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Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Gammastrahlenschirme nehmen und sie sich dorthin stecken, wo die Sonne nicht scheint. Es endete mit einem kurzen, aber brutalen Kampf. Der Vormann war muskulös und wirkte zäh, aber Richards brachte ihn dazu, zu heulen wie ein Mädchen.
    Damit hatte er den Schwarzen Peter. Er ist gefährlich. Geh ihm aus dem Weg. Wenn du dringend einen Mann brauchst, stell ihn eine Woche ein und schmeiß ihn dann wieder raus. Im G-A-Sprachgebrauch hatte Richards die rote Karte bekommen.
    Im Laufe der nächsten fünf Jahre belud er Lastwagen mit Zeitungen und fuhr sie aus. Aber Arbeit dieser Art gab es immer weniger, und bald gab es gar keine mehr. Das Free-Vee hatte das gedruckte Wort sehr effektiv ermordet. Richards stand auf der Straße. Richards wurde von der Polizei weggejagt. Richards arbeitete ab und zu tageweise für Arbeitsvermittlungen.
    Die großen Proteste des Jahrzehnts rauschten unbemerkt an ihm vorbei wie Geister an den Nichtgläubigen. Er wusste zum Beispiel nichts von dem Hausfrauenmassaker von 2024, bis seine Frau es ihm drei Wochen später erzählte. Zweihundert bewaffnete Polizisten waren mit Maschinenpistolen und elektrischen Schlagstöcken auf eine Gruppe von Hausfrauen losgegangen, die sich auf einem Marsch zu den Lebensmittellagern im Südwesten der Stadt befanden. Sechzig Frauen waren dabei getötet worden. Er hatte auch nur eine ungefähre Ahnung davon, dass im Nahen Osten ein Krieg mit Nervengas geführt wurde. All das ging ihn nichts an. Mit Protest erreichte man sowieso nichts. Gewalt funktionierte auch nicht. Die Welt war so, wie sie war, und Ben Richards pflügte sich durch sie hindurch, nahm alles hin und stellte keine Fragen, sondern suchte Arbeit. Er ergatterte hundert miserabel bezahlte Jobs für einen oder halbe Tage. Er reinigte faulig stinkende Schlammlöcher unter den Hafenpiers und stand bis zur Hüfte im Dreck, während andere sich auf der Straße herumtrieben und ernsthaft glaubten, dass sie auf Arbeitssuche wären, und nichts taten.
    Geh weiter, du Made. Verzieh dich. Keine Arbeit. Raus hier. Tanz ab. Ich blas dir ein Loch in den Schädel, Daddy. Zieh Leine.
    Dann bekam er überhaupt keinen Job mehr. Es war unmöglich, einen zu finden. Ein betrunkener Reicher in einem seidenen Sporttrikot sprach ihn eines Abends auf der Straße an, als er mutlos nach einem fruchtlosen Tag nach Hause schlenderte. Er sagte, er würde ihm zehn Neue Dollar geben, wenn Richards die Hosen runterziehen und ihn sehen lassen würde, ob die Straßenfreaks tatsächlich dreißig Zentimeter lange Pimmel hätten. Richards schlug ihn nieder und rannte weg.
    Endlich, nachdem sie es neun Jahre lang immer wieder versucht hatten, wurde Sheila schwanger. Er war Maschinenputzer, sagten die Leute im Haus. Nicht zu fassen, er ist über sechs Jahre lang Maschinenputzer gewesen, und jetzt hat er ihr ein Kind gemacht. Es muss ein Monster werden, sagten die Leute im Haus. Es wird zwei Köpfe haben und keine Augen. Strahlung, Strahlung, deine Kinder werden Monster sein …
    Aber stattdessen kam Cathy. Pummelig, perfekt, schreiend. Sie wurde von einer Hebamme aus der Nachbarschaft auf die Welt gebracht, die dafür fünfzig Cent und vier Dosen Bohnen verlangte.
    Und jetzt ließ er sich zum ersten Mal seit dem Tod seines Bruders wieder treiben. Aller Druck (im Augenblick sogar der Druck der Jagd) war von ihm gewichen.
    Sein Ärger und seine Wut richtete sich gegen die Spiele-Organisation, mit ihrem riesigen und mächtigen, weltweiten Kommunikationsnetz. Fette Leute mit Nasenfiltern, die ihre Abende mit Püppchen in Seidenhöschen verbrachten. Die Guillotine, ihre Köpfe sollen rollen. Und rollen. Und rollen. Aber im Moment gab es keine Möglichkeit, an sie ranzukommen. Sie überragten die Welt schemenhaft, wie das Spiele-Gebäude selbst.
    Aber weil er nun mal so war, wie er war, und weil er allein war und im Begriff, sich zu verändern, dachte er darüber nach. Er merkte nicht, allein in seinem Zimmer, dass sich, während er darüber nachdachte, auf seinem Gesicht ein grimmiges, wölfisches Grinsen breitmachte, das allein mächtig genug schien, Straßen zu verbiegen und Häuser einzuschmelzen. Es war dasselbe Grinsen, das er an dem beinahe vergessenen Abend auf den Lippen gehabt hatte, als er einen reichen Mann niedergeschlagen hatte und mit leeren Taschen und Wut im Bauch nach Hause gerannt war.

… Minus 055 Countdown läuft …
     
    Der Montag war genau wie der Sonntag – die Arbeitswelt kannte schon lange keinen speziellen Tag mehr,

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