Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
irgendetwas mit ihnen nicht stimme, obwohl sie eigens neue Uniformen bekommen hatten und ihre Stiefel auf Hochglanz poliert waren. Ich stimmte ihm zu, dass die Uniformen sehr professionell aussahen, wies ihn aber zugleich darauf hin, dass die Wachen ihre Daumen in den Taschen trugen, wodurch sie schwach und unbeteiligt wirkten. Zuerst schien der Manager nicht zu verstehen, worauf ich hinaus wollte, bis ich ihn dazu brachte, selbst einmal diese Haltung einzunehmen. Sofort sagte er: »Sie haben recht. Sie sehen aus wie kleine Kinder, die darauf warten, dass ihre Mutter ihnen sagt, was sie tun sollen.« Gleich am nächsten Tag wurde dem neuen Sicherheitspersonal beigebracht, eine autoritärere Haltung einzunehmen, ohne auf die Gäste einschüchternd zu wirken (indem sie die Hände hinter dem Rücken verschränkten und das Kinn oben hielten). Manchmal erzielen schon kleine Änderungen eine große Wirkung. In diesem Fall erweckten die versteckten Daumen stark den Eindruck von Unsicherheit, dabei sollte man vom Wachpersonal - gerade in Kolumbien - anderes erwarten. Versuchen Sie dieses Experiment einmal selbst. Stellen Sie sich mit den Daumen in den Hosentaschen vor Ihre Mitmenschen und erkundigen Sie sich, welchen Eindruck Sie erwecken. Sie werden sehen: Die Kommentare, die Sie ernten, werden die wenig schmeichelhafte, schwache Haltung bestätigen - wahrscheinlich werden Sie es auch selbst spüren, dass Sie so nicht besonders souverän erscheinen. Deshalb sieht man auch niemals einen Präsidentschaftskandidaten oder ein Staatsoberhaupt mit den Daumen in den Hosentaschen. Dieses Verhalten kommt bei selbstbewussten Menschen einfach nicht vor (siehe Abbildung 55).
Abbildung 55: In die Taschen gesteckte Daumen geben zu verstehen, dass man sich unsicher oder in der Situation unwohl fühlt, weshalb diese Geste vermieden werden sollte.
Eingerahmt: des Mannes bestes Stück
Männer haken manchmal unbewusst ihre Daumen in den Hosenbund oder in zwei Gürtelschlaufen und ziehen entweder ihre Hose hoch oder lassen die Daumen dort, während ihre herunterhängenden Finger ihre Genitalien quasi einrahmen (siehe Abbildung 56). Hierbei handelt es sich um ein gut sichtbares Dominanzverhalten. Es sagt im Grunde so viel wie: »Seht her, ich bin ein vor Potenz strotzendes Männchen!«
Kurz nachdem ich angefangen hatte, mein Buch zu schreiben, besprach ich dieses nonverbale Verhalten im Rahmen eines Kurses in der FBI-Zentrale in Quantico. Die Studenten amüsierten sich darüber und behaupteten, dass kein Mann, nicht einmal
unbewusst, seine Sexualität derart plump zur Schau stellen würde. Am nächsten Tag erzählte einer der Kursteilnehmer, dass er einen anderen Studenten in der Umkleide dabei beobachtet habe, wie dieser sich, vor dem Spiegel stehend, zurechtmachte, seine Sonnenbrille aufsetzte und für einen kurzen Augenblick genau diese Haltung einnahm, bevor er aus der Umkleide stolzierte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Kerl nicht wusste, was er da tat. Aber diese Geste ist tatsächlich häufiger zu sehen, als wir denken, und zwar nicht nur in Wildweststreifen!
Abbildung 56: Man sieht oft, wie junge Männer und Frauen während und nach der Pubertät die Hände so halten, dass diese den Genitalbereich quasi einrahmen. Es handelt sich hierbei um ein Dominanzverhalten.
Handgesten, die von geringem Selbstvertrauen oder Stress zeugen
Neben den »positiven« Gesten gibt es auf der anderen Seite Verhaltensweisen, die geringes Selbstvertrauen ausdrücken. Sie spiegeln nervöse Anspannung, Unsicherheit und Selbstzweifel wider und können ein Hinweis auf negative Gefühle sein, die durch eine unangenehme Situation oder auch durch Gedanken der jeweiligen Person ausgelöst werden.
Erstarrte Hände
Die Forschung sagt uns, dass Lügner in der Regel weniger Gesten, Berührungen und Bewegungen der Arme und Beine vollführen als jemand, der die Wahrheit sagt (Vrij, 2003, 65). Eine Reaktion, die das limbische System auslöst. Denn angesichts einer Bedrohung (in diesem Fall der Aufdeckung einer Lüge) bewegen wir uns weniger beziehungsweise erstarren gänzlich, um nicht aufzufallen. Während eines längeren Gesprächs erkennt man die Abweichung vom Normalverhalten besonders deutlich - macht die Person eine unwahre Aussage, wird sie ihre Arme erheblich weniger bewegen, als wenn sie nicht schwindelt. Weil solche Veränderungen hauptsächlich vom limbischen System gesteuert werden, geben sie sehr verlässlich Auskunft über
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