Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
ihm.
Nicht, bevor ich wusste, was ich empfand und was sie empfanden. Aber das war wirklich alles, was ich ihm zugestehen würde.
Ich hatte gewusst, dass es ein Fehler gewesen war, Samuel den Abend im eigenen Saft schmoren zu lassen. Ich hätte Adam wahrscheinlich sagen sollen, das Brans Sohn immer noch bei mir wohnte, sobald mir klar wurde, dass er das nicht wusste – aber was wir an diesem Abend erlebten, war zu diesem Zeitpunkt dafür noch zu zerbrechlich gewesen.
Also war Adam vollkommen verdutzt über das plötzliche Auftauchen von Samuel, meinem ehemaligen Liebhaber und jetzigen Mitbewohner.
»Nicht sehr freundlich, Samuel«, sagte ich und wandte mich Adam zu. »Er wohnt hier, bis er eine Wohnung findet.« Ich sah Samuel an. »Was wohl bald der Fall sein dürfte.«
»Ich dachte, Sie hätten eine Praxis in Montana, Dr. Cornick«, sagte Adam. Er hatte mich losgelassen, als die Tür aufging, aber dann die Hand unten an meinen Rücken gelegt – eine dieser besitzergreifenden Gesten, wie Männer sie gern in der Gegenwart anderer Männer zeigen.
Samuel nickte und trat zurück, dann hielt er die Tür so, dass wir alle hineingehen konnten. Sobald sie beide in meinem Wohnzimmer standen, konnte ich spüren, wie Macht von beiden ausging.
»Ich hatte zusammen mit drei anderen Ärzten eine Gemeinschaftspraxis«, sagte er und ging in die Küche. »Sie werden kein Problem mit meiner Abwesenheit haben. Ich habe Aspen Creek schon vor einer Weile für längere Zeit verlassen, und als ich zurückkehrte, musste ich feststellen, dass ich mich nicht wieder eingewöhnen konnte. Also dachte ich, ich versuche es irgendwo anders.«
Adam nahm eine dampfende Tasse entgegen und pustete
nachdenklich auf die Oberfläche des Kakaos. »Denken Sie etwa daran, in mein Rudel aufgenommen zu werden?«
Samuels Lächeln, das sein Gesicht seit dem Öffnen der Tür nicht verlassen hatte, wurde noch breiter. »Daran würde ich nicht einmal im Traum denken. Ich werde ein Einsamer Wolf – Sie werden die offizielle Benachrichtigung von Bran, der Sie darüber informiert, wahrscheinlich noch innerhalb dieser Woche erhalten.«
Ich ließ sie weiterreden. Sie achteten ohnehin nicht auf mich. Das Kleid konnte ich nicht ohne Hilfe ausziehen, aber dann zog ich einfach meine Trainingshose darüber. Ein weites Sweatshirt bedeckte meinen gebrochenen Arm und die Folterschiene mit den Klettverschlüssen. Schuhe waren schwieriger, aber ich fand ein altes Paar Tennisschuhe, das nicht vollständig aufgeschnürt war, und zog sie und ein paar Socken über meine Füße.
Als ich wieder zurück ins Wohnzimmer kam, waren die beiden Männer immer noch in eins dieser angenehm wirkenden, aber tödlich ernsten Gespräche verstrickt, die gewöhnlich schlimm enden. Sie hörten sofort auf zu reden, als ich die Haustür öffnete, aber sobald ich sie wieder hinter mir schloss, machten sie weiter.
Ich nahm den Bus, denn der Golf hatte keine Servolenkung. Ein paar Meilen von zu Hause entfernt hielt ich am Straßenrand an und holte mein Handy aus der Tasche.
»Stefan«, sagte ich, »deine Ersatzteile sind hier. Ich habe einen gebrochenen Arm, also musst du alle Arbeit selbst erledigen – aber ich kann es dir erklären.«
»Wie hast du es denn geschafft, dir den Arm zu brechen, Mercy?«, fragte er.
»Ein Werwolf hat mich gegen eine riesige Frachtkiste geworfen, was ziemlich übel war«, musste ich gestehen. »Aber
jetzt weiß ich, wie es ist, ein verängstigtes junges Mädchen zu retten, das von einem bösen Hexer und einem Drogenbaron entführt wurde.«
»Klingt interessant«, sagte Stefan. »Wir treffen uns an deiner Werkstatt.«
Es gibt eben auch Leute, die mir glauben.
Ende - Mercy Thompson 01 - Ruf des Blutes
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Patricia Briggs
Im Bann des Blutes
Titel der amerikanischen Originalausgabe
MOON CALLED
Deutsche Übersetzung von Regina Winter
Deutsche Erstausgabe 11/2007
Redaktion: Natalja Schmidt
Copyright © 2006 by Patricia Briggs
Copyright © 2007 der deutschsprachigen Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, KM, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
eISBN: 978-3-641-08649-7
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