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Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Pharma-Konzerns da, aber sie waren ganz bestimmt an diesem Experiment beteiligt.«
    Gemeinsam verließen sie das Zimmer und betraten das nächste, das wesentlich größer war. Es hatte den Anschein, als hätte man hier versucht, die Natur und die wirkliche äußere Welt zu imitieren, aber überzeugend wirkte es nicht. An der einen Wand war ein Riesenbild von einer gebirgigen Landschaft, und vor dem Bild waren Steine und Sand aufgeschichtet worden. Der Himmel war strahlend blau mit weißen, flauschigen Wattewölkchen, und oben an der Decke fungierte ein großes grelles Licht als Sonnenersatz. An einer anderen Wand sah man Pflanzen, Bäume und kleine Sträucher. Straßen und Bürgersteige waren auf den Fußboden gemalt worden. An einer anderen Stelle hatte man natürliche, moosbewachsene Lavabrocken angeschüttet, und mit einem verborgenen Beamer wurden Naturfilme an eine Wand projiziert.
    Erlendur und Kiddi Kolke verließen den Raum und gingen in den nächsten, in dem es wie in einem Kindergarten aussah. Kleine Tische und Stühle und helle Farben an den Wänden und Kinderzeichnungen, Matratzen, um darauf herumzutollen – und Klettergerüste. Kiddi Kolke rief nach Pálmi, bekam aber keine Antwort. Sie riefen ein zweites Mal, aber erst, als sie näher traten, hörten sie eine schwache Antwort. Ganz hinten in der Ecke des Raums saß Pálmi mit einem kleinen Jungen auf dem Schoß, der kaum älter als zwei Jahre war. Die hellen Haare ringelten sich in dichten Locken auf die Schultern hinunter.
    »Ihm scheint nichts zu fehlen«, sagte Pálmi und ließ seine Blicke von Erlendur zu Kiddi Kolke wandern. »Er hat alle Finger und Zehen, Arme, Beine und Augen, Ohren, Nase und Zunge. Das ist Daníel, mein großer Bruder. Das ist Danni.«

Achtundvierzig
    Einige Monate später fuhr Pálmi an einem schönen Sommertag im Auto vor Helenas Seniorenheim vor und sprang ins Haus. Zwischen ihnen hatte sich im Lauf des Winters eine nette Freundschaft entwickelt, und jetzt besuchte er sie, um ihr ein Päckchen zu bringen. Da sie ihn erwartet hatte, öffnete sie sofort die Tür, und er folgte ihr in die kleine Wohnung.
    »Hier bringe ich dir dein Kjarval-Bild«, sagte er und wickelte das Päckchen aus, das er bei sich trug.
    »Haben die es tatsächlich endlich geschafft«, erwiderte Helena. »Ganze vier Monate haben sie dazu gebraucht. Aber sie haben sich wirklich Mühe gegeben, das sehe ich, das Bild ist genauso, wie es war. Würdest du es bitte an die Wand hängen, Pálmi.«
    Nachdem Pálmi das Bild an seinen Platz zurückgehängt hatte, standen sie eine Weile da und betrachteten es. Helena ging hin und rückte es zurecht.
    »Und du hast den Führerschein gemacht und dir sogar ein Auto gekauft«, stellte Helena fest.
    »Das wurde aber auch höchste Zeit«, antwortete Pálmi.
    »Was gibt’s Neues von Kristján, oder soll ich lieber Jóhann sagen?«, fragte sie und blickte Pálmi an.
    »Sag einfach Kiddi. Alles bestens bei ihm. Er hat lange Zeit unter Depressionen gelitten, nachdem wir die Körperteile, die Sævar Kreutz aufbewahrt hatte, bestattet haben. Was für eine Aktion! Wir haben alles in ein und dasselbe Grab gelegt, es ist nicht gekennzeichnet, aber wir kennen die Stelle. Kiddi hat sich inzwischen wieder ganz gut erholt, er arbeitet jetzt unten am Hafen. Er sagt, dass er nicht mehr so viel an diese grauenvollen Ereignisse denkt. Er wird es schon schaffen. Er kommt mich oft besuchen, und dann reden wir über alles. Das wird schon wieder.«
    »Aber dieses Scheusal Sævar Kreutz haben sie nie gefasst.« »Sie gehen davon aus, dass er sich irgendwo in Europa befindet, wahrscheinlich in Deutschland. Er ist mit Aggi entwischt. Dieser Sicherheitsbeauftragte hat später ausgesagt, dass er ihn an Bord eines Frachtschiffs gebracht hat, das im Begriff war, auszulaufen, mit Kurs auf Hamburg, aber als er endlich den Mund aufmachte, war das Schiff natürlich schon längst in Hamburg angekommen. Er stritt rundheraus ab, irgendetwas von Sævar Kreutz’ Aktivitäten gewusst zu haben. Erik Faxell behauptet ebenfalls, nichts gewusst zu haben, auch nichts in Bezug auf die Lebertranpillen. Aber so billig kommt er nicht davon. Guðrún ist die Hauptzeugin des Staatsanwalts. Sie wird sicher auch eine Strafe erhalten, obwohl sie wahrscheinlich bereits gestraft genug ist. Sie ist am Boden zerstört wegen der ganzen Sache, und sie weint viel, wie Erlendur mir sagt. Die Schuldgefühle machen sie fertig. Es ist nur die Frage, wie der Staatsanwalt das sieht.

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