Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
ihrer dunklen, lispelnden Stimme.
Rascheln. Margarethe verschränkte die Arme und hob keck das Kinn. „Komm raus, ich hab dich gesehen!“ Was würde er wohl über ihr betörendes Kleid sagen?
Als immer noch niemand hervortrat, verlieh die Tochter des Schuhmachers ihrer Stimme einen beleidigten Unterton. „Komm jetzt raus! Ich sehne mich nach dir!“
Diesmal gehorchte der Verborgene und kam zum Vorschein. Aus einem Baumwipfel flatterten Vögel aufgeregt davon. Margarethes Schrei erstarb ihr im Hals. Angst krallte sich um ihr Herz. Vor ihr stand – der Dämon!
Schwarz, behaart, grunzend, so stand er vor ihr. In seinen Augen höllischer Hass. Trat mit weiten Schritten auf das Mädchen zu, hob drohend seine schwarzen Klauen.
Margarethe stand wie gelähmt. Eine Stimme tief in ihrem Innern befahl ihr, die rechte Hand zu heben und das Zeichen des Kreuzes zu schlagen. Sie schlug es, schlug es wieder und wieder. Aber der Dämon kam näher. Voller Entsetzen stellte Margarethe fest, dass das Symbol des Gekreuzigten demDämon nicht zu schaden vermochte. Im Gegenteil, er schien recht amüsiert zu sein über ihre verzweifelten Versuche, ihn zu vertreiben. Ein grausiges Grinsen umspielte seine Lippen. Margarethe konnte ihm nun direkt in die Augen sehen. Ihr Mund stand weit offen, und ihre unsagbare Furcht wich einem Gefühl ohnmächtiger Fassungslosigkeit. Sie wollte den Kopf schütteln, doch die Klauen des Dämons hatten sich bereits um ihren Hals gelegt.
Sie wehrte sich nicht. Tausend Bilder erschienen vor ihren Augen, ihr Leben spielte sich vor ihr ab. Sie spürte nichts von der rohen Gewalt, die ihre Kehle zerquetschte. Es war ihr nicht einmal bewusst, dass keine Luft mehr in ihre Lungen strömte. Irgendwann begannen feurige Räder vor ihren Augen zu tanzen. Ihr letzter Gedanke galt Vater und Bruder. Dann wurde es schwarz um sie.
15
Gegen Mittag sattelte Mathäus Julius. Seit drei Tagen war er wieder daheim, doch seine Pflichten hatten es ihm bislang nicht ermöglicht, die Angebetete in Schlich aufzusuchen. Lediglich am vergangenen Sonntag, in der Pfarrkirche zu Echtz, hatten die beiden sich kurz sehen können.
Mit klopfendem Herzen schwang er sich auf Julius’ Rücken und ritt los. Fest hatte er sich vorgenommen, seiner Angebeteten den Ring, den er in Aachen erstanden hatte, zu überreichen.
Unterwegs kamen ihm Zweifel, ob der Kauf des Ringes nicht zu voreilig gewesen sei. Würde das Geschenk die Liebste nicht zu einer Entscheidung drängen? Genau das aber war es, was Mathäus vermeiden wollte. Die Entscheidung musste in Jutta selbst reifen, durfte nicht durch Liebesgaben oder Gesten jedweder Art beeinflusst werden. Noch bevor er sie also auf dem Feld ausfindig machte und in seine Arme schloss, gelangte er zu dem Entschluss, ihr das Schmuckstück vorerst doch nicht zu überreichen.
Jutta nahm sich Zeit für ihn, ging mit ihm ins Haus. Auch ihre Eltern kehrten ein, gesellten sich zu ihnen. Dies behagte Mathäus überhaupt nicht, er fühlte sich in der Gegenwart des Vaters, des knorrigen Johann, äußerst unwohl. Schließlich machte Johann keinen Hehl aus seinem Wunsch, seine Tochter – wenn sie sich, wie er hoffte, für ein weltliches Leben entschied – mit einem der Bauernsöhne aus der Nachbarschaft zu verheiraten. Nur widerwillig akzeptierte er Juttas Gefühle für diesen Beamten, der wahrscheinlich noch nie in seinem Leben einen Dreschflegel in den Händen gehalten hatte. Gleichwohl bemühte sich Johann um einen höflichenUmgangston. Seine Frau Heilwig war mehr als nur höflich, sie hatte den Geliebten ihrer Tochter offensichtlich ins Herz geschlossen. Möglich, dass diese warmherzige Frau eines Tages zum Zünglein an der Waage wurde.
Nach einer knappen halben Stunde verabschiedete sich Mathäus, denn er wollte die Bauern nicht allzu lange von ihrer mühseligen Erntearbeit abhalten. Zumal auch auf ihn selbst noch Pflichten warteten. Draußen gab Jutta ihm noch einen zärtlichen Kuss, dann schwang er sich auf Julius’ Rücken und galoppierte mitsamt Ring zurück nach Merode.
Vor seinem Haus sah er schon von weitem Dietrich stehen, der ein Pferd am Zügel hielt und offensichtlich auf ihn wartete. Nichts Gutes ahnend, ritt Mathäus auf den rotgelockten Jüngling zu.
„Nicht, dass ich dich nicht mag, Didi, ganz im Gegenteil, aber jedes Mal, wenn ich dich sehe, überkommt mich ein mulmiges Gefühl. Du bist mir nicht gerade als Bote erfreulicher Nachrichten im Gedächtnis haften geblieben.“
Der Diener
Weitere Kostenlose Bücher