Merani und die Schlange unter dem Meer
Fürstin Careela und Argo. »Ich bin mir unsicher, wie ich entscheiden soll, doch vielleicht ist es das Beste, die Kinder nach Ilyndhir zu schicken. Dort sind sie erst einmal fernab aller Gefahren. Sollte die Insel wirklich angegriffen werden, können sie sich in den Hexenwald zurückziehen. Wir finden dann schon eine Möglichkeit, sie von dort wegzuholen.«
»Papa, du bist der Beste!« Obwohl weder ihre Mutter noch Argeelas und Careedhals Eltern zugestimmt hatten, umarmte Merani ihren Vater.
»Du hast recht. Wenn die drei weg sind, werden wir auch nicht mehr gestört, wenn wir es am wenigsten brauchen können!« Der liebevolle Blick, mit dem die Magierkaiserin ihre Tochter maß, widersprach ihren tadelnden Worten. Sie legte die Arme um Merani und zog diese an sich. »Pass auf dich auf, Kleines!«
»Mache ich, Mama.« Merani fühlte sich schlecht, weil sie ihre Eltern beschwindelt hatte, und sie kämpfte mit den Tränen. Auch Argeela umarmte ihre Eltern und weinte dabei so hemmungslos, als stünde ihnen eine Trennung für immer bevor.
13
Kipan begrüßte seine Passagiere in seiner besten Uniform. Als Merani das Deck betrat, riss er seinen Hut mit der blauen Feder, die seinen Rang als Kapitän anzeigte, vom Kopf und verbeugte sich.
»Eure Kaiserliche und Fürstlichen Hoheiten, es ist mir eine Ehre, Euch an Bord des Schiffes Ihrer Ilyndhirischen Majestät, der ›Blaumöwe‹, begrüßen zu dürfen.«
Diesmal ließ Merani ihm die pompöse Begrüßung durchgehen, denn es sahen fast einhundert Matrosen und Offiziere zu, und zumindest einer würde bestimmt zu Hause erzählen, dass Kapitän Kipan, Sohn des Großadmirals Kip, die hohen Gäste aus Gurrland und Ardhu nicht mit der Achtung empfangen habe, die das Protokoll vorschrieb. Sie nickte ihm freundlich zu und ließ ihren Blick über den schlanken Segler mit den beiden hohen Masten schweifen, von denen der vordere zwei Rahsegel und der hintere ein großes Gaffelsegel trug. Da die »Blaumöwe« zu den schnellsten Schiffen des Archipels zählte, war es für einen jungen Mann wie Kipan eine hohe Ehre, zum Kommandanten dieses Schiffes ernannt worden zu sein, auch wenn viele dies nur dem Einfluss seines Vaters zuschrieben.
Plötzlich freute Merani sich auf das Wiedersehen mit Großadmiral Kip. Dieser war ein alter Freund ihrer Eltern und hatte mit ihnen, Fürstin Careela und Argo zusammen den früheren Magierkaiser von Gurrland gestürzt. Dabei hatte ihnen auch ein Mädchen aus Runia geholfen. Merani war traurig, dass sie Hekendialondilan nicht hatte kennenlernen dürfen. Doch auf ihre Bitte hin, sie doch einmal nach Runia zu schicken, hatten ihre Eltern erklärt, dies sei wegen ihrer magischen Grundfarbe nicht möglich. Immerhin war sie schwarz und wies damit die Feindfarbe der weißen Runi auf.
Merani wunderte sich, weil ihr dies in diesem Moment durch den Kopf schoss, denn Kipan stellte ihr gerade seine Offiziere und Maate vor. Zwar rauschten die Namen an ihr vorbei, doch sie wusste, dass sie sich rechtzeitig an sie erinnern würde, falls es nötig war. Sie lächelte etwas gezwungen und hob grüßend die Hand. Dabei sehnte sie sich im Grunde danach, in ihre Kabine zu kommen. Rasch sah sie sich zu Qulka um. Die kleine Gurrländerin wankte unter der Last des Gepäcks, das sie sich aufgeladen hatte.
Irgendwo in dem riesigen Bündel, das Qulka mit sich schleppte, befand sich auch das Silberkästchen mit dem Kristall. Merani hatte es in den Packen mit ihrer Kleidung gesteckt. Nun starb sie tausend Tode aus Angst, Qulka habe nicht alles mitgenommen und der Kristall wäre in Gurrdhirdon zurückgeblieben. Sie fingerte das Gepäck kurz mit ihren Kräften ab und atmete erleichtert auf, als sie Silber in genau dem Umfang spürte, wie es zu der Schatulle passte. Auf Qulka war eben doch Verlass.
Unterdessen war Kipan mit seiner Begrüßung am Ende und salutierte. »Wenn Kaiserliche Hoheit erlauben, würde ich jetzt den Befehl zum Ablegen geben.«
»Ich erlaube es«, sagte Merani und sah einen alten Seebären vor sich, der linkisch salutierte. »Wenn Kaiserliche Hoheit mir bitte folgen möchten! Oder wollt Ihr lieber an Deck bleiben und dem Ablegemanöver zusehen?«
Eigentlich hatte Merani gleich unter Deck gehen wollen. Jetzt aber verspürte sie die Sehnsucht zu schauen, wie das Ufer ihrer Heimatinsel hinter ihr zurückblieb.
»Danke, ich bleibe an Deck. Bitte hilf meiner Zofe, das Gepäck in meine Kabine zu bringen.«
»Es wird sofort geschehen!« Der Matrose
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