Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
passte, als sei es eigens für sie angefertigt worden. Ihr hübsches Gesicht glänzte froh, denn erstmals seit längerem hatte sie wieder eine Botschaft von ihrem Geliebten erhalten. In den vergangenen Tagen war es nicht ratsam gewesen, sich zu treffen. So schrecklich Annas Tod auch sein mochte, für Margaretheund ihren Geliebten bedeutete er die herbeigesehnte Wendung des Schicksals.
Margarethes Blick fiel auf den Hof des Ludwig, und sogleich huschte über ihr Gesicht ein dunkler Schatten, der jede Glückseligkeit daraus verbannte.
„Wart’s nur ab, Hurenbock, bald geht’s dir an den Kragen“, flüsterte die Schuhmacherstochter. Sie sah sich um. Weit und breit keine Menschenseele. Alle waren auf den Feldern, auch die Kinder. Umso besser, niemand brauchte zu sehen, wohin sie nun ging.
Sie erreichte den oberen Hahndorn, wandte sich links. Ließ die letzten Behausungen der Ortschaft hinter sich und folgte einem breiten Weg, der sie in den Wald führte, wo ihr Geliebter sie am genannten Treffpunkt zu sehen wünschte. Rechterhand erblickte sie die Arbeitenden auf den Äckern des Buschfelds. Hoffentlich sah niemand zu ihr hinüber, ihr weißes Kleid war auffällig genug. Andererseits würde die Wahrheit eines Tages ohnehin ans Tageslicht kommen. Was dann einer Erlösung gleichkäme.
Ja, sie hatte seine Botschaft erhalten. Gemeinsam würden sie Pläne schmieden. Nicht alle dieser Pläne wären gottgefällig, aber das war ihr einerlei. Um Gnade und Vergebung konnte man den Herrn immer noch bitten. Irgendwann würden sie Bußwallfahrt machen, das hatten sie längst beschlossen. Eine Sünde, begangen um der Gerechtigkeit willen, würde Gott ihnen gewiss verzeihen.
Margarethe hatte den Wald erreicht. Sog den herbfrischen Duft der Kiefern in sich auf. Die Hitze des frühen Tages tat sich schwer, diese letzte kühle Bastion zu erobern. Zahllose Vögel zwitscherten lebensfroh. Margarethe beschleunigte ihren Schritt. Begann schließlich wie ein Kind zu hüpfen. Zu ihrerLinken plätscherte friedvoll die nie versiegende Quelle des heiligen Born. Margarethe hätte singen können vor Glück.
Mit einem Mal fiel ihr der Dämon ein, den die alte Sibylle gesehen haben wollte. Ob dieses teuflische Wesen wirklich in diesem Wald sein Unwesen trieb? Oder hatte sich die schrullige Hebamme das nur eingebildet? Margarethe wusste nicht, was sie von den Geschichten halten sollte, die inzwischen über jene schauerliche Begegnung kursierten. Vielleicht war es ja in der Tat ein Dämon gewesen. Doch vermutlich hatte er längst das Weite gesucht, nachdem Burgkaplan Moses tags darauf den Ort der Begegnung aufgesucht und dort einen Kübel mit geweihtem Wasser ausgeschüttet hatte. Damit hatte der Kaplan dem Wunsch der verängstigten Bevölkerung entsprochen, er selbst mochte nicht an die Veränderlichkeit des Schicksals glauben, das der Menschheit unmittelbar bevorstand.
Margarethe fürchtete sich nicht. In Anbetracht ihres Glückes war ihr jeder Gedanke an das Weltenende fern. Und für den Fall, dass das Höllenwesen ihr wider Erwarten doch begegnete, hatte sie sich ein paar wirksame Abwehrmaßnahmen überlegt. Zuerst würde sie das Kreuzzeichen des dreieinigen Gottes schlagen. Dann würde sie dem vor Pein brüllenden Dämon das Vaterunser ins hässliche Gesicht schmettern, das würde ihm den Rest geben. Unter lautem Wehgeschrei würde er verschwinden, versinken ins Erdreich, auf Nimmerwiedersehen. Ha, sollte er bloß kommen. Ihr Glück bezwang jede Angst.
Sie erreichte eine Abzweigung und wandte sich rechts. Zwei Rehböcke kreuzten ihren Weg und verschwanden im Dickicht. Margarethe spürte, wie ihr Herz immer schneller ging. Gleich würde sie ihren Liebsten sehen. Sie würden sich um den Hals fallen, sich leidenschaftlich küssen. Seine starken Hände würden unter ihr Kleid gleiten, sie zärtlich streicheln,an allen erdenklichen Stellen. Ach, wie wunderschön es doch mit ihm war. So konnte sie die Demütigungen, die Ludwig ihr antat, leicht vergessen.
Endlich erreichte sie den Forellenweiher. Sah sich um. Noch war sie allein. Der Geliebte würde sicher nicht lange auf sich warten lassen. Bestimmt kostete es ihm einige Mühe, sich unter einem glaubwürdigen Vorwand von der Feldarbeit zu entfernen. Margarethe hob ein paar Steinchen vom Boden auf, schmiss sie in den Weiher, beobachtete das Kräuseln der Wasseroberfläche. Die Blätter eines nahen Gebüsches begannen zu rascheln.
Schmunzelnd spähte sie umher. „Liebster?“, rief sie mit
Weitere Kostenlose Bücher