Menschen wie Götter
besiegt bist!"
"Sie widerlegen sich selbst", sagte ich.
"Das mußt du beweisen."
"Gern. Fangen Sie an, Ihre Weltanschauung zu begründen, und ich zeige, daß aus jeder Ihrer Prämissen ein Schluß zu folgern ist, der dem entgegengesetzt ist, den Sie ziehen."
"Meinetwegen", willigte er ein. "Für meine Untertanen wird es nützlich sein, ein übriges Mal die Grundlagen unserer Philosophie zu üben, obwohl sie ohnedies dauerhaft ist."
Er begann originell. Seinen Worten zufolge wurde das Weltall einst als eine Unmasse ungeheurer Verschiedenheiten, als ein Herd einander unähnlicher kompliziertester Formen geboren. Leerer Raum, darin Planetengigante, kompliziertes biologisches Leben und amorphes Plasma; an einem Pol der wie ein Gipfel aufragende, stets individualisierte Verstand, am anderen die Dürftigkeit isolierter Atome.
Ungleichmaß und Unähnlichkeit, widerliche Originalität von allem und in allem, Barbarei organisierter Gesellschaften, Ordnungstyrannei, Unfreiheit verschiedenster hierarchischer Strukturen - so biete sich uns der Anfang der Welt dar, so sehe sie zum großen Teil noch heute aus.
"Aber alles beginnt nur kompliziert und entwickelt sich dann zum Einfachen", polterte er. "Kommst du nicht vom Komplizierten zum Einfachen, wenn du eine Aufgabe löst? Gerätst du nicht in Verwirrung vor der unendlichen äußeren Vielfalt der Natur, wenn du sie betrachtest, und entdeckst du nicht dann erst ihre innere Einfachheit? Ist es nicht das höchste Ziel der Erkenntnis, die innere Einfachheit zu finden? Wieviel edler als die Erkenntnis ist da die Schaffung von Einfachheit, die Bereicherung der Welt durch Einfachheit? Und welche Einfachheit ist die höchste? Die Einfachheit des Primitiven, nicht wahr? Also müssen wir die Welt durch Primitives bereichern, immer von neuem Primitives erzeugen, Primitives pflanzen! Und nun frage ich dich: Welches Primitive ist am einfachsten und edelsten? Das Chaos du stellst das doch hoffentlich nicht in Abrede. So sind wir beide zu dem logischen Schluß gekommen, daß ein vernünftiges Wesen nur eine einzige Aufgabe hat: überall Chaos zu säen! Sich im Chaos von allen Bindungen und Unterordnungen zu befreien! Im Chaos eine vollkommene Einigung mit sich selbst zu erreichen, denn nur im Chaos stützt du dich auf dich, während alles andere dich kaltläßt!
Im Raum", so fuhr er fort, "sind sechs Richtungen gegeben, in der Zeit dagegen nur eine vorwärts, nur vorwärts! Vorwärts zur höchsten Existenzform der Verwischung aller Unterschiede, der Auflösung aller Verschiedenartigkeiten. Das ist die Entwicklungsrichtung in der Natur, das ist das Ziel, das sich die Zerstörer gesteckt haben. Die Ungleichmäßigkeiten beseitigen und die Unähnlichkeiten abschaffen! Den leeren Raum vernichten, damit die Sterne zueinander eilen und zunächst offene, dann Kugelhaufen bilden! Die Temperaturen nivellieren die einen Sterne erschöpfen sich in einem rasenden Energiestrom, die anderen, seit jeher finster, entflammen! Und vor allem das hochmütige Leben unterbrechen, die älteste der kosmischen Eigentümlichkeiten und Unfreiheiten, die tyrannischste der Ordnungshierarchien, das arrogante Leben unterbrechen, das sich verzweifelt und hoffnungslos gegen die allgemeine frohe Entpersönlichung wehrt! Primitivisation verbindlich für jeden und Zerfall der komplizierten Strukturen als beste Form der Primitivisation! Biologische Natürlichkeit durch die Künstlichkeit der Automaten ersetzen, denn es gibt nichts Komplizierteres, Verwickelteres, Unfreieres als die Natürlichkeit, nichts Primitiveres, Einfacheres und Freieres als einen gut gearbeiteten Automaten. Wie einst die Ramiren, so klammern sich heute die Galakten, obwohl dem Untergang geweiht, an die überlebte Unähnlichkeit, an die aussterbenden Eigentümlichkeiten. Auch sie zum Nutzen der ausrottenden Tätigkeit der Zerstörer einsetzen oder mit ihnen allen Schluß machen!"
"Soweit ich Sie verstanden habe, streiten Sie für die Künstlichkeit gegen die Natürlichkeit?"
"Du hast mich richtig verstanden. Denn die Natürlichkeit widerspricht der Vernunft! Die Natürlichkeit beleidigt das ästhetische Empfinden, da sie die Gleichheit und Harmonie abscheulich stört! Jeder beliebige Organismus hält sich für den Mittelpunkt der Welt: Er ist selbständig, er ist originell, er ist in sich, für sich! Wie kann man das dulden? Wie kann man das aushalten? Rücksichtslose, maßlose, empörende Individualisierung - das wurde vom biologischen Leben, das
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