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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Snegow
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Ressourcen der Erde waren für den Bau der dritten Raumwellenstation hingegeben. Noch andere Erwägungen wurden vorgetragen: Die Hälfte der Bevölkerung war zu den kosmischen Bauten geflogen, und denjenigen, die geblieben waren, stand nicht der Sinn nach Feiern, auf der Station für überferne Verbindung fieberte man der Inbetriebnahme entgegen.
    Aber die Erdachsenverwaltung erfüllt strikt ihr Programm. Wenn auf der Erde nur noch ein Mensch wäre, der die Lustbarkeiten wünschte, würden für ihn sämtliche festgesetzten Feste ausgerichtet.
    Ich meine, das ist richtig. Als mein Gehilfe Albert sah, welches Ausmaß die Vorbereitung gewann, protestierte er bei der Großen. „Die Menschheit hat jetzt keine Zeit zum Feiern, mit Ausnahme einzelner Spaßvögel vielleicht. Für wen strengt sie sich an?“
    Die Große antwortete mit ihrer Elektronenvernunft: „Jeder Mensch ist all dessen wert, wessen die Menschheit wert ist.“
    Nach dieser Erklärung vergaß Albert seine Proteste und knapste in seinem Zeitbudget Stunden zum Feiern ab.
    Wie immer waren die Schneewolken rechtzeitig vorbereitet worden. Sie wurden über dem nördlichen Stillen Ozean zusammengepreßt. Weil es mich interessierte, flog ich mit einer kleinen Reiserakete hin, doch auf Kamtschatka kletterte ich in eine Seeaviette. Die Beschützerin hatte mir geraten, ich sollte mich möglichst warm anziehen, doch ich mißachtete ihren Rat und bereute es tief. In den Wolkenmassen war es höllisch kalt.
    Ringsum erstreckte sich ein undurchdringlich weißer Schleier, der mehr Ähnlichkeit mit knisternder Watte hatte als mit dem feuchten Nebel von Sommerwolken. Mir war neu, daß man nicht nur die Feuchtigkeit vorbereitete, sondern auch den Schnee die Wolken waren aus feinsten Eisstückchen zusammengepreßt, die nur ein wenig größer zu werden brauchten, um Schneeflocken zu bilden.
    Romero ging auf einer kleinen Lichtung nieder, nacheinander landeten wir und bildeten mit unseren Aviettes einen Halbkreis.
    „Hier ist es richtig!“ sagte Romero. Er stapfte hin und her. „Der Schnee ist für sechzehn Uhr angesetzt, wir haben also vier Stunden Zeit. Fachen wir indessen ein Feuer an und bereiten das Essen zu. Heute werden wahrscheinlich viele zum erstenmal im Leben Speisen und Getränke kosten, die nicht von den Elektronenhänden der Automaten berührt wurden. ,Wir wollen wie unsere Vorfahren sein!', das sei unsere Devise heute.“
    Zum Schaschlykbereiten hatte Pawel Albert angestellt, der reihte abwechselnd Fleisch und Zwiebeln auf Metallstäbe, die Stäben an Parkgittern glichen.
    Es ging auf sechzehn Uhr, der Himmel senkte sich immer tiefer herab. Dichte dunkle Wolken eilten dahin, jeden Augenblick konnte es zu schneien anfangen. Die Eichen, die die Lichtung und das Feuer umstanden, streuten rötliche Blätter aus, von den abwärts ziehenden Luftströmen wurden sie zum Feuer gesaugt, von den aufsteigenden emporgeschleudert.
    Die Blätter tanzten über dem Feuer wie ein Schwärm langsamer Schmetterlinge.
    Fünfzehn Minuten vor vier forderte uns Romero auf, die Gläser zu nehmen. Er öffnete die Flaschen.
    Die Korken waren versteinert in den Hälsen, eine Flasche zerbrach, von anderen schlug er die Hälse mit einem Stein ab. Der Wein verströmte herben Duft, der zugleich angenehm und unangenehm war.
    Ich bemerkte, daß auch die anderen verstohlen an dem Getränk schnupperten, bevor sie einen Schluck tranken.
    Die Beschützerin übertrug jedem den feierlichen Stundenschlag, und während wir schweigend lauschten, erhoben wir auf Romeros Geheiß die Gläser.
    „Der Winter naht, Freunde! Auf einen guten Winter!“
    Der erste, noch großflockige Schnee fiel, und wir tranken den Wein aus. Ich kann nicht sagen, daß er mir schmeckte. Er brannte im Mund wie Säure, obwohl er eher süß als sauer war. In alten Zeiten hatte man den Wein gekaut, doch ich spürte, daß mir schlecht würde, wenn ich ihn lange im Mund behielt, und stürzte ihn hinunter. Albert schnitt ein Gesicht, als hätte er eine Kröte verschluckt.
    Leise sagte ich, damit Mary es nicht hörte: „Ich weiß nicht, wie unsere Vorfahren gegessen haben, aber was sie getrunken haben, schmeckt nicht.“
    Er flüsterte: „Gegessen haben sie noch schlimmer.
    Ich habe ein Stückchen Schaschlyk probiert abscheulich. Von Fleisch keine Spur.“
    Es schneite indessen immer heftiger, die Flocken waren kleiner geworden. Der Himmel war dunkel, hell schimmerte die Erde. Ich schwankte und wäre beinahe ins Feuer gestürzt.

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