Menschen minus X
ich dich doch gar nicht getroffen haben!“
Plötzlich sprang Les auf. Besonders kräftig war er noch nie gewesen. Aber der Mut der Verzweiflung hatte ihn gepackt. „Vater! Dafür bringe ich dich um, du Attrappe!“ schrie er und drang wie ein Besessener auf Lowman ein.
In diesem Augenblick wurde er, wenn auch unabsichtlich, für Ed zum wertvollen Verbündeten. Denn er sorgte nicht nur dafür, daß der Strahlenschutz der Rüstung ausgeschaltet blieb, sondern nahm darüber hinaus Lowmans Aufmerksamkeit voll in Anspruch.
Durch Rückstoßimpulse seiner Neutronenpistole schnellte Ed heran, landete auf Lowmans Schulter nahe dem Genick und benutzte nun die Pistole, um mit schwach eingestelltem Strahl ein winziges Loch in die schwere Rüstung zu brennen, unmittelbar unter dem Helmansatz. Nachdem sich die Dämpfe und die Hitze halbwegs verzogen hatten, zwängte er sich durch das Loch und war damit in Lowmans Privatatmosphäre im Innern des Helmes gelangt!
Für Ed blieb keine Zeit, einen Plan auszudenken. Er mußte handeln, wie es sich gerade fügen würde.
Lowmans Lungen, durch den Kampf in voller Tätigkeit, atmeten das Stäubchen tief ein. Mit seiner ganzen Ausrüstung auf den Schultern sauste Ed kopfüber abwärts durch eine feuchte, schwach rötliche Dämmerung. Als die Heftigkeit des Atemstroms nachließ, gelang es ihm, an einer zarten Gewebewand Halt zu finden und sich durch sie hindurchzuarbeiten.
Dahinter geriet er in eine kleine Arterie und wurde von pulsendem Blut weitergeschwemmt.
Für Ed kam es jetzt nur darauf an, an die richtige Stelle geschwemmt zu werden. Als er weiter schwer arbeitende Röhren und Kammern passierte, wußte er, daß er in Lowmans Herz war.
Dann fühlte er, daß es ihn wieder aufwärts pumpte. Ed erzwang sich seinen Weg durch ständig enger werdende Kanäle. Tastend erspürte er die Hirnzellen .
Hier war die Stelle!
Ed wagte nicht, die Neutronenpistole zu gebrauchen. Der Raum war zu eng. Die vernichtenden Strahlen wären zurückgeschlagen und hätten ihn selbst umgebracht. Aber er hatte die Neutronenhandgranaten, die sich als Zeitbomben verwenden ließen! Zwei, drei, vorsichtshalber vier davon hier deponieren, das Zeitmaß einstellen und dann weg!
Noch ehe er wieder in die Nähe der Lunge gelangt war, spürte er die schwere Detonation. Dann war deutlich zu merken, wie Lowmans riesiger Körper herumgerissen wurde und zusammensank.
Die Atomexplosion im Hirn hatte das Lebenszentrum zerstört. Aber noch wälzte sich der kraftvolle Körper herum. Seine Vitalität blieb, mochte der Verstand auch erloschen sein, noch für kurze Zeit erhalten.
Das war Eds Glück. Mit dem noch pulsierenden Blut gelangte er in die Lunge und von dort durch einen krampfhaften Hustenanfall wieder in den Helm zurück. Und den Helm riß sich Lowman im Todeskampf selbst vom Kopf …
Ein Feind war erledigt, Carter Lowman, alias Ronald Payten, rekonstruiert nach den Erinnerungen und den Sehnsüchten seiner Frau. Ein bitteres Produkt seiner Epoche …
7. Kapitel
Ed, der dem beiseite geworfenen Schutzhelm entschlüpft war, schwebte in die Ecke hinüber, wo ein großes Radio stand, gelangte durch eine Öffnung auf der Rückseite in das Innere des Apparates, setzte den Lautsprecher unter Strom und ließ seine Stimme klar und deutlich ertönen: „Les! Ich bin es, Ed Dukas! Ich bin hier, genau wie einst Prell bei mir gewesen ist, ein Androide in zehntausendstel Normalgröße, ein unsichtbares Stäubchen. Ich sitze im Innern des Radioapparates und benutze eine Drahtfaser des Lautsprechers als Mikrophon. Aber zunächst, Les, will ich wissen, was du von alledem hältst. Ich war es, der Lowman getötet hat.“
Les ließ ein kurzes, abweisendes Lachen ertönen und sagte: „Gewiß, Dukas, ich bin sicher, daß es so ist, wie du behauptest. Zwar seltsam, aber mich überrascht nichts mehr. Dank für Lowmans Liquidierung – mein Vater war er nicht. Dad starb bei der Mondkatastrophe, wie du weißt, als Opfer des technischen Fortschritts oder der Menschheitsgeschichte, wie wahrscheinlich alle bald sterben werden. Was mir heute abend widerfahren ist, hat meine Ansichten über Androiden keineswegs freundlicher gemacht. Gewiß, Dukas, du hast dir relativ gewaltige Kräfte und eine enorme Widerstandsfähigkeit eingehandelt. Aber ich frage mich, welche feineren Werte du dagegen eingebüßt haben magst. Es ist nicht leicht, einen alten Freund und Kameraden zu verlieren. Aber so wie du jetzt bist, glaube ich in dir einen
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