Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
jemand uns körperlichen Schaden zufügen will. So können wir Handgreiflichkeiten rechtzeitig aus dem Weg gehen.
Was Körpersprache über unser Wohlbefinden verrät
Es ist die »oberste Direktive« - wie es in Raumschiff Enterprise so schön heißt - und Aufgabe des limbischen Systems, das Überleben des Menschen als Spezies sicherzustellen. Deshalb sind wir darauf programmiert, Gefahr oder Unbehagen zu vermeiden und nach Sicherheit und Behagen zu streben. Wir können uns in diesem Zusammenhang an frühere Erfahrungen erinnern und darauf aufbauen (siehe Kasten 9) und wie gesehen hilft uns das limbische System wirkungsvoll dabei, mit Bedrohungen fertigzuwerden. Als Nächstes werden wir uns nun damit befassen, wie Körper und Geist zusammenwirken, um uns ein Gefühl des Behagens und der persönlichen Sicherheit zu vermitteln.
Wenn wir uns wohlfühlen, signalisiert das limbische Gehirn diese Information in Form von Körpersprache nach außen. Beobachten Sie einmal jemanden, der an einem sonnigen Tag in der Hängematte liegt. Sein gesamter Körper strahlt Wohlbefinden aus. In einer eindeutigen Stresssituation hingegen löst das limbische Gehirn ein nonverbales Verhalten aus, das unsere negative Verfassung, unser Unbehagen deutlich widerspiegelt. Beobachten Sie einmal Menschen am Flughafen, deren Flug verschoben oder gestrichen wurde. Ihre Körper sprechen Bände. Es lohnt sich also, jene alltäglichen Verhaltensweisen, die Behagen oder Unbehagen zum Ausdruck bringen, etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir können sie nutzen, um die Gefühle, Gedanken und Absichten anderer Menschen besser einzuschätzen.
Grundsätzlich gilt: Wenn es Ihnen geistig und körperlich gut geht, strahlen Sie auch nonverbal Zufriedenheit und großes Selbstvertrauen aus. Bei Unbehagen drückt sich das in einer Körpersprache aus, die Stress oder geringes Selbstvertrauen signalisiert. Das Wissen um diese »Verhaltensmarker« oder Tells wird Ihnen dabei helfen, zu erkennen, was jemand denkt, und Sie werden auch ein besseres Gefühl für die verschiedensten gesellschaftlichen und beruflichen Situationen bekommen, in denen Sie mit anderen Menschen zu tun haben und in denen Sie früher niemals wussten, wie Sie sich verhalten beziehungsweise was Sie erwarten sollten.
Kasten 9
EIN GEHIRN, DAS NICHTS VERGISST
Das limbische Gehirn ist wie ein Computer, der Daten aus der Außenwelt empfängt und abspeichert. Dabei führt es nicht nur eine Liste negativer Ereignisse und Erfahrungen (ein an der Herdplatte verbrannter Finger, einen Angriff durch Mensch oder Tier, verletzende Kommentare), sondern speichert auch angenehme Erlebnisse. Auf der Basis dieser Informationen ermöglicht uns das limbische Gehirn, in einer gefährlichen und oftmals erbarmungslosen Welt zu bestehen (Goleman, 1995, 10-21). Wenn das limbische System beispielsweise ein Tier als gefährlich einstuft, wird dieser Eindruck in unserem emotionalen Gedächtnis verankert, damit wir das nächste Mal, wenn wir dieses Tier sehen, sofort reagieren können. Analog dazu ist das limbische Gehirn auch dafür verantwortlich, dass vormals empfundene negative Gefühle unversehens wieder an die Oberfläche drängen - etwa wenn wir nach 20 Jahren wieder auf den »Klassenrowdy« von einst treffen.
Eine erlittene Kränkung zu vergessen fällt oft deshalb so schwer, weil sich diese Erfahrung im entwicklungsgeschichtlich älteren limbischen System eingebrannt hat - jenem Teil des Gehirns, der darauf ausgerichtet ist, instinktiv zu reagieren, statt rational zu argumentieren (Goleman, 1995, 207). Mir ist neulich jemand begegnet, mit dem ich mich noch nie besonders gut verstanden habe. Ich hatte diese Person seit vier Jahren nicht gesehen, aber dennoch waren meine negativen Gefühle sofort wieder genauso präsent wie bei unserem letzten Zusammentreffen. Mein Gehirn erinnerte mich daran, dass diese Person dazu neigt, andere auszunutzen, also mahnte es mich zur Vorsicht. Gavin de Becker hat dieses Phänomen sehr gut in seinem lehrreichen Buch Mut zur Angst beschrieben.
Umgekehrt arbeitet das limbische System ebenfalls an der Erstellung einer Liste positiver Erlebnisse und Erfahrungen (zum Beispiel die Befriedigung elementarer Bedürfnisse, Lob und angenehme zwischenmenschliche Beziehungen). Ein freundliches oder vertrautes Gesicht wird daher eine sofortige Reaktion bewirken - ein Gefühl von Befriedigung und Wohlbefinden. Die euphorischen Gefühle, die uns überkommen, wenn wir einem alten Freund begegnen
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