Menschen minus X
jemand eingriff – ein großer, breitschultriger Mann in elegantem grauem Straßenanzug. Sagen wollte dieser Mann nichts, er packte immer zwei und zwei der Angreifer beim Genick und stieß sie so kraftvoll beiseite, daß sie keinen Widerstand zu versuchen wagten.
Als Eddie sich mühsam aufgerafft hatte, wollte er sich bei seinem Retter bedanken und begann schweratmend zu stammeln: „Mister …“
Doch der Mann unterbrach ihn, indem er ihm leise lachend auf die Schulter klopfte und sagte: „Hallo, Eddie! Fein hast du dich herausgemacht, wie ich sehe! Bist jetzt siebzehn, nicht wahr?“
Eddie hörte die Stimme und sah das Gesicht, erstarrte und flüsterte kaum vernehmlich: „Sir, sind Sie – sind Sie etwa mein Vater?“
Der Mann nickte. „Ja, ich bin dein Vater, Junge! Aus dem gleichen Guß. Der gleiche Mann – weil du und deine Mutter und noch ein paar Menschen sich erinnerten, wie und was ich war. Ich hatte mich ja nicht registrieren lassen. Also habt ihr die Unterlagen für meine Wiedergeburt liefern müssen, nach den Erinnerungen an mich, die in euch lebten. Danke, Eddie!“
„Danke …?“ raunte Ed mit versagender Stimme, machte einen unsicheren Schritt vorwärts und breitete die Arme aus. Vater und Sohn hielten sich eng umschlungen. Ein Augenblick unfaßbarer Freude! Und unermeßlichen Triumphes: Der Tod war endgültig überwunden!
Ash Parker war nicht entflohen, sondern in einiger Entfernung stehengeblieben. Jetzt kam er vorsichtig wieder herbei und sagte in scheuem Ton: „Wirklich – Mister Dukas! Ich hab’s zuerst gar nicht glauben wollen. Dann – dann können ja meine Eltern vielleicht auch wiederkehren?“
„Deine Eltern werden wiederkehren, Ash“, versicherte Jack Dukas. „Ich bin der erste Gedächtnis-Mann, den man erschaffen hat. Von den damals Umgekommenen aber, die sich, wie immer wieder empfohlen worden war, hatten registrieren lassen, sind schon mehr als zweihunderttausend ins Leben zurückgekehrt, soviel ich weiß. Und viele, viele weitere Hunderttausende sind im Entstehen. Auf die eine oder die andere Art, nach den Registrierunterlagen oder nach den Erinnerungen Nahestehender, werden fast alle wiederkehren, aus Fleisch von der alten oder von der neuen Sorte.“
Verstohlen tastete Ed nach seines Vaters Hand. Wie es ihm vorkommen wollte, war sie aus Fleisch. Aber – sie konnte vielleicht auch aus etwas anderem sein! Er überwand sich zu der angstvollen Frage: „Aus welcher Sorte Fleisch bist du, Dad?“
Ernst blickte der Vater ihm in die Augen. „Ich bin“, sagte der Vater bedeutungsvoll, „aus der alten Sorte, Eddie. Ich nehme an, man hat mich infolge gewisser verwandtschaftlicher Beziehungen bevorzugt behandelt. Allerdings dauert es bei Fleisch von der alten Sorte wesentlich länger. Deshalb verwendet man meistens die neue Sorte. Wahrscheinlich leben schon Tausende von sogenannten Androiden unter uns, ohne als solche aufzufallen. Verlauten läßt man nichts darüber, es wird streng geheim behandelt. Diese synthetischen Menschen haben die gleichen Organe wie wir und sind äußerlich nicht von uns zu unterscheiden. Aber sie sind etwa ein Drittel schwerer und bedeutend kräftiger als wir. Außerdem ermüden sie nicht, offenbar wurde bei ihrer Entwicklung irgend etwas von der alten Idee berücksichtigt, wonach Roboter den Menschen in vielerlei Hinsicht ersetzen oder gar überflüssig machen könnten. Ein merkwürdiger gedanklicher Atavismus, der mir recht unüberlegt vorkommt. Aber ich will natürlich keine Kritik üben. Komm, Eddie, gehen wir hinein, um deine Mutter zu suchen.“
Der junge Ed fühlte sich glücklicher als je zuvor in seinem Leben. Für eine Weile fand er inneren Frieden und eine ungeahnte Ausgeglichenheit.
Les Payten war ihm der getreue Freund geblieben. Auch die Beziehung zu Barbara Day, die noch im Jugendzentrum auf dem Hügel wohnte, hatte die Jahre der Trennung überdauert. Oft trafen die drei zusammen. Ihre Kindheit lag hinter ihnen. Oft brachte Barbara grüblerische Gedanken zum Ausdruck. „Wir kennen uns so lange, Eddie, daß du nicht gekränkt sein wirst, wenn ich davon spreche“, sagte sie eines Tages. „Ich stelle mir manchmal vor, daß du doch darüber nachdenkst, ob dein Vater wirklich der gleiche Mann ist, der er war, oder ein vollendet gelungenes Duplikat. Zu welchem Ergebnis kommst du dabei?“
Ehe Ed antworten konnte, fuhr Les Payten auf, der ebenfalls anwesend war. „Was du gefragt hast, Babs“, rief er, „betrifft
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