Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
müsst mich verstehen. Ludwig hat mir vor Monaten ein Darlehen verschafft, als ich dringend ein neues Ochsengeschirr benötigte.“
Nun fiel es dem Dorfherrn wie Schuppen von den Augen. Es ärgerte ihn, dass sein Scharfsinn nicht ausgereicht hatte, diesen Zusammenhang selbst zu entdecken. Ludwig war ein recht wohlhabender Bauer, möglicherweise der reichste in der Herrschaft. Man wusste von seiner Manier, weniger begüterten Bauern Geld zu leihen. Dies freilich tat er nicht allein aus christlicher Barmherzigkeit, denn es war ein offenes Geheimnis, dass er Zinsen nahm.
„Wie hat Anna auf seine Anzüglichkeiten reagiert?“, fragte Mathäus leise.
Eberhard lachte bitter auf. „Sie hat ihn zurückgewiesen. Er hat ihr gedroht. Sie hat sich ja nicht einmal getraut, es ihren Eltern zu sagen. Es war die Hölle für sie – und für mich!“
„Ich hoffe, dass Gott ihn eines Tages bestraft für seine Habgier und seine Lüsternheit,“ murmelte Rudolf wie zu sich selbst.
„Habt ihr Ludwig seit gestern gesehen?“
Vater und Sohn schüttelten gleichzeitig den Kopf.
„Aber sorgt Euch nicht um ihn, Herr“, knirschte Eberhard verbittert, „Anna ist zwar tot, aber Ludwig hat ja auch noch andere Eisen im Feuer.“
„Ach ja? Und wen zum Beispiel?“
„Wer kennt sie schon alle. Ich weiß nur, dass er auch auf Margarethe scharf ist wie ein Rüde auf die läufige Hündin.“
„Margarethe?“
„Die Tochter des Schuhmachers.“
„So? Und woher weißt du das?“
„Ihr wisst doch selbst, wie die Leute tratschen.“
„Da hast du wohl Recht. Jedenfalls danke ich dir für deine Auskünfte. Es war richtig, mir die Wahrheit zu erzählen.“ Sein Blick wanderte zum Hausherrn. „Verzeiht meine Unbeherrschtheit, Rudolf. Glaubt mir, es war nicht so gemeint.“
„Nicht doch, Herr. Verratet mir nur noch eines: Wann wird der Fremde hängen?“
„Alles hat seine Zeit“, erwiderte Mathäus, sich von seinem Hocker erhebend.
Der Findling am Wegesrand, auf dem vorhin noch der blinde Peter gesessen hatte, war leer. Am Himmel hingen nun vereinzelte Wolken. Ein halbes Dutzend Knechte, die mit Mistgabeln auf ihren Schultern vorüberschritten, grüßten den Dorfherrn höflich. Mathäus machte sich auf den Heimweg, fluchte, als er in einen Kuhfladen trat. Hatte er vorhin noch unwillkürlich über den Weltuntergang nachgedacht, gingen ihm nun ganz andere Dinge durch den Kopf. Was hatten ihm die Gespräche gebracht? Hatten sie die Erkenntnisse in diesem Mordfall erhärtet, oder hatten sie nur in den Seelen kleiner Menschen gestochert, deren Nöte und armselige Sünden entlarvt? War seine Beflissenheit nicht letztlich maßlos übertrieben? Der rote Stofffetzen – war der nicht Beweis genug? Wozu noch auf das Geständnis des Tobias Hompesch warten?
Mathäus beschloss, seinen scharfsinnigen Freund Heinrich bald mit allen Fakten vertraut zu machen.
„Teufel geht um!“
Die krächzende Stimme ließ Mathäus herumfahren. Sie hatte ihn jäh aus seinen Gedanken gerissen. Erleichtert atmeteer auf, als er Lazarus, den Knecht, erblickte, der einst einen Blitzschlag überlebt hatte, seither jedoch ein Leben in ewiger Verwirrung führte.
„Teufel geht um!“, wiederholte Lazarus und kicherte.
„Aber ja doch, Lazarus. Ebenso wie Gott ist auch sein Widersacher allgegenwärtig.“
„Anders, als Ihr glaubt“, sagte Lazarus beschwörend und sah sich nach allen Seiten um. „Teufel geht um! Leibhaftig!“
Mathäus klopfte ihm wohlwollend auf die Schulter, bevor er weiterging.
7
Mathäus hörte Juttas Lachen schon von draußen. Als er in die Stube trat, sah er auf den ersten Blick, dass Heinrich in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben war: Hier war offensichtlich gründlich gekehrt und gesäubert worden. Heinrich und Jutta hatten am Tisch Platz genommen, saßen sich plaudernd gegenüber, während die Dogge wie eine Sphinx zu Füßen ihres Herrn lag.
„Wer hätte gedacht, dass du deine Freunde als Lakaien missbrauchst“, begrüßte Jutta ihren Geliebten grinsend und strich sich eine Strähne ihres langen schwarzen Haares aus dem Gesicht. Sie war eine außerordentlich hübsche Frau, noch keine zwanzig Jahre alt. Erfrischende Heiterkeit strahlte von ihr aus. Bei ihrem Anblick fühlte Mathäus stets aufs Neue sein Herz hüpfen.
„Für meinen alten Freund Mätthes ist mir keine Arbeit zu gering“, behauptete Heinrich.
Nicht nur die Stube hatte er auf Vordermann gebracht. Sein Bart war sorgsam abrasiert, die Haare gekämmt.
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