Merlins Drache 01 - Basilgarrad
oder erwürgt es seine Opfer.«
Basil schauderte. Er wich auf dem Felsklotz ein paar Schritte zurück. »Also könnte mein Traum …«
»… eine Vision der Zukunft sein. Merlins Zukunft.«
Tiefe Falten gruben sich in Basils Stirn. »Ich muss ihn finden. Muss ihn warnen!«
»Das musst du wirklich.« Der Hirsch zögerte kurz, schaute sich wieder um und flüsterte dann eindringlich: »Die größte Gefahr von allen – der schlimmste Albtraum – wäre, dass der Blutegel, Rhita Gawr, das Kreelix vor Merlin findet! Denn dann könnte Rhita Gawr dem Kreelix mehr Kraft und mehr Intelligenz geben – etwas, das Merlin nie vermuten würde. Er würde einem mächtigeren Kreelix begegnen als jeder Zauberer vor ihm. Und die Folge wäre möglicherweise …«
»… sein Tod«, schloss Basil grimmig.
»Einen Vorteil haben wir«, sagte der Hirsch. »Der Blutegel weiß noch nichts von dem Kreelix. Deshalb musst du dich mit deiner Suche beeilen! Ja, genau wie du dich daran erinnern musst, ein Sandkorn oder ein Bröckchen Erde aus jedem Reich zu schlucken.«
Nicht weit von den Hufen des Hirschs regte sich ein dunkles Geschöpf, das sich in einem winzigen Spalt hinter einem Felsklotz versteckte. Das blutunterlaufene Auge brannte leidenschaftlich. Denn gerade hatte es viel Wichtiges erfahren. Und jetzt, wenn sein Plan erfolgreich war … würde das fürchterliche Kreelix baldeinen mächtigen Verbündeten an seiner Seite haben. Einen, der sich von Blut ernährte.
Basil, der den Blutegel nicht bemerkte, erklärte: »Ich muss gehen. Jetzt.«
»Warte.« Der Hirsch sprach wieder mit seiner vollen, wohlklingenden Stimme. »Bevor du aufbrichst, muss ich dich etwas fragen.«
Unsicher, was das sein könnte, fragte der Salamander: »Was denn?«
»Wie du heißt. Sag mir deinen Namen.«
»Basil. Man nennt mich Basil. Aber frag mich nicht, warum.«
Der Hirsch stellte die Ohren. »Nach dem Geruch der Basilikumblätter, nehme ich an. Vielleicht einer deiner ersten magischen Düfte. Habe ich recht?«
»J-ja … aber wie konntest du …«
»Ich habe geraten, mein Sohn.« Tief aus der Hirschkehle kam ein Geräusch wie ein zufriedenes Kichern. »Und jetzt, mein guter Basil, ist es an der Zeit, dass wir uns trennen. Ich muss zu Elen, um sie in die Anderswelt zu führen. Und du musst deine Suche beginnen … wohin sie dich auch führen mag.«
Grimmig nickte der Salamander. »Wohin sie mich führen mag.«
»Leb wohl, guter Basil.« Der Hirsch spannte die mächtigen Beine, wirbelte herum und stampfte so fest mit den Hufen, dass Steine unter ihnen splitterten. Schon wollte er davonstürmen und über die Klippe galoppieren.
»Warte!«, rief Basil plötzlich aufgeschreckt. »Was ist mit der Pforte?«
Dagda blieb stehen. Seine Geweihenden rauschten durch die Luft, als er herumfuhr. »Die wirst du nicht brauchen«, erklärte er, seine braunen Augen glänzten seltsam.
»Aber wie …«, protestierte Basil und flatterte mit den kleinen Flügeln.
»Es gibt andere Reisemöglichkeiten«, sagte Dagda. »Manche sind langsam … und andere sind schnell – so schnell wie der Wind.«
19
Zeit zu fliegen
Reisen nehmen die verschiedensten Formen an. Sie sind unvergleichliche Gestaltveränderer. Nur eins haben alle Reisen gemeinsam: Irgendwo, wenn du es am wenigsten erwartest, fangen sie an.
P lötzlich wehte eine warme Brise über Basil, füllte ihm die Lungen und ließ seine Flügel flattern. Zimtgeruch kitzelte seine Nasenlöcher. Frischer Wind umkreiste ihn und drehte sich ständig in einer luftigen Umarmung.
»Hhallo, kleiner Wanderer.«
»Aylah!« Basil freute sich so, dass er von dem kristallinen Felsklotz sprang und auf einem Stein ganz am Rande der Klippe landete. Kleine Splitter brachen ab und fielen mit lautem Klappern die steile Wand hinunter. »Ich bin so froh, dich wiederzusehen – äh, zu
fühlen.
Du hast mir gefehlt.«
»Und du mir, kleiner Wanderer. Auch wenn ich zu vielen Orten, selbst fernen Welten gereist bin, hhabe ich oft an dich gedacht.«
»Ferne Welten?«, fragte Basil erstaunt, während Aylah einen unsichtbaren Luftknoten um seinen Schwanz band. »Vermutlich sollte ich nicht überrascht sein. Du hast mir vor langer Zeit erzählt, dass du eine unermüdliche Reisende bist.«
»So wachsam wie die Sterne, so ruhhelos wie der Wind«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Aber jetzt bin ich hhier an deiner Seite. Denn Dagda hhat mich gerufen, er will, dass ich dich mit auf eine Reise nehme.«
Als sie den
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