Menschenskinder
man zu viel Grau.«
Konnte nicht endlich dieses verdammte Boot kommen? Oder wenigstens Hannes? Der würde mit Uschilein bestimmt fertigwerden. Nicht gerade auf die höfliche Tour, das war sicher, aber bestimmt mit nachhaltigem Erfolg. Und weshalb sagte Steffi nicht auch mal was? Sie war doch sonst nicht auf den Mund gefallen. Stattdessen hockte sie schweigend neben mir, malte mit einem Stöckchen kleine Segelschiffe in den Sand und grinste sich einen ab. Verstohlen stupste ich sie an. »Willst du nicht mal nachsehen, wo dein Mann bleibt? Vielleicht hat er ja inzwischen erfahren, ob wir unser Gepäck heute noch kriegen und falls ja, wann endlich.«
»Mach ich doch glatt!« Sofort stand sie auf, rannte los und kam nicht mehr zurück. Und wäre mir nicht eingefallen, Uschilein zu fragen, wo denn hier die nächste Toilette zu finden sei, dann hätte ich vermutlich bis zum Eintreffen des Gepäcks neben ihr im Sand sitzen müssen. Und das hätte noch genau anderthalb Stunden gedauert. So aber ließ ich mir erklären, dass ich erst zum Pool gehen müsse und dann ganz um ihn herum bis zum Doktorzimmer, daneben sei der Raum mit den Stühlen und da gleich um die Ecke wäre es dann für kleine Mädchen. »Wissen Sie was?« Sie rappelte sich hoch. »Ich gehe gleich mit nach vorne, es wird ja Zeit zum Duschen und so, bis die Haare gemacht sind, dauert es immer eine Weile, und Karlemann wird nu wohl auch mit den Karten fertig sein. Karl, habe ich gesagt, die stecken wir zu Hause in den Kasten, da kommen sie eher an als wie von hier. Und billiger wird’s auch, nicht wahr? – So, Sie müssen jetzt da drüben rüber zum Klo!« Sie zeigte in die ungefähre Richtung, doch bevor ich abbiegen konnte, musste ich noch die hingestreckte Hand schütteln. »Ich hab ganz vergessen mich vorzustellen. Uschi Klatz ist mein Name, wie der Klotz, bloß mit a. Eigentlich heiße ich ja Ursula, aber so nennt mich kein Mensch, das hat schon in der Schule angefangen. Mein Mann sagt immer Uschilein, klingt ja ein bisschen albern für eine alte Frau wie mich, aber ich hör’s trotzdem gerne. Und wie heißen Sie?«
Ich murmelte meinen Namen und erntete ein strahlendes »Angenehm. Dann also bis später. Wir sehen uns ja bestimmt beim Abendessen. Welchen Bungalow haben Sie denn? Wir wohnen in Nummer achtzehn.«
Na, großartig! Wir hatten vierzehn und fünfzehn!
Endlich frische Sachen! Kofferauspacken geht ja schnell, wenn alles noch ordentlich zusammengefaltet ist und man es nur in Schrank und Schubladen legen muss. Nicht mal eine Viertelstunde hatte ich gebraucht, dann hatte ich alles verstaut und drehte erwartungsvoll den Heißwasserhahn auf. Erst tröpfelte es nur, doch plötzlich gab sich der Duschkopf einen Ruck und spuckte richtig viel Wasser aus, allerdings kaltes! Na gut, wer weiß, wann dieser Bungalow zuletzt bewohnt war, wahrscheinlich dauerte es erst mal eine Welle, bis das warme Wasser hier ankommt … doch nach fünf Minuten war es noch immer nicht da! Also erster Besuch durch den Korridor nach nebenan. »Habt ihr heißes Wasser?«
»Nee«, knurrte Steffi, »aber Hannes ist schon unterwegs zur Rezeption.« Sie warf ein weiteres T-Shirt auf den Fußboden, wo schon etliche lagen. »Sag mal, hast du Waschpulver mit?«
»Natürlich. Warum? Brauchst du jetzt schon welches?« Steffi nimmt nie eins mit, weil »ich immer genügend Sachen zum Anziehen dabei habe, und weil es notfalls in jedem Hotel eine Wäscherei gibt.«
Offenbar war der Notfall bereits eingetreten. »Nun sieh dir das an!«, schimpfte sie, mühsam die Tränen unterdrückend, »die ganzen T-Shirts sind versaut! Und das bloß, weil die Flasche mit dem Sonnenöl ausgelaufen ist!« Ein weiteres Kleidungsstück landete auf der Erde. »Ausgerechnet die teure mit dem hohen Lichtschutzfaktor.«
»Und dann auch noch gelbe Soße! Sieht aus wie Mayonnaise! Dabei steht dir die Farbe gar nicht!« Ich hielt das grüne TShirt gegen das Licht. »Jetzt hat’s Ähnlichkeit mit einer Blümchenwiese, frisches Gras und Löwenzahn.«
»Verarschen kann ich mich selber!« Wütend riss sie mir das Hemd aus den Händen. »Zähl lieber mal durch, wie viele es sind! Glaubst du, die da vorne kriegen sie noch mal sauber?« Sie fing an, die Wäsche in eine Plastiktüte zu stopfen.
»Erst mal probieren wir’s selber!«
Wenig später schwammen in unseren Waschbecken je sechs T-Shirts, paniert mit Waschpulver. Warmes Wasser gab es zwar noch immer nicht, doch einweichen muss man sowieso kalt. Das wusste
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