Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
fegte mit der Hand den Hühnerkot vom Hocker. Die Männer setzten sich.
„Anna ist ermordet worden, und Ihr habt den Täter“, sagte Rudolf leise aber bestimmt, „doch wenn Ihr noch Fragen habt – nur zu.“
„Nun, eigentlich gelten meine Fragen Eurem Sohn Eberhard, der ja mit der Ermordeten verlobt war.“ Seine Augen richteten sich auf den blassen Jüngling, der mit gesenktem Kopf neben dem Vater saß. Mathäus entging nicht das nervöse Zucken seiner Hände, die er ineinander gefaltet auf den Tisch gelegt hatte. Eberhard war stupsnasig und sommersprossig; man suchte vergebens nach Ähnlichkeit mit den eher groben Gesichtszügen seines Vaters.
„Es tut mir leid um deine Braut, Eberhard“, begann Mathäus, „meine herzlichste Anteilnahme ist dir gewiss!“
Eberhard nickte nur, hielt immer noch den Blick gesenkt.
„Darf ich dich etwas Persönliches fragen?“
„Gewiss.“
„Hast du Anna geliebt?“
Mathäus sah die Zornesröte, die das Gesicht des Vaters überzog, warf ihm einen strengen Blick zu, was ausreichte, um den Bauern still zu halten.
„Ja, ich hab sie geliebt, Herr“, erwiderte Eberhard heiser.
Mathäus nickte. „Ich möchte dir noch eine weitere Frage stellen, Eberhard, eine Frage, die ich dir einfach stellen
muss
, auch wenn sie dir unsinnig erscheint.“
Eberhard nickte unsicher.
„Kennst du jemanden, der Anna Böses wollte?“
„Nein, Herr.“
„Andersrum gefragt: Kennst du Menschen, die Anna mehr mochten, als dir lieb war?“
Einen Augenblick lang herrschte eisiges Schweigen. Wieder eine nervöse Handbewegung des jungen Burschen. Auch Rudolf, der sich sichtlich unwohl fühlte, hielt inzwischen den Blick gesenkt. Sein Sohn aber zwang sich nun, den Dorfherrn offen anzuschauen.
„Wie meint Ihr das?“
„Nun, gab es Nebenbuhler?“
„Ich weiß nicht, was Ihr mit dieser Frage bezweckt, Herr.“
„Beantworte sie einfach.“ Ein Instinkt befahl Mathäus, nicht locker zu lassen, obgleich er sich recht taktlos dabei vorkam.
Mehrmals versuchte Eberhard zum Sprechen anzusetzen, doch kein Laut wollte über seine Lippen kommen. Zunehmend wurde Mathäus an einen japsenden Fisch an Land erinnert. Er empfand Mitleid mit dem Burschen, kämpfte aber beharrlich gegen dieses Gefühl an.
„Nun?“
„Es gab da jemanden, der … Herr, ich bin sicher, dass dies nichts mit der Angelegenheit zu tun hat.“
„Angelegenheit? Es geht um Mord, Junge.“
„Was soll das, Herr Mathäus?“, entfuhr es Rudolf, dessen Gesicht puterrot angelaufen war. „Es handelt sich um persönliche -“
„Nicht Euch, sondern Euren Sohn habe ich gefragt“, bellte Mathäus. „Sag mir, Eberhard: Wer, außer dir, hatte Interesse an Anna? Es liegt nicht an dir oder deinem Vater zu entscheiden, was von Belang ist und was nicht.“
Hilflos nagte der Bursche an seiner Unterlippe.
„Du wirst schweigen!“, befahl ihm der Vater.
Mathäus’ Augen schossen Blitze. Nur kurz hielt Rudolf diesem Blick stand.
„Beim Arsch des Teufels, jetzt reicht’s mir“, brüllte der Dorfherr. „Wenn Ihr meine Ermittlungen behindern wollt, Rudolf, dann fürchtet arge Konsequenzen. Wenn Ihr aber nichts zu verbergen habt, dann lasst gefälligst Euren Sohn auf meine Fragen antworten!“
Ein eisiges Schweigen war die Antwort. Draußen bellte ein Hund, den der laute Streit aus dem Schlummer gerissen hatte. „Nun, ich höre, Eberhard“, fuhr der Dorfherr nach einer Weile ruhiger fort.
„Es gibt da einen Bauern, der Anna zugetan war“, hauchte Eberhard.
„So? Und wer ist dieser Bauer?“
„Es ist … Ludwig.“
Aus Rudolfs Richtung war ein hohles Ächzen zu vernehmen. Eberhard rieb seine Fäuste gegeneinander.
„Ludwig? Der Bauer vom Hahndorn?“
„Genau der, Herr.“
Mathäus blies seine Wangen auf. Ludwig war ein Mann jenseits der fünfzig, gehörte zu den Dorfältesten und zu den wenigen Freibauern der Herrschaft. Er war dafür bekannt, ein Auge auf junge Mädchen zu haben, und jedermann wusste, es blieb nicht immer nur beim Gucken und Augenzwinkern. Keine seiner Mägde war sicher vor ihm, sehr zum Unmut seiner Gattin Mathilde, die ein wahrer Fettberg und Giftzahn war. Bei ihrem Anblick empfand so mancher Dorfbewohner insgeheim Verständnis für Ludwigs sündige Untugenden.
„Warum habt Ihr Ludwig nicht zurechtgewiesen, wenn Ihr von seinen Anzüglichkeiten wusstet? Und warum wolltet Ihrmir die Sache verschweigen?“ Mathäus’ Frage war an den Vater gerichtet.
Rudolf senkte beschämt den Blick. „Ihr
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