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K apitel 1
Alles fühlt sich an, als läge ich auf weichem Moos gebettet. Und angenehm kühl ist es auch. Sicher liege ich im Schatten eines Feigenbaumes. Nur, wer ist der Schatten, der sich vor meinen geschlossenen Augen bewegt? Der liebe Gott? Ich frag am besten mal nach.
„ Bin ich im Paradies?“, murmele ich und blinzle verschlafen eine Gestalt an. Kann aber nur einen Halbgott erkennen, der mit seinem Stethoskop meine nackten Brüste abtastet.
„ Nein, Frau Elster, Sie haben Glück gehabt“, beruhigt mich der junge Arzt und tätschelt auf den dicken Mullverband, der um meinen Kopf geschlungen ist.
„ Sie sind mit ihrem Porsche von der Fahrbahn abgekommen und haben sich überschlagen. Dabei sind sie aus ihrem Wagen herausgeschleudert worden. Aber fast unbeschadet auf einem nahe gelegenen Schrottplatz gelandet. Zwei Landstreicher, die dort zufällig campiert haben, sind Ihnen zu Hilfe geeilt und haben den Notarzt alarmiert!“, werde ich mit fieberhafter Eindringlichkeit und pfefferminzhaltigem Atem von ihm aufgeklärt, als hätte das Glück mit gezinkten Karten gespielt.
„ Warum guckt der mich jetzt so komisch an?“, denke ich.
Es ist doch ganz normal, wenn man mit überhöhter Geschwindigkeit, unangeschnallt , mit fünf Dosen Red Bull intus und einer Vollbremsung, die von Nöten war, um den Igel nicht platt zu fahren, aus dem offenen Verdeck seines Fahrzeugs fliegt.
„ Ach, hat auf dem Schrottplatz glücklicherweise eine Telefonzelle gestanden?“, will ich wissen.
„ Nein, die beiden Männer fanden ihr Handy in Ihrer Tasche“, informiert mich der junge Arzt.
„ Da waren aber auch meine Kreditkarte und fünhundert Euro Bargeld enthalten! Könnten Sie bitte überprüfen lassen, ob die Penner mich nicht beklaut haben. Übrigens, bin ich in einer privaten Krankenkasse! Da kann man doch erwarten, dass einem der Chefarzt betreut, oder besser der Herr Professor - so wie es in der Werbung immer gezeigt wird! Das muss doch möglich sein! Ich bin doch nicht irgendwer, sondern ein Glücksfall!“
Ich bin mit meinen Ausführungen noch nicht am Ende, als plötzlich das sprachlose Gesicht des Angeklagten vor meinen Augen bis zur Unkenntlichkeit verschwimmt . Vielleicht haben die mich jetzt mit Chloroform betäubt, um mich meines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu berauben.
„ Die ist ja total verwirrt … Hoffentlich kriegen wir die wieder hin ...“, kann ich gerade noch aufschnappen, bevor ich wieder ins Gesicht geschlagen und angebrüllt werde, als wäre ich ein störrisches Maultier.
„ Frau Elster! Hören sie mich ... hören sie mich!“
KLATSCH, KLATSCH!
„Geht es ihnen gut? Frau Elster ... Hallooo ... Aufwachen!“
Eine resolute Stimme versucht mich , beharrlich an meiner Genesung zu hindern. Schwerfällig, als hätte man mir meine Sehschlitze mit Kerzenwachs versiegelt, öffne ich meine Augen und warte ab, bis sich meine Pupillen an das gleißende Licht gewöhnt haben, sich aus den unscharfen Konturen meines Gegenübers, ein älterer Herr mit einem Operationskittel entwickelt hat, dessen Antlitz müde und erschöpft wirkt.
„ Geht es ihnen wieder gut? Sie waren kurz besinnungslos. Das kann bei einer Gehirnerschütterung schon mal vorkommen. Sie haben sich etwas zu sehr aufgeregt“, konstatiert der Unbekannte kurz angebunden und will sich von meinem Sterbebett erheben, als ich ihm beleidigt anquäke.
„ Wahrscheinlich hat mich ihr Azubi mit Elektroschocks wieder zum Leben erweckt, oder mich an eine Starkstromleitung angeschlossen! Ich will vom Chefarzt behandelt werden!“
„ Ich bin der Chefarzt. Ich werde mich um sie kümmern. Mein Name ist Doktor Ackermann“, erklärt er mir lapidar und will sich gerade vom Acker machen, als er plötzlich inne hält und sich noch einmal zu mir umdreht.
„ Übrigens, sollten sie nicht in Selbstmitleid zerfließen, sondern dem Schicksal dankbar sein, dass sie so glimpflich davon gekommen sind. Die Dame neben Ihnen, hat nicht so viel Glück gehabt wie Sie ...“ Dabei verweißt er mit einem vorwufsvollen Blick auf meine Bettnachbarin, die bis zur Halskrause eingegipst ist und wie zur Mumie erstarrt in ihrem Bett verharrt.
Tja, da haben wir’s ja mal wieder, schmolle ich still vor mich hin. Ich habe also wieder einmal Glück gehabt. Glück, das ich mir natürlich nicht verdient habe, sondern mir unaufgefordert in den Schoß gefallen war. Dabei habe ich den Umstand, dass ich hier mein beengtes Krankenzimmer mit einem Unglücksraben
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