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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Uschilein. Sie musste ungefähr in meinem Alter sein, trug einen jener großgeblümten Badeanzüge (es gibt sie also doch nicht nur in violett, bei diesem hier waren die Blüten rosa, was nicht so ganz zu den rötlich gefärbten Haaren passte) und kam sofort auf uns zu. »Sie sind Deutsche, nicht wahr?«
    (Der folgende Dialog kann leider nicht originalgetreu wieder gegeben werden, weil ich den hessischen Dialekt nicht mal andeutungsweise beherrsche; ich habe auch niemanden gefunden, der mir helfen konnte. Übersetzungsbüros sind leider nur für Fremdsprachen zuständig, wobei grundsätzlich einmal klargestellt werden sollte, was man darunter zu verstehen hat. Für mich ist nämlich auch Bayerisch eine Fremdsprache!)
    Wir bestätigten also wunschgemäß, dass wir deutscher Herkunft und vor einer Stunde eingetroffen seien.
    »Ach, so lange schon? Ist es Ihnen denn nicht zu warm?« Ein erstaunter Blick musterte meine zerknautschte, ehemals weiße lange Hose und wanderte dann zu Steffis T-Shirt, das inzwischen unübersehbare Spuren ihrer Vorliebe für Colagetränke trug. Ich beeilte mich, den Grund unseres unpassenden Outfits zu erklären, wurde aber schon nach den ersten Worten unterbrochen. »Das Gepäck kriegen Sie heute nicht mehr! Mein Karlemann wartet schon seit drei Tagen auf Rasierklingen, die sind auch noch nicht da.«
    Es folgte eine längere Erläuterung, wonach Karlemann seine Klingen zu Hause vergessen und an der Rezeption eine Bestellung für neue aufgegeben hatte, in der Erwartung, sich spätestens am übernächsten Tag wieder rasieren zu können. »Jetzt läuft er herum wie eine Drahtbürste.« (Er hatte tatsächlich einen starken Bartwuchs, denn seine zunehmende Dichte konnten wir täglich verfolgen.)
    »Ich bin ja froh, dass endlich jemand gekommen ist, wo man mal mit reden kann«, fuhr Uschilein fort. »Hier sind bloß lauter Ausländer, Chinesen und Amerikaner und Franzosen, sogar zwei Schwarze und dann noch die aus’m Osten, Polen oder so – wie soll man sich denn da unterhalten, wenn man nicht Englisch kann?«
    Ich gab zu, dass mangelnde Sprachkenntnisse die allgemeine Kommunikation erschweren würden, machte dann aber den Fehler zu fragen, weshalb sie denn ausgerechnet diese Insel als Urlaubsziel ausgesucht habe, bei der man doch voraussetzen könne, dass deutsche Gäste nicht gerade in der Überzahl sein würden.
    »Das war ein Versehen!«, sprudelte es heraus. »Ein Irrtum war das! Nach Sri Lanka hatten wir gewollt, in so einen Club, wo viel geboten wird mit Unterhaltung und Spielen und so. Aber da war alles schon ausverkauft um diese Zeit, und da hat die Hilde – so heißt meine Nachbarin – also die hat gesagt, Uschi, hat sie gesagt, warum fliegt ihr nicht mal nach Hongkong zum Einkaufen, ist doch alles so billig da, und wer weiß, wie das wird, wenn erst die Chinesen wieder kommen. War ja auch ganz schön, der Karlemann hat sich gleich zwei Anzüge machen lassen und ich drei Kleider, alles echte Seide, die waren in bloß zwei Tagen fertig, und die Nadine hat sich ein Abendkleid nähen lassen und dazu eine Kette aus richtiger Jade, wir haben extra einen Koffer kaufen müssen, damit sie die Sachen alle mitnehmen konnte …« es folgte ein tiefer Seufzer, »… aber die Nadine hatte ja bloß fünf Tage von zu Hause weggekonnt wegen dem Kind und so, ich bin nämlich schon Großmutter, sieht man mir gar nicht an, nicht wahr? Wir sind dann noch zusammen in ein Reisebüro gegangen, weil die Nadine ja Englisch kann, aber die konnten da auch Deutsch, und dann haben die uns hierher geschickt, weil das auch nicht weiter weg ist wie Sri Lanka. Aber gefallen tut’s mir gar nicht.«
    Mir schwante Fürchterliches. »Wie lange bleiben Sie denn noch?«
    »Neun Tage.«
    Na bravo! Während Steffi und Hannes in der wundervollen Stille des Ozeans Fischlein und Korallen begucken konnten, würde ich mich auf der Flucht vor Uschileins Klageliedern in meinem Bungalow einigeln müssen, sofern ich nicht irgendwo ein verborgenes Plätzchen in der naturbelassenen Botanik fand. Und da würde es bestimmt Spinnen und Käfer geben, in deren Gesellschaft ich mich allerdings noch unbehaglicher fühlen würde als in Uschileins.
    »Das ist doch sicher Ihre Tochter?«, unterbrach eben jene Dame meine geheimen Fluchtpläne. »Das sieht man gleich an der Ähnlichkeit. Meine Nadine ist mir ja auch wie aus dem Gesicht geschnitten (die Ärmste!), nur größer ist sie und blond natürlich. Ich muss ja schon färben, sonst sieht

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