Merode-Trilogie 3 - Löwentod: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
sich vor den dreien verbeugte und vor ihnen Platz nahm.
Rikalt, der junge Herr der östlichen Burghälfte, schenkte Mathäus ein offenes Lächeln. Jedermann wusste, dass die beiden sich mochten. Mathäus schätzte den wachen Geist des Elfjährigen, der den Dorfherrn manchmal, wenn niemand sonst es hören konnte, seinen Oheim nannte.
Paulus von Mausbach dagegen war bekanntermaßen ein erklärter Gegner des Dorfherrn, dessen bürgerliche Abstammung er verachtete. Viel lieber hätte er seinen Sohn in der Position des Dorfherrn gesehen, doch zähneknirschend musste er sich den Wünschen des Grafen beugen. Der Burgvogt, Rikalts nomineller Vormund, bedachte den Eingetretenen mit gewohnt finsteren Blicken. „Gewiss habt Ihr wieder eine ungemein wichtige Mitteilung zu machen“, brummte er spöttisch. „Eine Mitteilung, die es rechtfertigt, dass wir alles stehen und liegen lassen müssen, um Euren klugen Worten zu lauschen.“
„Ihr dürft ganz Ohr sein“, erwiderte Mathäus in Anspielung auf das verkrüppelte rechte Hörorgan des Mausbachers. „Wie Ihr vielleicht schon vermutet habt, geht es um den Mord an dem Jungen des Bauern Ruprecht.“
„Nein, das haben wir keinesfalls vermutet, Dorfherr.“ Paulus wippte ungeduldig auf seinem Stuhl. „Denn die Sachlage ist völlig klar, und es besteht keinerlei Grund für dieses eilig anberaumte Treffen: Der Mörder konnte identifiziert und von meinen Männern gefasst werden. Es steht völlig außer Zweifel, was mit ihm geschehen wird. Er wird der Gerichtsbarkeit überantwortet und mit dem Tode bestraft.“
„Womöglich wieder eine Hinrichtung im Rahmen des Erntefestes, nicht wahr, Herr Paulus? Ihr seid doch ein Meister feierlicher Inszenierungen.“
„Worauf wollt Ihr hinaus, zum Teufel?“, bellte der Burgvogt.
„Ich will es Euch sagen, werte Herren: Der Schweinehirt kann den Mord nicht begangen haben!“
Paulus lachte hämisch auf und schlug die Hände über seinem Kopf zusammen. „Geht das schon wieder los?“, rief er. „Schon im vergangenen Sommer habt Ihr viel Wirbel um diesen Kaufmann gemacht, der da unten in unserem Verlies saß. Jedermann wusste, dass er das Mädchen umgebracht hatte, weil alle Beweise gegen ihn sprachen. Nur Ihr hieltet ihn für unschuldig.“
Konrad ließ von seinem Ring ab und richtete sein Augenmerk mit einem breiten Grinsen auf den Dorfherrn.
„Unser lieber Freund Paulus hat nicht ganz unrecht, findet Ihr nicht, Herr Mathäus? Eure Zauderei war nicht eben ein Ruhmesblatt für Euch.“
Der junge Rikalt holte tief Luft. Es war offensichtlich, dass er sich mühevoll zu beherrschen suchte. „Mein lieber Vetter, wie immer, wenn Ihr etwas sagt, kommt dabei nur die halbe Wahrheit zutage. Der Dorfherr wollte damals nur jegliche Zweifel ausräumen. Wie wir noch alle sehr gut wissen, komplizierte sich der Fall durch einen weiteren Mord. Und kein Mensch der ‚Herrschaft‘ wäre imstande gewesen, ihn auf solch geniale Weise zu lösen, wie der Dorfherr es schließlich tat.“
Mathäus machte eine abwehrende Handbewegung. „Schon gut, Herr Rikalt, ich danke Euch. Aber ich bin nicht gekommen, um mich für irgendetwas zu rechtfertigen.“
„Wie auch immer“, sagte Konrad und unterdrückte nur mühsam ein Gähnen. „Für meinen Geschmack geschehen hier in letzter Zeit ein paar Morde zu viel. An einer vor Angst bibbernden Bevölkerung kann uns nicht gelegen sein. Ich bin sehr gespannt, was Eure Ermittlungen in Sachen Knabenmord ergeben haben, Herr Mathäus.“ Nun schielte er wieder nach seinem Ring. Das Grinsen in seinem Gesicht war gefroren.
Der Dorfherr wandte sich an den Burgvogt. „Herr Paulus, ich möchte Euch um etwas bitten. Seid doch so gut und stellt Euch vor mich hin. Ihr seid etwa so groß wie der inhaftierte Schweinehirt, und wenn ich sitze, habe ich ungefähr die Körpergröße des ermordeten Knaben.“
„Was soll dieser Unsinn?“, blaffte der Burgvogt.
Rikalt stieß ihn unsanft an. „Warum tut Ihr nicht, worum er Euch bittet? Ihr wollt doch sicherlich wissen, was er uns mitteilen will.“
Paulus erhob sich brummelnd und tat, wie ihm geheißen. Er postierte sich vor dem sitzenden Dorfherrn und sah verächtlich zu ihm herab.
„Und jetzt, Herr Paulus, demonstriert es an meiner Wenigkeit, wie der Schweinehirt den Knaben Eurer Meinung nach umgebracht hat.“
„Gern!“ Paulus’ Zähne blitzen unter seinem schwarzen Bart. Seine Hände zuckten hoch und legten sich um den Hals des Dorfherrn.
Die beiden Männer maßen sich mit einem
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