Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
von einem Selbstmord, einem tragischen Schicksalsschlag für die Gemeinschaft gesprochen, und es schienen alle sehr betroffen zu sein von dieser Tat. Die Organisation der Trauerfeier wurde ausführlich besprochen. Marcion und Frau Langsdorf wollten, dass eine sehr persönliche Trauerrede gehalten würde. Marcion hat sich mit Terbintha, einer Kursleiterin, zusammengesetzt, um die Details zu besprechen. Aber irgendwie kam mir doch einiges merkwürdig vor.«
»Inwiefern?«
»Ich habe zufällig ein Gespräch von Marcion und Frau Langsdorf mitbekommen, in dem Frau Langsdorf zu Marcion gesagt hat: ›Wir kommen nicht daran vorbei, irgendwas zu dem unglücklichen Ableben zu sagen, das gehört sich so, besonders bei einer Erbschaft. Außerdem schöpft dann niemand Verdacht.‹« Kommissar Bender sagte nichts dazu und wartete ab. Sie sprach weiter. »›Verdacht‹ hat sie gesagt und so merkwürdig. Ich glaubte erst, dass ich mich verhört hätte, denn sie hat dabei gekichert. Ich stand im Nebenzimmer am Kopierer und habe mich nicht bemerkbar gemacht. Natürlich habe ich mir darüber Gedanken gemacht, was sie damit meinte, mit ›Verdacht‹ und ›unglücklichem Ableben‹, aber ich konnte mir keinen Reim darauf machen.«
»Gut, an was erinnern Sie sich noch? Am besten der Reihe nach.«
»Als Frau Johannsen bei mir im Büro war, hat auch noch Thierry aus Paris angerufen, wegen des Geldes.«
»Was wissen Sie über Thierry Clerceau?«
»Er hat für Frau Langsdorf und Marcion gearbeitet. Er hat hin und wieder kleine Artikel über die Tätigkeit des ISG geschrieben und irgendwelche Aufträge erledigt. Sie hatten irgendwas mit den Offenbarungen zu tun. Aber was er genau gemacht hat, weiß ich nicht.«
Offenbar glaubte Bender ihr das oder tat zumindest so und lenkte seine Befragung wieder in die frühere Richtung: »Was geschah im ISG mit Frau Doktor Johannsen, nachdem Frau Langsdorf bei Ihnen im Büro war?«
»Ich bin mit Frau Johannsen aus dem Büro hinausgegangen und habe ihr die Gästezimmer gezeigt, wie Frau Langsdorf es mir aufgetragen hatte.«
»Waren Sie die ganze Zeit bei Frau Johannsen?«
»Nein, ich musste noch einmal zurück ins Büro, um die Kursübersicht für Frau Johannsen zu holen.«
»Und dann?«
Dana Schlüter hatte sich jetzt offensichtlich gefasst. Man sah ihr an, dass sie sich Mühe gab, die Details genau wiederzugeben. »Also, als ich in mein Büro kam, saß Frau Langsdorf auf meinem Schreibtischstuhl, sie war erregt und ungehalten, das habe ich sofort gespürt. ›Haben Sie die Datei von Susanna van der Neer heute geöffnet?‹, fuhr sie mich völlig überraschend an. Sie war wirklich sehr aufgebracht. Ich habe das verneint; die Daten von Frau van der Neer hatten wir nach der Trauerfeier nicht mehr benötigt. ›Dann ist ja alles klar‹, sagte sie darauf zu mir, was ich überhaupt nicht verstand, und ging schnell aus dem Büro. Ich hörte, wie sie Marcion und unsere beiden Pfleger rief. Der eine von ihnen, Manfred, kam zuerst, und ihm gab sie die Anweisung, er solle die Tür des Zimmers, in dem sich Frau Johannsen befand, möglichst unbemerkt abschließen. Er fragte überhaupt nicht, weshalb er das tun sollte. Er ging einfach, um den Auftrag zu erledigen. Ich glaube, Frau Langsdorf hatte vor, zuerst etwas mit Marcion zu besprechen; jedenfalls schickte sie Bernhard, den anderen Pfleger, hinter Manfred her und befahl ihm, vor der Tür zu warten.«
»War Ihnen in diesem Moment nicht klar, dass es sich dabei um Freiheitsberaubung handelte?«
»Nein, ich habe überhaupt nichts verstanden, ich war nur verwirrt … Ehrlich!«
»Nun gut, und wie ging es weiter?«
»Frau Langsdorf kam nach einer längeren Weile zurück und erzählte mir, Frau Johannsen sei völlig ausgerastet, und sie hätte sie wieder beruhigen müssen. Sie würde noch eine Weile mit Marcion verbringen, bis sie wiederhergestellt sei, und dann unser Institut verlassen.«
»Haben Sie Frau Doktor Johannsen noch einmal gesehen?«
»Nein. Ich hatte bemerkt, dass Frau Johannsen ihre Handtasche in meinem Büro vergessen hatte und wollte sie ihr bringen, aber Frau Langsdorf nahm die Tasche und meinte, das würde sie selbst erledigen.«
»Kam Ihnen das nicht merkwürdig vor, das mit dem hysterischen Anfall?«
»Sicher, aber im Institut erlebt man so einiges. Und Frau Johannsen hatte mir ja erzählt, dass sie sich ausgebrannt und deprimiert fühlte.«
Lea dachte an ihre erfundenen Probleme. Anscheinend hatte Frau Schlüter ihr den
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