Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
gestanden haben, kann man sich ziemlich sicher sein, dass die betreffende Person zunehmend unzufrieden wird. Diese dominante Geste kommuniziert sehr deutlich: »Irgendetwas stimmt nicht und ich bin bereit, mich dem Problem zu stellen.« Schnell wird deutlich, dass sein Temperament mit dem Betreffenden durchzugehen droht, und Sie sollten sich auf Ärger gefasst machen.
Weil ein breitbeiniger Stand schnell auf Aggressionen schließen lässt, rate ich Führungskräften wie auch Justizbeamten immer wieder dazu, ein solches Territorialverhalten möglichst zu vermeiden, um Konfrontationen nicht unnötig anzuheizen. Wenn man sich also dabei ertappt, dass man sich in einem hitzigen Wortgefecht breitbeinig vor seinem Gegenüber aufbaut, dann sollte man schnell die Beine wieder zusammenbringen, um die Situation zu entschärfen. Vor einigen Jahren erzählte mir einmal eine Frau in einem meiner Seminare, wie ihr Ex-Mann sie bei Streitigkeiten früher einzuschüchtern pflegte, indem er sich ihr in den Weg stellte und ihr breitbeinig den Ausgang versperrte. Ein durchaus ernst zu nehmendes Verhalten, das man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte.
Diese Drohgebärde ist meist nicht zu übersehen, wirkt aber auch unbewusst - sie kann genutzt werden, um Macht auszuüben, andere einzuschüchtern und zu bedrohen. Gewaltverbrecher und andere Kriminelle setzen dieses Verhalten oft in Verbindung mit einem starren Blick ein, um Kontrolle über andere zu erlangen. Ein Gefängnisinsasse wies mich einmal darauf hin: »Hier drin geht es nur um deine Haltung, wie du stehst und wie du wirkst. Man darf niemals schwach erscheinen, nicht einen Augenblick lang.« In der Gefängnis- wie auch in der kriminellen Unterwelt gilt: Man darf keine Schwäche signalisieren.
Es gibt natürlich auch Situationen, in denen es durchaus vorteilhaft ist, breitbeinig zu stehen - vor allem wenn man Autorität beweisen und Kontrolle über andere gewinnen will. Ich habe schon mehrfach Vollzugsbeamtinnen beigebracht, wie sie mit einem breiteren Stand eine aggressivere Haltung zum Ausdruck bringen können, wenn es im Dienst einmal zu schwierigen Situationen kommt. Es wird als unterwürfig wahrgenommen, wenn die Füße eng beieinander stehen - in brenzligen Situationen sendet man damit potenziellen Gegnern ein falsches Signal.
Mit einem breiten Stand vermitteln die Beamtinnen hingegen: »Hier habe ich das Sagen.« Es stärkt automatisch die Autorität und man kann sich besser gegenüber Zeitgenossen behaupten, die auf Ärger aus sind. Dieselbe Methode wirkt übrigens auch sehr gut beim renitenten halbwüchsigen Nachwuchs im eigenen Haushalt.
Der territoriale Imperativ
Im Zusammenhang mit dem Territorialverhalten und dominanten Gesten sollte man unbedingt auf Edward Hall eingehen, der in den I960er-Jahren die Vereinnahmung des Raums von Mensch und Tier erforscht hat. Indem er untersuchte, was er den territorialen Imperativ nannte, erforschte er systematisch unsere Raumbedürfnisse, ein neues Fachgebiet, das er als Proxemik bezeichnete (Hall, 1969). Hall fand heraus, dass wir umso mehr Raum beanspruchen, je höher wir uns in einer sozialen, materiellen oder hierarchischen Rangfolge befinden. Ebenfalls auf Hall geht die Erkenntnis zurück, dass Menschen, die durch ihre täglichen Aktivitäten mehr Raum (Territorium) einzunehmen gewohnt sind, im Allgemeinen selbstsicherer wie auch selbstbewusster sind und demzufolge einen höheren Status genießen. Dieses Phänomen hat sich im Lauf der Menschheitsgeschichte so entwickelt und zeigt sich in den meisten Kulturen rund um den Globus. Als die spanischen Konquistadoren in Amerika eintrafen, stellten sie fest, dass die Stammesfürsten in der Neuen Welt dieselben territorialen Verhaltensweisen zeigten wie die Adligen an Königin Isabellas Hof; das heißt mit anderen Worten, dass die Herrschenden offenbar in jedem Land größeren Raum für sich in Anspruch nehmen und auch gewährt bekommen (Diaz, 1988).
Während Vorstandsvorsitzende, Präsidenten und Menschen mit hohem Status viel Raum beanspruchen können, ist das für den Rest von uns nicht ganz so einfach. Jeder von uns ist aber sehr darauf bedacht, seinen persönlichen Raum zu schützen, ganz gleich, wie groß er auch sein mag. Wir mögen es nicht, wenn uns aufdringliche Zeitgenossen auf den Leib rücken. Mit seiner Forschungsarbeit hat Edward Hall herausfinden können, dass jeder von uns ein Raumbedürfnis hat, das sowohl individuell als auch kulturell begründet ist -
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