Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
Erklärung einzulassen, wenn uns das alles lebendig hier herausbringen konnte.
Es gelang Stefan, ein Wort von sich zu geben. »Falle.«
Sie vollzog eine rasche Kreisgeste in der Luft und ließ die Hand dann wieder sinken. Als Reaktion darauf erschlafften alle Männer, die am Boden lagen. Samuel, wie ich erfreut bemerkte, atmete noch.
»Eine Erklärung, Stefan«, befahl sie, und ich holte tief und erleichtert Luft, weil sie ihre Aufmerksamkeit auf einen anderen richtete.
»Man hat Ihnen offenbar eine Falle gestellt, Herrin«, murmelte Stefan heiser wie ein Mann, der zuvor geschrien hat. »Sie lassen den Wolf bluten und präsentieren ihn Ihnen, als wäre er ein Geschenk. Sie waren gut. Mir ist nicht aufgefallen, dass er gebannt war, bis ich das Blut sah.«
»Du könntest recht haben«, erwiderte sie. Sie warf mir einen gereizten Blick zu. »Bitte tun Sie dieses Ding weg. Sie brauchen es jetzt nicht mehr.«
»Es ist in Ordnung, Mercy«, sagte Stefan, die Stimme immer noch rau. Er war nicht aufgestanden, sondern lag immer noch mit geschlossenen Augen da, als hätte er das Ende seiner Kraft erreicht.
Ich steckte die Halskette ein, und das Zimmer sah in dem verbliebenen Licht noch surrealer aus.
»Erzähle mir mehr von dieser Falle, Stefano«, forderte sie energisch, während sie von der Lehne der Couch wieder auf den Sitz kletterte. Falls ihr Blick dabei ein wenig zu lange an Samuel hängen blieb, der immer noch schlaff dalag, dann war doch zumindest das unmenschliche Flackern ihrer Augen beinahe vergangen.
Die Vampire im Raum zeigte zwar wieder gewisse Lebenszeichen, aber nur Stefan bewegte sich wirklich. Er stöhnte, als er sich hinsetzte und sich die Stirn rieb, als hätte er Schmerzen. Seine Bewegungen waren ruckartig und wirkten unmenschlich.
»Lilly kam ohne ihre Betreuer zu uns. Ich dache, sie solle einen Vorfall provozieren. Wenn Samuel sie getötet hätte, wäre es zum Krieg zwischen unserer Siedhe und dem Marrok gekommen. Aber vielleicht ging es um noch mehr als das. Ich dachte, es sei uns gelungen, ihn wegzubringen, ehe Lilly ihn markieren konnte, aber im Nachhinein glaube ich, dass er von diesem Moment an unter dem Bann stand. Sie schickten ihn blutend wie ein rohes Steak hier herunter und präsentierten ihn Ihnen. Wenn Sie Samuel umgebracht hätten – und das halte ich durchaus für möglich, halb verhungert, wie Sie waren –« Ich konnte die Missbilligung in seiner Stimme hören. »Wenn Sie Samuel umgebracht hätten …« Er brach ab.
Sie leckte sich die Lippen, als gäbe es dort immer noch eine Spur von Blut. Ich sah auch das Aufblitzen von Bedauern auf ihren Zügen, als sie Samuel anstarrte, als wünschte sie sich, man hätte sie nicht aufgehalten.
»Wenn ich ihn umgebracht hätte, hätte es Krieg gegeben.« Sie wandte sich von Samuel ab und sah mir in die Augen – aber nichts geschah. Sie verzog verärgert das Gesicht, schien aber weniger überrascht zu sein als ich. Vielleicht arbeitete das kleine Lamm, das mich vor ihrer Magie geschützt hatte, immer noch. Sie ließ die langen, manikürten Nägel aufeinanderklicken und sah aus, als dächte sie über etwas nach.
»Wir wären vollkommen unterlegen gewesen«, sagte Stefan, als sie weiterhin schwieg. Er riss sich sichtlich zusammen, bevor er aufstand. »In einem Krieg wären wir gezwungen gewesen, dieses Land zu verlassen.«
Sie erstarrte, als hätte er etwas ungemein Wichtiges gesagt. »Diese verfluchte Wüste zu verlassen und nach Hause zurückzukehren –« Sie schloss die Augen »Dafür würden viele hier meinen Zorn riskieren.«
Die anderen Vampire regten sich inzwischen. Ich bewegte mich zwischen sie und Samuel und verließ mich darauf, dass Stefan uns seine Herrin vom Leib halten würde. Als sie aufstanden, schienen sie sich mehr auf Stefan als auf Marsilia zu konzentrieren. Wie die meisten Leute an diesem Abend ignorierten sie mich, als sie langsam näher kamen.
»Wach auf, Sam.« Ich schubste ihn mit meinem Absatz.
Stefan sagte etwas in wohlklingendem Italienisch. Als befänden sie sich in einem seltsamen Spiel von »schaukle die Statue«, hörten die andern Vampire einfach auf, sich zu bewegen, obwohl das einige in unbequem aussehenden Posen erstarren ließ.
»Was ist mit Samuel los?«
Ich hatte die Frage an Stefan gerichtet, aber es war Marsilia, die antwortete. »Er steht im Bann meines Bisses«, sagte sie. »Einige sterben an dem Kuss, aber einem Werwolf wird es wahrscheinlich keinen dauerhaften Schaden zufügen. Wenn
Weitere Kostenlose Bücher