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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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leise: »Laß dir mal was ins Öhrchen flüstern, Lieutenant! Du bist dumm. Strohdumm. Dennoch brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich liebe dich noch immer.«
    Die Nachricht von der Explosion kam hinter ihnen durch den Fernseher der Bar. Die Klinik war eine Ruine. Die Zahl der Unfallopfer war unvollständig, doch ganz gewiß waren zwei NatSich-Wächter getötet worden. Man hatte sie anhand ihrer Uniformen identifiziert.
    Daniel hörte zu. Er war ausgesprochen erleichtert, von den beiden toten Wächterinnen zu hören – gleich, was die zweite Wächterin gesehen hatte, es zählte nicht mehr. Und er mußte Bert nicht zuhören. Vielleicht hatte Bert eine Tochter, und vielleicht hatte er keine Tochter. Das zählte ebenfalls nicht mehr. Einen Aufstand deswegen zu machen war die Sache bestimmt nicht wert.
    Und was die anderen betraf…
    Er schlug einen weiteren Drink vor, um die beiden toten Wächterinnen zu feiern, aber Bert sagte nein – sie mußten allmählich in die Stadt zurückfahren. Es war eine lange Fahrt, insbesondere für ihn nach seinem Tag im Büro, der Fahrt hier herunter und dem Gig. Sie sollten nichts dem Zufall überlassen.
    Daniel widersprach nicht. Ein weiterer Drink würde ihn nicht umhauen, aber er widersprach dennoch nicht. Er mochte dumm sein, vermutlich war er dumm, aber er hatte genügend Verstand, das zu tun, was ihm geheißen worden war. Die ganze Sache mit dem Vorteil war ein Irrtum gewesen. Es gab keine Tochter. Berts Existenz hatte mit der Militärpolizei begonnen. Ein Sergeant. Davor lagen keine Jahre. Die Sache mit Bert war, er hatte keine Vergangenheit. Das war ein Trick, den Daniel noch immer lernen mußte.

    Harriet hörte die Nachricht vom neuesten Bombenanschlag auf eine Klinik am nächsten Morgen beim Frühstück.
    »Davon werden wir noch ’ne ganze Menge mehr zu sehen kriegen«, meinte Liese zu ihr, während sie verbissen mit Anna kämpfte, die mit dem Löffel auf das Tischchen ihres Kinderstuhls einschlug. »Der Bevölkerungsrückgang setzt den Menschen allmählich zu. Sie können nicht mehr einfach so dahinleben und so tun, als ob nichts wäre. Sie wollen zurückschlagen.«
    »Menschen?« Harriet blickte auf. Sie war gerade damit beschäftigt, Annas Müsli zusammenzumischen. »Männer, meinst du.«
    »Nicht nur Männer.« Liese faltete die Morgenzeitung zusammen und steckte sie hinter die Teekanne. »Gestern habe ich von Mädchenbanden in Paris gelesen. Sie verprügeln allen und jeden. Wie Cohn-Bendit vor sechzig Jahren.«
    »Cohn-Bendit hat nicht überdauert.«
    »Cohn-Bendit wurde nicht die ganze Zeit über durch einen Bevölkerungsrückgang der Rücken gestärkt. Es ist wie eine Gruppenneurose. Eine Hysterie, und sie baut sich quer durch die westliche Gesellschaft auf.«
    »Das ist Mediengeschwätz, Liese.« Es war auch sozioanthropologisches Geschwätz. Lieses Examensseminar holte sie wieder ein. »Diese Vorstellung, daß Gesellschaften« – sie hob die Stimme, um Gehör zu finden – »diese Vorstellung, daß Gesellschaften sich wie Individuen benehmen, ist noch nicht wirklich… o Scheiße!«
    Geschlagen vom Radau, den ihre Tochter veranstaltete, gab sie auf. Anna war jetzt drei Jahre alt und konnte perfekt sprechen, wenn sie Aufmerksamkeit verlangte, aber auf Dinge einzuschlagen machte mehr Spaß. Gereizt klatschte Harriet das Müsli in eine Schüssel und stellte diese vor sie hin. Das Gehämmer ging weiter.
    »Sie möchte eine Banane drin«, meinte Liese.
    »Gestern aber nicht.«
    »Gestern abend ja.«
    »Warum, zum Teufel, sagt sie’s dann nicht, verdammt?«
    »Sie hat von diesen Mädchen in Frankreich gelernt. Alle hören erst dann zu, wenn man Krach schlägt.«
    »Ich höre zu.« Ernüchtert setzte sich Harriet neben ihre Tochter. »Ich höre zu, Annielein. Ich höre zu.«
    Sie griff nach einer Banane in der Schüssel neben dem Spülbecken, störte dabei aber den alten Gnasher. Die Katze rutschte verärgert beiseite und setzte sich wieder. Harriet schälte die Banane und zuckte bei Annas fortwährendem Gehämmer zusammen. Sie hatte die vergangene Nacht durchgearbeitet, und es war einer dieser speziellen Morgende. Es machte ihr nichts aus, daß Liese für ihre Tochter sprach – nein, um ehrlich zu sein, sie haßte es, wenn Liese für ihre Tochter sprach, sie haßte es, daß Liese das Kind den ganzen Tag über erzog, fünf Tage die Woche, und alles von ihr wußte. Aber so war es halt eben. Einen Hausmann hätte sie ebenso gehaßt. Babies waren dafür da, daß

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