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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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antwortete jemand auf
dem Polizeirevier.
     
    »Was werden wir tun, Mark?«
    »Tun? Nicht nachgeben. Du wirst veröffentlichen. Wir
werden uns etwas einfallen lassen. Das werden wir tun.«
    Standhaft. Tröstend. Er hatte mich zu Bett gebracht und
saß neben mir, standhaft und tröstend.
    »Aber ist’s die Sache wert? Wenn es dieser Frau namens
Milhaus ernst war mit der Gefahr, in der Annie schwebt,
dann…«
    »Natürlich war es ihr ernst. Um Gottes willen, Harriet,
sie hat Annies Katze nicht zum Spaß abgeschlachtet.«
    Standhaft, ja. Tröstend, nein. Ich war jetzt eine erwachsene
Dame.
    Die Polizei war gekommen und wieder gegangen, ein
Distrikt-Inspektor, weil ich die war, die ich war, und sein
weiblicher Untergebener. Sie nahmen die Einzelheiten auf und, weil
ich die war, die ich war, nahmen sie mich anscheinend auch ernst.
Aber Hannes hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Das
Töten der Katze war zugegebenermaßen bizarr, aber es war
daraus kein großer Schaden erwachsen, der Einbruch war
alltäglich, nichts war gestohlen worden, und Distrikt-Inspektor
Voisin und seine Untergebene hatten bessere Dinge mit ihrer Zeit zu
tun. Sie bemerkten mein bedrücktes Aussehen, untersuchten die
beschädigte Tür und die Fichtennadeln auf dem
Fußboden und gingen davon. Inspektor Voisin versprach weitere
Untersuchungen, zeigte jedoch mangelnde Überzeugung, die, wie
ich wußte, bestärkt werden würde, sollte der Vorfall
Oswald Marton oder seiner Ministerin zu Ohren kommen.
    Anna war ebenfalls gekommen und wieder gegangen,
gnädigerweise nach der Polizei, so daß wir den Leichnam
des armen Katers aufheben und anständig in sein Körbchen
legen konnten. Ohne ihn wirkten die jetzt mattbraunen Blutflecke auf
dem Teppich wesentlich weniger unmäßig und schockierend,
und Anna gönnte ihnen von der Tür her kaum einen Blick. Es
hatte Tränen über dem Körbchen gegeben, und Wut, aber
ihre Sorge um mich überwog alles andere. Sie stellte sicher,
daß ich zu Bett ging, und ich sorgte mich nicht um sie und nahm
die Tabletten, die Dr. Hannes für mich dagelassen hatte.
    Bald danach war Yvette von ihrem Essen zurückgekehrt, und die
beiden saßen jetzt unten in der Küche und sprachen leise
und ein wenig ängstlich miteinander. Mark hatte die
beschädigte Tür festgekeilt, aber sie fühlten sich
noch immer verwundbar.
    Ich legte mich auf den Haufen Kissen zurück, die Annie mir
gegeben hatte. Ich war bereits benommen von den Tabletten. »Ist
eine Publikation das Risiko wert, Mark? Freiheit der Wissenschaften
und das ganze – ist’s das Risiko wert?«
    Ich wollte, daß er ›ja‹ sagte. Die Konsequenzen
entsetzten mich, aber ich wollte, daß er ›ja‹ sagte
und erklärte, wie einfach es für mich sei, meinen Artikel
ohne Gefahr für Annie zu veröffentlichen.
    Er tat es nicht.
    »Wirklich interessant ist«, sagte er, »weswegen die
Ministerin darauf vorbereitet war, so weit zu gehen. Hier geht es
doch gewiß nicht bloß ums Prinzip, eine snobistische
Wissenschaftlerin in ihre Schranken zu weisen?«
    Ich blickte ihn von der Seite her an, sah sein kräftiges
Haar, wie das Haar eines Braunbärs, sah den Bart sowie die Art,
wie er wachsam und wie auf dem Sprung auf meinem Bett saß. Bei
seinem Anblick spürte ich Erschöpfung. Er hatte nicht
›ja‹ gesagt und erklärt, wie einfach es sei, und jetzt
war das Leben zu kompliziert. Es war ein langer Tag gewesen, und ich
war ausgebrannt.
    Ich fragte: »Spielt es eine Rolle? Marton hat gesagt, die
Ministerin wolle mich vor mir selbst schützen. Könnte das
nicht die Wahrheit sein?«
    »Das glaube ich erst, wenn die Sahara gefriert. Vielleicht
gibt es einen politischen Grund…« Seine journalistische
Neugier war geweckt. Er runzelte nachdenklich die Stirn, und das
Licht der Bettlampe beschattete seine Augen. »Was ist mit der
Wahl nächstes Jahr? Vielleicht möchte die Ministerin dann
gut dastehen, also soll deine Ankündigung näher an diesem
Datum liegen.«
    »Du hast gewiß recht.« Ich gähnte. »Gib
deine Stimme der Regierung, die dir Dr. Kahn-Ryder geschenkt
hat.«
    »Ich mein das ernst, altes Haus. Du wirst die große
Neuigkeit sein.«
    »Niemals was Größeres…« Ich schloß
die Augen und drehte mich auf meinem Kissen um. »Eine Behandlung
für MERS. Wir Frauen wieder an unserem alten Platz, ehe wir
wirklich da herausgekommen sind. Das Patriarchat lebt wieder
auf.«
    Aber Marks Gedanken waren weitergewandert – »… es
sei denn, natürlich, sie wollen es für sich

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