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Menschen minus X

Menschen minus X

Titel: Menschen minus X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Z. Gallun
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fragte Eileen Dukas herausfordernd. „Warum bist du überhaupt hergekommen, Mitch? Du bringst uns damit in Schwierigkeiten. Denn man wird dich doch zuerst bei uns suchen.“
    „Mein eigenes Fell, gewiß“, gab Mitchell Prell zu. „Vielleicht, wie du zu ahnen scheinst, auch deines. Denn du bist ja meine Schwester und daher, wenn du auch nicht das geringste mit meiner Arbeit zu tun hast, nach der verdrehten Ansicht gewisser verdrehter Leute irgendwie mitverantwortlich für meine Sünden. Mein Fell, dein Fell, Eddies Fell – drei unerhört wertvolle Beutestücke für die Barbaren mit dem geistigen Niveau weit zurückliegender Epochen.“ Auf seinem schmalen Gesicht erschien ein dünnes Lächeln, die hellen Augen zwinkerten. „Mach dir nicht allzuviel daraus, Eileen“, fuhr er fort. „Ich werde längst wieder fort sein, ehe irgendwer auch nur auf den Gedanken kommen kann, nach mir Ausschau zu halten. Bis dahin bleibe ich im Verborgenen. Wenn es wieder dunkel wird, verlasse ich das Haus. Ich muß unbedingt noch in die City und Guido Schaeffer ein paar bestimmte Dinge übergeben. Dann mache ich mich davon.“
    „Gut, Mitch“, sagte Eileen Dukas, und aus diesen zwei Worten klang, wie Eddie deutlich erkannte, schwesterliche Loyalität.
     
    Der Tag war erfüllt von Aufräumungsarbeiten. Zum Glück war die radioaktive Verseuchung geringer, als man hätte befürchten müssen, und beschränkte sich zumeist auf Gegenden, die in einem ungünstigen Winkel zum Aufprall der Druckwelle gelegen hatten.
    Natürlich hatten noch längst nicht alle Menschen ihre Fassung wiedergewonnen. Eddie, mit einem Gummischwabber zur Straßenreinigung eingesetzt, sah zum Beispiel Mrs. Payten, die Mutter seines Freundes Les, wie sie in ihrem verwüsteten Garten herumstolperte und laut vor sich hinjammerte: „Oh, Ronald, du warst ja ein ziemlicher Trottel von Mann, aber ich liebte dich! Warum bloß hast du dich nicht registrieren lassen? Warum …?“
    In der ganzen Nachbarschaft hatte es als offenes Geheimnis gegolten, daß Ronald Payten, ein großer, dicklicher, verträumter Mann und Biologe von Beruf, der Prototyp eines Pantoffelhelden gewesen war. Daß er versäumt hatte, sich registrieren zu lassen, erklärte sich vielleicht aus seiner sprichwörtlichen Zerstreutheit.
    Am Anfang gab es Momente, da Eddie im Schwung der Arbeit den tragischen Anlaß vergaß und in einen jungenhaften Übermut geraten wollte, genauso, wie es auch manchem anderen der jugendlichen Helfer erging. Doch die ungewohnte Anstrengung und die straßauf, straßab ständig wiederholte Begegnung mit neuen Schreckensbildern wandelten die Dinge bald ins Ernste. Vielleicht war nachher seine körperliche Erschöpfung ein Balsam gegen einen verzögerten Schock, vielleicht stand er deshalb auch die kurze Massenbeisetzung der Opfer, unter ihnen sein Vater, ohne Zusammenbruch durch. Das Sammelgrab schloß sich über den Leichen, und damit war die Arbeit getan …
     
    Nach Hause zurückgekehrt, betrat Eddie nach kurzem innerem Kampf das Gästezimmer, in dem sein Onkel mit dem Rücken zur Tür am Schreibtisch saß und murmelte: „ Ich weiß, daß es nicht deine Schuld war, Onkel Mitch!“
    Ohne sich umzudrehen, erwiderte der Onkel: „Oh, das freut mich. Dann darf ich ja riskieren, dir etwas zu zeigen. Sieh mal her …“
    Der Mann, der sich jetzt mit dem Drehstuhl herumschwenkte und Eddie einen amüsierten Blick zuwarf, war nicht Onkel Mitch! Er hatte eine dickere Nase und vollere Lippen und sah aus wie ein gutmütiger, unbedeutender Mechaniker, wenn auch irgend etwas in seinen Augen ganz entfernt an Onkel Mitch erinnerte! Eddie fühlte kaltes Schaudern.
    Nun lachte der Fremde, pellte sich mit geschickten Fingern die dicke Nase und die vollen Lippen vom Gesicht und war auf einmal doch Onkel Mitch! „Eine Maske, Eddie“, sagte er augenzwinkernd. „Sie soll mir helfen, mich unbehindert bewegen zu können. Sie ist aus Vitaplasma gemacht – du erinnerst dich doch an das fingerlange Stückchen Masse, das ich früher einmal mitbrachte? Damals war es noch unvollkommen, aber inzwischen ist es viel besser geworden, regelrecht lebendig, auf seine eigene Art. Ein synthetischer und wesentlich robusterer Vetter des natürlichen Protoplasmas. Bedeutend weniger empfindlich gegen Hitze und Kälte. Heilsekrete entwickelnd und selbstheilend – wie das natürliche Fleisch. Aber von Nahrung und Sauerstoff im Gegensatz zum Fleisch fast unabhängig. Außerdem besitzt es die Fähigkeit,

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