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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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schlechten Tagen war er ein übellauniger Workaholic, er hörte stets zu.
    »Um ehrlich zu sein, Harriet, wenn wir nach Gründen suchen, vielleicht den Tod in Kauf zu nehmen, bringt mich so etwas Abstraktes wie die Freiheit der Wissenschaft auf die Palme. In diesem Fall jedoch reden wir nicht über etwas Abstraktes, wir reden über eine bestimmte Therapie, wir reden davon, daß sie überall durchgeführt werden kann. Das abstrakte Prinzip ist mir, verdammt noch mal, völlig schnuppe. Wir reden von einer Heilmethode für das Syndrom, um Christi willen!«
    Ich griff nach seiner Hand und zog ihn zu mir herab. »Wir werden dafür sorgen können, daß Annie nichts zustößt, oder?«
    Er war acht Jahre älter als ich. Wir waren beide erwachsene Menschen, aber manchmal gefiel es mir, in ihm den Papa zu sehen und in mir das Kind.
    Er enttäuschte mich nicht. »Nichts ist hundertprozentig«, sagte er. »Aber es wird eine schreckliche Anzahl an Milhauses benötigen. Zunächst müssen sie an mir vorbei. Das verspreche ich dir.«
    Ich versuchte, vernünftig zu sein. »Wir müssen ihr sagen, was wir vorhaben. Schließlich riskieren wir ihren Hals. Sie ist alt genug, um selbst zu bestimmen.«
    »Was bestimmen? Sie liebt dich, altes Haus. Sie weiß, wie wichtig deine Arbeit ist.« Er küßte mich flüchtig. »Sie wird die erste auf den Barrikaden sein. Mit mir gleich hinter ihr.«

    Ich schaffte es, früh im Institut zu sein. Mark und ich waren um sechs Uhr aufgewacht, und es war kein Morgen, um im Bett zu bleiben. Er hatte sich entschlossen, sich an diesem Tag freizunehmen. Er arbeitete über die hohe UV-Strahlung auf den Feldern mit geringer Niederschlagsmenge südlich der Stadt, und die konnten warten. Gestern war er lange dort draußen festgehalten worden, hatte Ärzte an örtlichen Krankenhäusern interviewt, und gegenwärtig war er sowieso steckengeblieben, da er auf Informationen eines Symposions wartete, das über das Wochenende in Bristol, England, abgehalten wurde. Statt dessen würde er den Morgen damit verbringen, nach Zeitschriften zu forschen, in denen ich den Artikel veröffentlichen könnte. Ich mußte mich jetzt nur auf den Hosenboden setzen und ihn schreiben.
    Wir waren ungeduldig. Meine Einladung nach Paris war noch zu lange hin. Und wenn es soweit wäre, würde man mir die Teilnahme vielleicht untersagen.
    Ich floh aus dem Haus, ehe Anna erwachte. Ihr die Wahrheit zu sagen, sollte nicht übereilt geschehen. Mark und ich würden es am Abend angehen.
    Für Oktober war es ein ungewöhnlich strahlender und kalter Morgen. Ich nahm die städtische Ringlinie und war um sieben Uhr dreißig im Institut. Die vierzehn Stockwerke des Gebäudes – nur zwei davon gehörten mir – flimmerten im Licht der tiefstehenden Sonne, aber der Rasen am Eingang war bereits winterlich braun. Er hatte jenes abgeschabte, kahle Aussehen, angesichts dessen man glaubte, daß kein Frühling ihn je wieder kurieren könnte. Ich trat durch den Seiteneingang ein und stampfte mit den Füßen. Der Vordereingang zu unserem Teil des Gebäudes war Patienten und Spendern vorbehalten, den Leuten, die den größten Teil unserer Gehälter bezahlten. Karen – Dr. Karen Bakst – leitete dort eine kleine gynäkologische Abteilung, und wir sammelten Ova von Spenderinnen für fast jedes Forschungsprojekt im Land. Mit einem Minimum an Betäubungsmitteln erhielten wir in jenen Tagen etwa sechzig Ova von jedem Eierstock.
    Ich traf als erste im Forschungsbereich ein und ging gleich in mein Büro. Es war ein angenehmer, blau-grün gehaltener Raum, der ausreichend groß für Team-Besprechungen war und dessen Fenster auf den zentralen Innenhof des Gebäudes hinausgingen, einen Zen-Garten mit geharkten Kieselsteinen und runden, vom Wind geglätteten Felsbrocken. Bei meinem Eintreffen war die Tür richtig verschlossen, mein Terminal war kalt, kein Safe stand offen und keine durchwühlten Akten lagen verstreut auf dem Fußboden.
    Ich ließ den Antrag auf Veröffentlichung ausdrucken, den ich der Ministerin hatte zukommen lassen. Er wäre der Ausgangspunkt für ein Resümee meiner Arbeit der letzten fünf Jahre, die mit jenem betrunkenen alten Quacksalber – Doktor war er niemals gewesen – in seinem zerfallenden, von Schaben heimgesuchten Haus in Erzurum angefangen hatte, oben in den Bergen nahe der türkisch-iranischen Grenze. Eine Stadt aus Lehm, wie ich mich entsann: Dächer, zugestopft mit Lehm über Lehmziegelwänden, Lehm-Bürgersteige entlang von

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