicht teilen (siehe Abbildung 5).
So wie wir im Privaten möglicherweise versuchen, einem unangenehmen Gesprächspartner zu entkommen, kann sich auch ein Geschäftsmann von einem potenziellen Vertragspartner wegdrehen, wenn ihm ein unattraktives Angebot unterbreitet wird oder er sich im Lauf der Verhandlungen in die Enge gedrängt fühlt. Abwehrgesten gibt es sehr vielfältige. Der Geschäftsmann reibt sich vielleicht die Augen, schließt
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