Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
bemerkte Mathäus schulterzuckend.
Auf der Stirn des Paulus entstand eine steile Zornesfalte. „Aber meine Geduld kennt Fristen. Und die des Herren Konrad auch.“
Konrad hob eine Augenbraue und spreizte die Hände. „Da muss ich ihm Recht geben“, sagte er, „der Gefangene muss verurteilt werden, Geständnis hin oder her. Sonst stürmen am Ende noch aufgebrachte Bauern die Burg.“
Mathäus sah den Herrn von Merode nachdenklich an.
„Es ist ja keineswegs so“, fuhr Konrad fort, „dass nicht alles gegen ihn spräche.“
„Womit mein Vetter das wichtigste aller Argumente an den Schluss seiner Rede gesetzt hat“, sagte Rikalt halblaut. „Mehr als die Frage nach der Gerechtigkeit beschäftigt ihn wohl die Furcht vor aufgebrachten Bauern.“
Nicht zum ersten Mal wunderte Mathäus sich über den Feingeist des Elfjährigen. Rikalt hatte seinen Kopf in beide Hände gestützt und sah den Vetter mit wachen Augen an. Konrad ließ sich durch die freche Bemerkung des Jüngeren nicht aus der Fassung bringen. Mit einem süffisanten Lächeln betrachtete er den protzigen Ring an seiner Hand. „Die Rangfolge von Argumenten in dieser Angelegenheit möchte ich mit Euch besser nicht erörtern, werter Vetter“, sagte er, ein Gähnen unterdrückend. „Werdet erst einmal erwachsen und sammelt Lebenserfahrungen.“
Mathäus erhob sich und holte tief Luft. „Also gut, werte Herren, ich werde den Gefangenen Tobias Hompesch ein letztes Mal verhören. Sollte er dann immer noch nicht gestehen, mögen die Schöffen über ihn richten.“
„Und wenn er gesteht?“, wollte Rikalt wissen.
Paulus blähte seine Brust auf. „Dann hängt er noch heute“, knirschte er.
Konrad schüttelte lachend den Kopf. „Aber Herr Paulus, wo bleibt denn Euer Stil? Glaubt Ihr wirklich, dass es den Bauern Genugtuung verschafft, wenn der Mörder unter Ausschluss der Öffentlichkeit stirbt? Nein, sie wären unzufrieden. Die Hinrichtung muss ein Schauspiel werden. Ich denke da an das Erntefest, das kommenden Sonntag stattfindet. Wir werden einen Henker aus der Stadt kommen lassen, der sich in der Kunst des Tötens auskennt.“
„Dazu braucht Ihr keinen Henker aus der Stadt“, brummte Paulus mit Bestimmtheit. „Dieses Amt kann ich selbst übernehmen.“
Mathäus hatte dem Wortwechsel stumm gelauscht. „Das glaube ich Euch aufs Wort, Herr Paulus. Aber noch haben die Schöffen ihr Urteil nicht gesprochen.“
„Die Schöffen“, zischte Paulus verächtlich und rieb sein verstümmeltes Ohr. „Macht Euch um die keine Sorgen, Mathäus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die etwas gegen unseren Willen entscheiden.“ Er grinste verschlagen.
„Wie auch immer. Würdet Ihr nun die Güte besitzen, mich ins Verlies zu bringen?“
„Euch ins Verlies bringen? Oh, es gibt nichts, was ich lieber tun würde, Dorfherr.“
Konrad seufzte beglückt auf. „Ach, wie schön ist es, wenn zwei Streithähne sich wieder vertragen.“
Du musst es ja wissen, dachte Mathäus und folgte dem Burgvogt.
Der Gefangene schien geschlafen zu haben, als Mathäus mit einer Fackel die Zelle betrat. Ächzend richtete er sich auf. DerDorfherr erschrak, als er den ausgemergelten Tobias Hompesch sah. Sein Gesicht glich einer Totenmaske, auf der das flackernde Fackellicht die Schatten tanzen ließ.
„Bringt Ihr mir etwas zu essen?“, krächzte er.
Mathäus schüttelte den Kopf. „Ihr habt gelogen“, sagte er. „Ihr seid kein Tuchhändler!“
Tobias machte ein obszönes Geräusch. „Was erzählt Ihr da?“
„Wie kommt es, dass in der Aachener Tuchhalle, wo Ihr angeblich Geschäfte tätigt, niemand Euren Namen kennt?“
Hompesch schwieg.
„Wer seid Ihr wirklich?“
„Ich handle vor allem in Flandern“, behauptete der Kaufmann gleichgültig.
„Mag sein. Aber nicht mit Tuchen. Jedenfalls wäre es besser für Euch, mir endlich die Wahrheit zu sagen, Hompesch, oder wie immer Euer richtiger Name auch lautet. Gesteht endlich den Mord, den Ihr begangen habt.“
„Wie könnte ich das gestehen? Ich bin unschuldig.“
Mathäus schüttelte einmal mehr den Kopf. „Ihr habt gemordet! Leugnet es nicht länger.“
„Und ich dachte, Ihr würdet mir helfen.“
„Helfen kann Euch nur noch Gott. Gesteht, und ich lasse einen Priester rufen, damit Ihr Eure Seele erleichtern könnt.“
„Lasst die Pfaffen, wo sie sind. Ach, verflucht …“ Mit einer jähzornigen Bewegung kratzte er durch sein Gesicht. „Diese Bauernhure …“, fuhr er wütend fort.
Angewidert verzog
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